THE DICTATORS NYC, 09.08.2016, Goldmark’s, Stuttgart

THE DICTATORS NYC, 09.08.2016, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Anschnallen bitte: The Dictators sind in town. Oder genauer gesagt The Dictators NYC, wie sich nach diversen Umbesetzungen zur Klarstellung nennen. Wenn Handsome Dick Manitoba und seine Männer aufschlagen, knallt es gewaltig. Und das obwohl sie beileibe nicht mehr die Jüngsten sind. Vor 43 Jahren starteten die Haudegen von New York aus durch und schrieben damit ein Stück Musikgeschichte. Denn neben Bands wie den New York Dolls, The Stooges und MC5 sind sie nicht weniger als die Mitbegründer des Punkrock. Als ich 1975 das Licht der Welt erblickte, stand gerade das Dictators-Debüt „Go Girl Crazy“ in den Plattenregalen. Wahnsinn. 2015 habe ich sie zum ersten Mal beim Speedfest in Eindhoven live gesehen und mich gleich ein bisschen verliebt.

THE DICTATORS NYC, 09.08.2016, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Erstmal stehen aber die sympathischen Franzosen von Shut Up! Twist Again! als Einheizer auf der Bühne. Und die machen das ziemlich gut. Ihr flotter, griffiger Punkrock mit vielen Mitgröhlparts kommt ganz gut an im Goldmark’s, auch wenn das Publikum an einem Dienstagabend verständlicherweise ein bisschen Zeit braucht um warm zu werden. Shut Up! Twist Again! geben jedenfalls Vollgas. Es wird gesprungen, in die Luft gekickt, auf der Bar rumgeturnt, sich unters Publikum gemischt und a-capella gegröhlt. Später höre ich jemanden sagen, dass sie für seinen Geschmack zu verkrampft versucht haben Stimmung zu machen. Aber irgendwie muss man das müde Konzertvolk ja auch aus der Reserve locken. Ich bin jedenfalls gutgelaunt, warmgesteppt und bereit für die Dictators.

THE DICTATORS NYC, 09.08.2016, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Als Richard Blum aka. Handsome Dick Manitoba, Manowar-Gründungsmitglied Ross „The Boss“ Friedmann, J.P. „Thunderbolt“ Patterson, Daniel Rey und Dean Rispler dann unter großem Applaus die Bühne betreten, geht die Punkrockparty richtig los. Manitoba, wie immer erstmal in dicker Lederjacke, mit Wollmütze und Sonnenbrille, sieht schon ein wenig durchgerockt aus. Andererseits ist der Musiker, Autor, Radiomoderator und Nachtclubbesitzer ja auch schlappe 62 Jahre alt und hat sicher schon bisschen was mehr erlebt als der Otto-Normal-Verbraucher. Und sowieso… auch wenn er manchmal ganz schön verstrahlt wirkt, ist er als Sänger und Aushängeschild der Dictators eine Bank. Vom Opener (war das „Master Race Rock“? Jesses, mein Erinnerungsvermögen…) weg hat der Punkrock-Veteran alles im Griff. Er rockt und schwingt was das Zeug hält und entledigt sich nach und nach immerhin mal seiner Sonnenbrille und seiner Jacke und präsentiert seine dicken Goldklunker auf der Brust. Richtig schön straighter Punkrock ist das. Das relativ gut gefüllte Goldmark’s singt und tanzt zu Krachern wie „Who Will Save Rock And Roll?“, „I Stand Tall“, „Weekend“ oder „New York, New York“.

THE DICTATORS NYC, 09.08.2016, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Auch Manitobas Bandkollegen stellen unter Beweis, dass sie ihre Instrumente aber sowas von im Griff haben, allen voran Ross „The Boss“. Eine wahre Freude das mit anzusehen. „Das ist doch gar kein Punkrock. Die können ja richtig was“, meint einer. Schließt sich ja nicht immer aus. Manitoba ist aber nicht nur Vollblutmusiker, sondern auch Geschichtenerzähler. Er spricht gern und viel. Über sein Lieblingsauto, einen mattschwarzen Porsche 918 Spyder, für den er seine Familie verkaufen würde. Über die gruselige Qual der US-Präsidentschaftswahl und die Unfähigkeit der Politiker einfach nur die Wahrheit zu sagen („Is it so hard to tell the truth?“). Über Schnitzel und Schnitzelrestaurants, die sie nicht als Gäste wollten („I want my goddamn Schnitzel!“), darüber wie wichtig es ist den Rock’n‘Roll mit Plattenkäufen zu unterstützen und natürlich über die Antriebsmotoren der Welt: „Pussy and Money“.

THE DICTATORS NYC, 09.08.2016, Goldmark's, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Wir haben mächtig Spaß, genau wie die Dictators auf der Bühne. Sie umarmen sich, machen sich Eselsohren, scherzen rum und haben einfach gute Laune. Wir haben unsere dancing shoes an und gröhlen mit was das Zeug hält. Viel zu früh verabschieden sie sich fünf Punkrock-Veteranen, aber nicht ohne sich gleich mal für 2017 anzukündigen (sauber!). Es gibt mit „Two Tub Man“ und dem MC5-Cover „Kick Out the Jams“ noch zwei Zugaben für das begeisterte Publikum. Dann ist leider auch schon Schluss. Ich unterstütze dann eben mal den Rock’n’Roll mit einem Tshirt-Kauf bevor ich mich auf den Heimweg mache. Dickes Ding dieser Handsome Dick und seine Dictators!

Shut Up! Twist Again!

The Dictators NYC

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