THE GHOST WOLVES, 18.05.2017, Kiste, Stuttgart
Jazz ist bei uns ja eher schwach vertreten. Deshalb berichten wir auch nicht allzu oft aus der Kiste, dem unverwüstlichen Traditionsschuppen an der Hauptstätter Straße. Wenn sich dort dann aber mal ein Rock-Konzert einschleicht, dann gehört es meist zum Allerfeinsten. Die Noise-Rocker Buzz Rodeo haben sich letztes Jahr schon alle Mühe gegeben, den Laden zu zerlegen, das Duo The Ghost Wolves aus Austin/Texas hat hier aber nochmal einen draufgesetzt.
Da sich im Vorfeld rumgesprochen hat, das hier eine vortreffliche Live-Band zu erwarten ist, und auch die StZ mit Vorberichterstattung den Hype anzuheizen versucht, sind wir zur Sicherheit bereits um acht vor Ort. Völlig umsonst, wie sich herausstellt. Von Menschenmassen keine Spur, der Konzerteinlass noch fern. Wartezeit, die sich aber angenehm und vorfreudesteigernd vor dem Immer Beer Herzen verbringen lässt. Natürlich strategisch geschickt mit Blick auf die Tür der Kiste. Auch um neun hat sich dort noch keine Schlange gebildet und so bekommen wir mühelos allerbeste Plätze vor der Bühne. Selbige ist mit einer Wolfshund-Maske und viel liebevoll gestaltetem Merch dekoriert. Unvorsichtigerweise am Rand platziertes Bier wird die Sängerin Carley Wolf schon in den ersten Minuten von der Bühne gefegt haben.
Denn der Auftritt des Duos ist vom ersten Ton an eine wahrlich intensive und raumgreifende Anlegenheit. Carley (gemäß ihres konsequenten Band-Designs ganz in weiß) und Ehegatte Jonny an den Drums (ganz in schwarz) schmeißen sich mit Vehemenz in den Auftritt. Und die zierliche Sängerin holt die ganz großen Rockposen raus. Was übrigens aufs Unterhaltsamste mit ihrer Stimmlage kontrastiert, denn diese darf man durchaus im Bereich Minnie Mouse ansiedeln. Dazu spielt sie eine ultrafett verzerrte Bluesgitarre, gerne auch mit Bottleneck, tritt beängstigend brutal auf ihre Pedalerie und justiert immer wieder den Verstärker nach, der heftig im Overdrive-Modus agiert.
Angesichts dieser optischen Dominanz tritt der Drummer zwangsläufig etwas in den Hintergrund. Dass eine derartige Minimalbesetzung aber nur dann funktioniert, wenn beide alles geben, ist eine Binse. (White Stripes und Royal Blood beweisen es). Und natürlich steuert Jonny Wolf seinen Part mit ebensoviel Verve bei. Alle musikalisch herangezogenen Vergleiche, von den Cramps über die Ramones bis hin zu Jon Spencer Blues Explosion, kann man so stehen lassen. Wenn man noch den Voodoo-Touch von Screaming Jay Hawkins, die trashige DIY-Attitüde und den schmutzigen Uptempo-Rock’n’Roll dazu packt, dann kommt man der Sache schon sehr nahe. Versuchen wir uns auch mal einer Genre-Schöpfung. Wie wär’s mit „Hysterical Blues Punk“?
Noch mehr Fahrt nimmt das Konzert auf, als Carley ihr „One String Wonder“ umschnallt. Eine auf die E-Saite reduzierte Gitarre, der Sie mit Plektron, Bottleneck und vielen Effekten einen schaurig-schönen, trashigen Sound mit erstaunlich elaborierten Soli entlockt. (Ein ganz ähnlicher Effekt übrigens wie bei unseren Country-Trash-Lieblingen Hymn for Her, die zu diesem Zweck eine Cigar Box Guitar nutzen) Da kommen inzwischen sogar die ersten Reihen ins Tanzen. Das durchgeknallte Ehepaar (das seinen echten Wolfshund übrigens nicht mehr mitbringt, nachdem der das Zeitliche gesegnet hat) hat den Laden jedenfalls so in Schwung gebracht, dass sich Publikum und Band immer mehr hochschaukeln und das Ganze in schwitziger Atmosphäre und zwei fulminanten Zugaben endet. Lieber Ralf, das war ein grandioses Booking!