MARK OLSON & INGUNN RINGVOLD, 03.03.2018, Laboratorium, Stuttgart
Mal liest man, Mark Olson habe mit seiner Band The Jayhawks Americana erfunden, eine andere Gazette feiert ihn als Wegbereiter oder gar Schöpfer des Alt-Country – was ich Townes Van Zandt in die Schuhe schiebe. Tatsächlich ist es mir gleich, ich liebe Mark Olsons Musik, egal ob er mit den Jayhawks, den Creekdippers oder wie jetzt als Duo mit seiner Frau Ingunn Ringvold, Singer-Songwriterin aus Norwegen, musiziert und singt. Er verzichtet hier auf weitere Band-Mitglieder, was ich sehr klug finde. Möglicherweise liefe er sonst Gefahr, dass die Combo wie eine Fortsetzung der Creekdippers mit neuer Frau – seine Ex-Frau Victoria Williams war nämlich Teil der Band – klänge.
Vor ungefähr 15 Jahren hab ich ihn schon einmal im Laboratorium gehört – mit eben diesen Creekdippers. Victoria Williams war damals einfach zauberhaft und hat mich in ihren Bann gezogen. Ihre Stimmen haben toll harmoniert und sie haben sich beim Singen immer so angestrahlt. Die Magie zwischen ihnen hat den Raum erfüllt. Dieses Konzert ist mir in Erinnerung wie kein zweites, es hat mich entzückt und entrückt. Und nun stehe ich also mit einer riesengroßen Erwartungshaltung im Laboratorium.
Heute ist Marc Olson also mit Ingunn Ringvold hier und auch mit ihr reist er musizierend um die Welt. Klingt nach einem erfüllten Leben . Auch ihre beiden Stimmen passen wunderbar zusammen, obwohl beide auf ihre Art sehr markant sind.
Mark Olson spielt meist Gitarre – zwischendurch auch mal eine Linkshänder-Gitarre rechtsrum und eine Art Lap Steel. Einige Male greift er zur Djembe, wenn Ingunn Ringvold Kanun oder Keyboard spielt. Eines ihrer Instrumente haben die beiden erst heute in Stuttgart gekauft. Es ist eine Art Metallrohr, das mit einem Schlägel gespielt wird und wundersame Klänge aus dem Weltall erzeugt.
Das Konzert wird mit Seminole Valley Tea Sipper Society vom aktuellen Album Spokeswoman of the bright Sun eingeläutet. Wir werden heute jedoch nicht nur die Songs daraus hören. Schon der zweite Song ist der Jayhawks-Klassiker Blue – auch mit kleiner Besetzung interpretiert einfach großartig. Danke für diese Version. Ich denke so bei mir, dass es nicht viel gibt, das so schön klingt, wie wenn eine Frau und ein Mann zusammen singen. Und dass es schön ist, wenn ein liebendes Paar Musik als gemeinsame Sprache hat. Immer wieder schließe ich die Augen, der Gesang geht mir dermaßen unter die Haut, dass es brennt. In meinem Kopf entstehen drei Stimmen. Ich wünschte, das Laboratorium würde endlich mal Tische und Stühle verbannen, ich möchte näher ran, aber nicht sitzen.
Zwischen den Songs unterhält uns Mark Olson immer mal mit kleinen Geschichten von seinem Lieblings-Urlaubsziel Armenien, seinem Leben in der Wüste – und er nimmt sich selbst für seine kleinen und großen Neurosen verschmitzt aufs Korn. Die Geschichten verarbeitet er – Überraschung – zu Liedern. Dabei hat ihn seine Mutter gebeten, keine Lieder mehr über sein Leben zu schreiben. Die Texte sind allesamt freundlich, Mark Olson ist keiner der flucht und verurteilt – zumindest nicht öffentlich. Er denkt höchstens mal laut nach.
In der Pause erzählt uns einer der Gäste, dass Mark Olson gestern in seinem Haus gespielt hat. Bereits zum 2. Mal. Ich verlange – unverschämterweise –, dass wir das nächste Mal eingeladen werden und dass er dann einfädeln soll, dass ich mit Mark Olson Still we have a Friend singen darf. Leider bindet er es dem grade vorbeikommenden Sänger gleich auf die Nase und die Situation ist für uns beide etwas ausweglos. Vor allem weil es so klingt, als ob das für Mark Olson ein Geschenk wäre anstatt für mich. Ups. Aber zum Glück geht Olson dann einfach weiter. Und ich bleibe mit rotem Kopf zurück. Mit unserem neuen Freund tauschen wir Kontaktdaten und wer weiß, vielleicht singe ich in ein paar Jahren ein Lied mit Mark Olson.
Nach der Pause bezaubern uns Mark und Ingunn noch eine weitere kurzweilige Stunde mit ihren Geschichten und Harmonien. Die Zeilen aus Clifton Bridge von Olsons 2007er Solo-Album The Salvation Blues berühren mich immer, aber heute irgendwie besonders:
„Some people come here to die
We came here to live
There’s a hope in our hearts
There’s a future in our souls“