HAWELKA, 19.10.2018, Goldmark’s, Stuttgart

HAWELKA, 19.10.2018, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

„Liebe und Hass“. Bei seinem neuen Album hat das Stuttgarter Trio Hawelka wirklich alles aufgefahren, was Rang und Namen hat: Das Cover vom berühmten Pop-Art-Künstler Jim Avignon, die Fotos vom Rock-Fotografen Duncan Smith und der Sound vom Godfather der Stuttgarter Noise-Schule Ralv Milberg. Letzterer hat zwar auch schon das Vorgängeralbum produziert, aber was vom aktuellen Tonträger schallt, trägt dann doch wesentlich stärker seine Handschrift. Schon die erste Auskopplung „Der Taucher“ hat mich aufmerken lassen. Hoppla, ist das noch die gleiche Band, deren eigentümlichen Stilmix man bisher eher ungelenk als „Rumpelpolka mit Doors-Orgel“ bezeichnet hat? Die Release-Party erwarte ich jedenfalls mit deutlich größerer Spannung als die letzte anno 2016.

HAWELKA, 19.10.2018, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Wieder hat die Band das Goldmark’s gebucht und wieder füllt sich der Laden sehr gut. Kein Wunder, im zwölften Jahr der Bandgeschichte und bei ihrem extremen Vernetzungsgrad ist halt doch eine ordentliche Fanbase gewachsen. Und die Marschrichtung für heute Abend ist klar: zuerst wird das komplette neue Album in originaler Titelfolge gespielt, danach folgen Hits aus dem Backkatalog. Was dann aber mit dem Opener „Bleib liegen und lausche“ und „Der Taucher“ rausgehauen wird, übertrifft meine hoch gesteckten Erwartungen bei weitem. Petr Novaks Gitarre peitscht mit noch nie gehörter Intensität durch den Raum, Christian Seyfferts Schlagzeug ist doppelt bis dreifach so intensiv, wie wir es bisher kannten. Und auch Jan Georg Plavecs Keyboard-Sounds sind treibender als je zuvor. Keine Frage: das ist Noiserock (mit Synthie-Bass). Keine Spur mehr von Rumpelpolka.

HAWELKA, 19.10.2018, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Und auch die Art der Darbietung hat sich mächtig gewandelt. Kaum noch Zwischenansagen, keine verschusselten Einsätze, vergessene Texte oder abgebrochene Songs mehr. Durch die dichte Taktung wird der Spannungsbogen permanent hoch gehalten. Das ist ein richtig tolles Rockkonzert. Gut, dass Petr Novaks harter Akzent und seine markante Gesangsführung geblieben sind; sie sind das Bindeglied zur alten Band Hawelka und das, was Marketingmenschen als „Alleinstellungsmerkmal“ bezeichnen. Der Blick in die Zuschauerrunde zeigt es deutlich: fettes Grinsen, ungläubiges Staunen. Der Hawelka-Coup ist gelungen. Ein Glücksfall ist auch die Verpflichtung des Hausmischers, der einen sehr fetten Sound zaubert. Selten hat Hawelkas Live-Sound (insbesondere das Schlagzeug) prägnanter geklungen. Und noch etwas hat sich Hawelka geleistet (und damit Profi-Anspruch konstatiert): eine gut ausgeleuchtete Bühne und eine Lightshow! Eine echtes Novum im Goldmark’s.

HAWELKA, 19.10.2018, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Nachdem der letzte der neun Titel von „Liebe oder Hass“ verklungen ist, verlassen die drei kurz die Bühne um mit den Tiermasken des Videos „Marktplatz“ zurückzukommen. Damit beginnt der zweite Teil des Abends. Und nach ein paar Titeln ist es deutlich zu spüren: die Spannung fällt ab, das Publikum fängt an zu schwätzen. Dabei sind Titel wie der epische „Todesritt“ immer noch großes Kino. Dennoch habe ich das Gefühl, dass die Band den anfangs aufgebauten Druck nun nicht mehr aufrecht erhalten kann. Mit den Kloppern „Mexico“ und „Cocaine“ endet der Gig dennoch in bester Stimmung. Aber nicht auszumalen, wie dieser Abend geendet hätte, wenn man die Setlist in umgekehrter Reihenfolge gespielt hätte.

HAWELKA, 19.10.2018, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Wenn man jetzt in der Musikgeschichte rumkramen würde, ließe sich sicher die ein oder andere Band finden, die mit ihrem vierten (Studio-) Album ihren Stil gefunden hat und auf dem Höhepunkt ihres Schaffens angekommen ist. Bei Hawelka bin ich mir sicher: „Liebe oder Hass“ wird als das Schlüsselwerk in die Band-Annalen eingehen. Und der allgegenwärtige Band-Claim „Zuversicht und Kippen“ wird an diesem Konzertabend auch gleich gekippt: „Zuversicht und Rauchverbot“. Schließlich sind Schwangere anwesend.

HAWELKA, 19.10.2018, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Armin Kübler

Setlist

Bleib liegen und lausche
Der Taucher
Astronaut
Tanz Mädchen Tanz
Liebe oder Hass
Keller
Es endet wie es anfing
Fenster zum Hof
Stadt aus Licht

Marktplatz
Mach die Tür auf
Todesritt
Kanufahrt
Mexico
Cocaine

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.