SCOOTER, 24.02.2018, Porsche-Arena, Stuttgart
Die einzelnen Schläge des Basses waren unerbittlich. Jedes Döp saß perfekt und zermürbte mich ein kleines Stückchen mehr. Am Ende konnte ich nicht mehr. Auch keine Plastikbecher-Halbe und kein 15 Jahre alter Chart-Döp-Hit konnten mich mehr in der Halle halten. Scooter hatten mich an jenem Samstag im Februar in der zehnten Runde ausgeknockt. Ab Montag sollte ich für 2½ Wochen das Bett hüten – Grippe.
Das Scooter-Fieber hatte einen beachtlichen Teil meines Freundeskreises gepackt. Interessant ist, dass der eine Teil sonst auf anderen Konzerten zu finden ist: Bei Wohnzimmer-Konzerten, im Merlin, Komma oder in der Manufaktur. Aber einmal Scooter, und das auch noch zum 25jährigen Jubiläum. Da wurden daheim die Maxi-Singles abgestaubt und die Extended-Version von „Hyper Hyper“, „Friends“ oder „How Much Is The Fish“ durch die heimischen Boxen gejagt – wenigstens, wenn man so uncool ist und noch einen CD-Spieler besitzt.
Der andere Freundeskreis, der sich an diesem Samstag in der Porsche-Arena einfand, rekrutierte sich aus dem Fußball-Umfeld. und da war es natürlich eine glückliche Fügung des Bundesliga-Spielplans, dass am selben Tag, wenige Stunden zuvor, das Heimspiel gegen die Frankfurter Eintracht anstand. Ein Heimspiel gegen einen der wenigen verbliebenen Clubs, mit denen man als Mitte/Ende-Dreißigjähriger noch die guten alten 90er-Jahre der Bundesliga verbindet, in denen wir anfingen zu Auswärtsspielen zu fahren und ein Auftritt der Combo, die wie kaum eine andere in Deutschland den Party-Sound unserer aufkeimenden Adoleszenz prägte.
Doch vor dem ersten Döp wurde noch ein Support-Act auf die Bühne gestellt. Spätestens als die Halle zu einem seiner Tracks mit dem ersten fulminanten Döp döp döp dödödöp döp döp reagierte, war das Urteil gefällt, und das zu Recht: Ansagen der Marke VHS-Kurs führten zur Erheiterung, aber kaum zur gedachten brodelnden Stimmung bei. Das haben die drei Männer von Scooter aber auch nicht nötig, stellt man mit den ersten Takten schließlich fest. Viel Bier, viel Leucht- und Blink-Zeugs und große Vorfreude auf gemeinschaftliches Refrain-Grölen kulminieren in einer ungeheuren Euphorie, welche die Halle die ersten 20 Minuten ergreift. Da werden die ersten Hits abgefeuert: „Harder. Faster. Scooter“ und vor allem das im Refrain (wie eigentlich immer nur im Refrain) wirklich gut funktionierende „One (Always Hardcore)“.
Wir drängen uns nach vorne, Mini-Moshpits entstehen, aber da hatte ich mir mehr erwartet. Und nach 30 bis 40 Minuten war die Sache für mich gelaufen, die Luft war raus. Das lag sicherlich auch an der aufkommenden Grippe, keine Frage. Es lag aber auch daran, dass Scooter 1½ Stunden eben doch nicht nur mit Hits wie „Maria (I Like It Loud)“ oder „How Much Is The Fish“ füllen können, die eingängige und Melodien haben und seit 20 Jahren zuverlässig und nachvollziehbar als Hits funktionieren. Der Rest ist zwar nach demselben Muster aufgebaut, funktioniert aber eben nicht so gut – warum auch immer. Da helfen mir dann auch keine Pyro-Gitarren oder abwechselnde (!) männliche und weibliche Tanz-Formationen (die scheinbar beliebig auf die Bühne kommen). Vielleicht ist es ein Zuviel des Döps, ein Zuviel an Gesten. H.P. Baxxter versucht das zwar mit einem Zuwenig an Ansagen und Pseudo-Klatsch-Anweisungen auszugleichen, aber trotzdem hat man das Konzept nach einigen Songs durchschaut. Und dann zündet halt nur noch Döp döp döp dödödöp döp döp. Aber das dann richtig.