MELODY LA LA, PIPAPO, 26.07.2018, Gaby’s Gruft, Stuttgart

MELODY LA LA, PIPAPO, 26.07.2018, Gaby's Gruft, Stuttgart

Foto: Özlem Yavuz

Eigentlich wollten wir ja nur zum Spaß auf’s Konzert. Dabei sein, wenn Melody La La einen ihrer seltenen Auftritte hat, der Hitze trotzen in Gaby’s Gruft, die wir erst kürzlich bei den Ghost Wolves als wunderbar schräge Konzert-Location kennengelernt hatten. Der befürchtete Mega-Andrang bleibt allerdings aus. Kein Wunder angesichts des tropischen Wetters. Und auch, weil die Veranstalterin ebenso konsequent wie bedauernd auf den Jugendschutz achtet und somit eine beachtliche Anzahl jugendlicher Melody-La-La-Fans nach Hause schickt. Trotzdem ist der winzige Kellerclub letztlich wieder gestopft voll. Und es ist auch (noch) nicht ganz so heiß wie beim letzten Mal. Inzwischen hat man nämlich die Lüftung entdeckt, die zumindest vor und nach dem Konzert sowie in der Pause etwas „frischere“ Luft von draußen hereinfächelt.

MELODY LA LA, PIPAPO, 26.07.2018, Gaby's Gruft, Stuttgart

Foto: Özlem Yavuz

Anfängliche Zweifel, ob der fluffige Indiepop überhaupt zum finsteren Ambiente des Rockclubs passe, sind schnell überwunden. Erstens kommen Melody La La – insbesondere mit ihren neuen Songs – weit rockiger rüber als erwartet. Zweitens ist die Anlage knacklaut und kurz vor der Grenze zur Übersteuerung ausgepegelt. Die hitzige Atmosphäre und zum Schneiden dicke Luft tun ihr übriges, Band und Publikum ergeben sich ihrem Schickal, lassen den Schweiß laufen und keiner würde sich wundern, wenn gleich der Saunameister mit Holzbottich und Handtuchgewedel allen den Rest geben würde. (Etwa hier ist der Punkt gekommen, wo sich der Autor und die Fotografin kurz zunicken und aus dem geplanten Spaßabend spontan ein „Arbeitsbesuch“ wird. Das ist einfach zu intensiv und erzählenswert, als dass man es unserer Leserschaft vorenthalten sollte. Die neue Kompaktknipse ist „zufällig“ dabei und scheint auch unter tropischen Extrembedingungen zu funktionieren)

Der Gig von Melody La La wird jedenfalls wunderbar kompakt und intensiv präsentiert, nur einmal gerät die Band etwas aus der Bahn und man ist sich nicht sicher, ob alle gerade den selben Song spielen. Wir bleiben dabei: eine der unterbewertesten Bands Stuttgarts. Warum die immer noch nicht zum Beispiel für das Klinke-Festival gebucht wurden, bleibt mir ein Rätsel.

MELODY LA LA, PIPAPO, 26.07.2018, Gaby's Gruft, Stuttgart

Foto: Özlem Yavuz

Als wir nach ca. 50 Minuten komplett durchnässt heraus in die erfrischende Nachtluft taumeln, ist eigentlich der Abend gelaufen. Die Vorstellung, nochmal in den Brutkasten zu müssen, ist absolut nicht verlockend. Andererseits steht mit Pipapo nicht nur eine Kombo auf dem Programm, die heute Abend den Wettbewerb um den albernsten Band-Namen knapp gewonnen hat, sie ist auch extra aus Leipzig angereist. Da gebietet es schon die Gastfreundschaft, sie nicht alleine in der Gruft musizieren zu lassen.

MELODY LA LA, PIPAPO, 26.07.2018, Gaby's Gruft, Stuttgart

Foto: Özlem Yavuz

Und das entpuppt sich als guter Entschluss. Das Trio in klassischer Rockbesetzung Gitarre, Drums und Bass überrascht nämlich mit herrlich verfrickeltem instrumentalen Math Rock, der nicht nur mächtig rumst, sondern auch voller Überraschungen, nerdiger Spielereien und vor allem großer Musikalität steckt. Der Bassist trägt dazu eine überdimensioniert Dachs(?)-Maske, aus einen Karton werden (mangels freier Wände) skurrile Visuals an die Decke projiziert. Songstrukturen? Definierter Anfang oder Ende? Alles nicht zu erkennen. Dafür aber ein Gitarrist, der teilweise mit beiden Füßen gleichzeitig auf den Effektgeräten steht und ein Drummer, der arbeitet wie ein Beserker, wobei teilweise sogar eine Doublebass-Fußmaschine zum Einsatz kommt. (Dass er sich dabei im Laufe des Gigs von seinem braven Oberschüler-Look zu einem halbnackten Drummer-Monster verwandelt, illustriert auch optisch sehr schön den Verlauf des Abends)

MELODY LA LA, PIPAPO, 26.07.2018, Gaby's Gruft, Stuttgart

Foto: Özlem Yavuz

Das ist Progrock oder Krautrock (oder sogar Jazz) auf Speed. Als dann noch ein Besucher aus der Entourage der Band Gabys (schauerlich verstimmtes) Piano zum Einsatz bringt und mit der Band eine Improvisation aus melodiösen Klavierläufen und zurückhaltenden Gitarrenakzenten präsentiert, gibt es keinen Zweifel mehr: Eine echte Entdeckung diese drei sympathischen Musik-Nerds aus Sachsen. Respekt an Daniela Schübel für dieses mutige Booking, das mehr als belohnt wurde!

Melody La La

Pipapo

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