INTERROBANG‽, 27.11.2018, Gaby’s Gruft, Stuttgart

INTERROBANG‽, 27.11.2018, Gaby‘s Gruft, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Das Interrobang, das Fragerufzeichen, der Exot unter den typografischen Satzzeichen: in Deutschland kaum bekannt und nur selten verwendet. Als Name für die Punkrock-Band Interrobang‽ allerdings perfekt gewählt. Denn die mit Nachdruck gestellte Frage ist das Markenzeichen der Band um Dunstan Bruce.

Dunstan Bruce? Klingelt da was? Na klar, in den 1990ern war er mit Chumbawamba ein großes Ding. Pop-Punk mit Agitprop-Attitüde. Keine Studentenfete ohne den Mitgröl-Hit Tubthumbing. 2012 hat er mit seinem Bandkollegen Harry Hamer Interrobang‽ gegründet und dabei sowohl liebliche Frauenstimmen als auch das Genre Pop über Bord geworfen. Und so präsentiert sich jetzt eine auf den herausgeschrieenen Sprechgesang reduzierte Männerriege. (Im Live-Setup durch eine Keyboarderin ergänzt, die allerdings keinen Gesang, dafür einen knarzenden Bass-Synthie beisteuert)

INTERROBANG‽, 27.11.2018, Gaby‘s Gruft, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Optisch setzt die in graue Anzüge und weiße Hemden gewandete Band jedenfalls einen bemerkenswerten Kontrast zum eher verschrobenen Charme von Gaby’s Gruft. Eine gewisse Ähnlichkeit zu den Mod-Rockern The Jam ist nicht zu übersehen. Wichtiges Accessoire ist das Megaphon, das auch gleich mit dem ersten Titel „Taciturn“ zum Einsatz kommt und im Band-Erscheinungsbild quasi die Visualisierung ihrer Fragerufe darstellt. Aus der Tiefe des Raumes kommend bahnt sich Bruce den Weg durch die etwa 30 Zuschauer und entert die Bühne.

INTERROBANG‽, 27.11.2018, Gaby‘s Gruft, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

I am so taciturn, I’d nod to answer a question on the radio
(„Taciturn“)

So wortkarg sei er, dass er eine Frage im Radion mit einem Nicken beantworten würde. Ironischerweise beginnt mit diesem Statement ein Gig, der mehr als wortgewaltig sein wird. Über den ruppigen Mod-Punk sprechsingt Bruce seine Tiraden und thematisiert auffällig häufig Themen eines Mittfünfzigers. Das übrigens in einer lyrischen Qualität und Intensität, die an Art Brut oder die Sleaford Mods denken lässt.

I’ve been private browsing middle-aged concerns
And I’ve been googling the 50-something blues
(„Asking for as friend“)

INTERROBANG‽, 27.11.2018, Gaby‘s Gruft, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Als mürrischer Griesgram, gefangen in seinem Groll, geriert sich Bruce. („Curmurdgeon“). Und der Zorn ist seine vorherrschende Gemütslage. („Mad as hell“). Zwischen den Zeilen findet sich aber immer eine gute Portion englischen Humors, die dieses ganze Rumgemaule bestens kontrastiert. Zumal das Ganze mit einer enormen Intensität vorgetragen wird. Die exquisiten Riffs und die in die gleiche Kerbe hauenden Backing Vocals von Harry Hamer verstärken dies, genau so wie das treibende Trommelspiel des neuen Drummers.

If it’s a question of curiosity what’s gonna happen when I hit sixty?
Will I still be angry? Will I still by hungry?

In gut zwei Jahren wird dies für Bruce soweit sein. Und die Antwort, die man gerne unterschreiben mag, manifestiert Bruce gleich auf einem Plakat:

Unrest is progress
Contentment death!

INTERROBANG‽, 27.11.2018, Gaby‘s Gruft, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Höhepunkt des Sets ist die Erklärung seiner Hass-Liebe zu seinem Geburtsort „Billingham“, ein Song, der sich live zu einem gut 6-minütigen Monster auswächst. Ein rundum fulminanter Gig, bei dem die Verständlichkeit der so wichtigen Texte zwar etwas unter der Übungsraumakustik der Gruft leidet, der aber dennoch kaum einen besseren Rahmen hätte finden können. Mit einer Band, die den beeindruckenden Beweis liefert, dass Musiker mit zunehmender Reife immer besser werden können. Kurzum: Mal wieder ein Spitzen-Booking aus dem Hause Schübel. Besten Dank!

INTERROBANG‽, 27.11.2018, Gaby‘s Gruft, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

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