DÄLEK, 06.11.2017, Komma, Esslingen
dälek aus New Jersey fehlen uns noch in der Abteilung „Avant-Noise“ (oder so ähnlich). Diese Lücke lässt sich heute endlich schließen. Sollte ich keine Show verpasst haben, waren sie zuletzt 2008 in Stuttgart im Schocken zu sehen. Nach einer längeren Pause (2011-2016) habe ich die Band dieses Jahr mit dem damals noch aktuellen Comeback-Album „Asphalt for Eden“ in Karlsruhe beim Dudefest gesehen. Hochkarätiges Lineup, einer der Höhepunkte auf jeden Fall dälek. Daher freue ich mich über den Luxus der zweiten Show im gleichen Jahr mit neuem Album „Endangered Philosophies“ im Gepäck.
Im Zusammenhang mit dälek fällt häufig der Name My Bloody Valentine, z.B. „die MBV des HipHop“, die Band selbst bezeichnet MBV auch als starken Einfluss. Bekommt man gerade live deutlich zu hören und zu spüren- ein Lärmteppich wird großflächig ausgebreitet, ganz ähnlich wie bei MBV.
HipHop-Konzerte habe ich zu den Hochzeiten des HipHop regelmäßig als derbe Enttäuschung erlebt. In Ludwigsburg waren z.B. Wu-Tang und Cypress Hill auf dem Zenit ihres Erfolges zu sehen – hätte man sich wirklich sparen können, worst shows ever, so ziemlich, für mich zumindest.
Bei dälek verhält es sich eher andersrum für mich. Die Alben begeistern mich nicht sämtlich, aber die Shows sind, um mal kurz in den Szenejargon zu verfallen – FETT. Das wäre schon mal anders als bei „normalen“ HipHop-Bands, es kommt noch mehr. dälek teilen sich die Bühne mit den Melvins, Isis, Tomahawk, veröffentlichen u.a. auf Profound Lore, Spezialisten für Extremen-Metal, haben mit den deutschen FAUST ein Album aufgenommen „Derbe Respect, Alder“, sie samplen keine Gitarren, sondern spielen den Lärm selber ein. Da ist es kaum verwunderlich, dass sie auch kaum das HipHop-Publikum anziehen, sondern eher ein Rock/Metal/Noise-Publikum, was sich auch heute wieder bestätigt. Hinzu kommt noch der Umlaut. Der zieht einfach die Metaller, Naturgesetz.
Das Komma ist für ein Wochentag-Konzert ganz ok besucht – man wünscht sich bei Bands diese Kalibers aber natürlich immer eine volle Bude. MC Dälek, der vom Äußeren das hiphopigste Element bei dälek darstellt, zieht sich die Kappe in die Stirn und los geht das, Alder.
Sein Style ist angepisst und düster, wie die gesamte Ästhetik von dälek. Produzent Ocotopus scratched digital, ein Dritter im Bunde bedient Geräte, die ich namentlich nicht kenne. Die komplette Show wird durchzogen vom Trademark der Band, der nie verschwindente Hintergrundlärm, zu häufig harten Beats – wirkt recht schnell, mindestens Kopfnicken bei den meisten Anwesenden.
Wir bekommen sowohl altes als auch ganz neues vom aktuellen „Endangered Philosphies“ zu hören, welches mir lang nicht so gut gefällt wie „Asphalt For Eden“. Kann ich uneingeschränkt empfehlen, das Album mit den meisten Gitarren würde ich sagen.
Geht offenbar der Band genauso, denn im Set überwiegen Stücke von „Asphalt“. Es kommt „Guaranteed Struggle“, „Control“ und DER Hit „Masked Laughter“ – ich bin schwer zufrieden mit der Auswahl. Das komplette Set wird vom klassischen Schriftzug „dälek“ auf der Leinwand begleitet, dieser wiederrum
unterlegt mit verschwommenen Filmchen. Nicht verschommen genug, und um manche Szenen zu Erkennen, z.B. das Zusammenschlagen von Rodney King.
Im HipHop, wo viele Künstler sich abwenden von politischen Themen, um sich mit Selbstdarstellung und Geld zu befassen, schlagen dälek auch einen anderen Weg ein, und sind politisch klar auf der Anti-Rassismus-Linie.
Man kann sie nur gut finden. Die Show in Karlsruhe hat mir besser gefallen, was an der größeren Bühne und Leinwand gelegen haben mag, vielleicht auch am Pegel. Beschweren will ich mich nicht. Mit einer Stunde habe ich gerechnet, die ist es auch geworden, ging schnell rum, was immer ein gutes Zeichen ist, Alder.
dälek