WATAIN, 10.01.2018, Lido, Berlin
Fire at Will!
Arsonists of Lucifer!
Beinahe 8 Jahre sind vergangen, seit ich das erste Mal für den Gig-Blog vor der Bühne stand und mein erstes Konzert fotografiert habe. Vieles fühlt sich gleich an, an diesem Abend in Berlin und weckt pechschwarze, drückende Erinnerungen. Die Enge, die Hitze, der Gestank, der Fanatismus und der Wahnsinn in den Augen der Menschen in der ersten Reihe. Heute wird dem Teufel Tribut gezollt und Watain werfen dafür den Ofen an.
5 Konzerte sollen es sein, um das mittlerweile sechste Album Trident.Wolf.Eclipse.in Europa von der Leine zu lassen. Schon beim ersten Hörduchlauf war klar, dass Experimente wie beim Vorgänger The Wild Hunt keinen Platz haben auf dem knapp 40 minütigen Ausbruch von Wut, Chaos und rohem Black Metal. Das Lido ist restlos ausverkauft, die Luft besteht zum Großteil aus Marihuana und aus den Lautsprechern dröhnt Dissection. Ein optimales Ambiente für eine schmutzige Rock-Show. Das Licht erlischt und die Feuer Watains entflammen. Die Bühne sieht aus wie eine Mischung aus Mad Max und den Schmieden Isengarts. Rostiger,scharfkantiger Stahl, ranzige Schädel und Dreizacken in allen möglichen Ausführungen.
Frontmann Erik Danielsson führt die Horde mit einer enormen, tropfenden Fackel auf die Bühne und entzündet weitere Feuer. Man hält einen Moment inne. Die Ruhe, bevor sich die Tore der Hölle auftun. Und dann bricht ein knapp 90 minütiger Sturm auf uns herein. Legions of the Back Light macht den Anfang und wieder einmal zeigt sich, dass Erik sicherlich einer der giftigsten Fronter der gegenwärtigen Black Metal Szene ist. Hasserfüllt keift er ins Mikro, seine Bandkollegen an oder wie in Raserei vor sich selbst hin. Man ballert sich quer durch die Discographie, bevorzugt die Nummern mit dauerdurchgedrücktem Gaspedal. Heute Abend wird nicht lange gefackelt, auch die eher atmosphärischen, längeren Werke finden keinen Weg in die Setlist. Man haut immer weiter drauf.
Dance! Dance! In twisted white eyed trance! Let us praise the flowering Darkness!
Mit fortschreitender Intensität geht auch die Bühne mehr und mehr in Flammen auf. Es scheint an allen Ecken und Enden zu brennen und die Hitze reißt so manchen Fan in selbstverletzende Trance. Wieder so eine aufkeimende Erinnerung. Es ist der selbe Typ im Publikum, der sich auch schon beim letzten Mal den Schädel selbst blutig geschlagen hat während heute auf der Bühne der neue Song Nuclear Alchemy die Wände wackeln lässt. Es ist wirklich alles im Hexenkessel, was so eine rotzige Teufelei braucht. Waren es 2010 noch die verfaulenden Ziegenköpfe, deren Duft in Symbiose mit ranzigem Schweineblut die Sinne vernebelte, werden heute die knochigen Überreste einfach selbst in Brand gesetzt und ein beißender, stechender Geruch breitet sich vor der Bühne aus.
The Devils Blood. The Curse of Salvation. The odious essence of His holy revelation!
Setzten Mayhem im vergangenen Jahr eher auf kalte, blaue, akzentuierte Lichter, gepaart mit den düsteren Klängen von De Mysteriis Dom Sathanas, um den Frost Norwegens das Publikum spüren zu lassen, besteht heute Abend die Hauptlichtquelle in großen Teilen aus Feuer. Dennoch merkt man, dass Watain langsam aber stetig versuchen, das Okkulte weichen zu lassen. Zwischen den Songs finden keine rituellen Ansprachen mehr statt, man hört hier einen Getriebenen sprechen, der weiß, dass die Meute ihm an den Lippen hängt. Und dennoch, von all den Black Metal Bands die ich im Laufe der Jahre gesehen habe, sind Watain immer noch diejenigen, denen ich am ehesten abnehme, dass sie das, wovon sie singen und ihre Thesen verbreiten auch abseits der Bühne ausleben. Ein schmutziger, verschworener Haufen, der von der Freiheit des Seins träumt auf den Wegen des linken Pfades.
Mit The Serpent’s Chalice endet heute das reguläre Set und hinterlässt viel verbrannte, geschundene Erde. Das war wirklich die totale Breitseite, doch eine kleine Zugabe soll es noch geben. Watain wissen wo sie herkommen, wer für das, was sie heute sind, den Grundstein legte. Darum gibt es am Ende noch The Somberlain von Dissection, der für Staunen, Freude und Gänsehaut sorgt.
So muss Musik klingen, eine Show wirken und eine Attitüde an den Tag gelegt werden, wenn man den Teufel besingt.
Hail Satan!
On Towards the Sanctuary forever! Ours in Triumph and eternal Death!