TENDER BUTTONS, KASPARR, 01.04.2016, Merlin, Stuttgart
Freitagabend, freier Eintritt beim „Kesselsound“, zwei lokale Bands, die über eine Menge guter Freunde verfügen und sich zudem eine handvoll nicht gerade unbekannter Gastmusiker eingeladen haben. Kein Wunder, dass das Merlin richtig gut besucht ist. Die Tender Buttons feiern ihren Album-Release und als Support haben sie sich Kasparr & Band eingeladen. Und ich gebe zu: die Tender Buttons sind mir bisher unbekannt, was Kasparr aber nach einer langen Bühnenabstinenz zu Gehör bringen will, das interessiert mich sehr.
Den umtriebigen Gitarristen, Produzenten und DJ kenne ich seit seiner Zeit bei der Ska-Band Nu Sports. Kasparrs Interpretation von Kraftwerks „Model“ war der unausweichliche Höhepunkt jedes Gigs und der Beweis seiner Qualitäten als Frontmann und Entertainer. Mit seiner eigenen Band konnte er dann auch seine Qualitäten als Songwriter zeigen; Pop mit deutschen Texten das Genre. Die Band ist inzwischen komplett neu besetzt und gerüchteweise soll sich musikalisch einiges getan haben. Und tatsächlich: seine Pop-Songs kommen nun im Ska-Rhythmus daher. Der Auftritt ist kurz, aber heftig. Die Neu-Interpretationen machen Lust auf mehr. Nach vier Songs endet das Mini-Set mit technischen Problemen, einem leichten Chaos und viel Gelächter.
Erstaunlich, dass ich den Tender Buttons noch nie über den Weg gelaufen bin. Die Band um die Sängerin Maren Katze gibt’s immerhin bereits seit neun Jahren. Obacht übrigens beim Googlen: mindestens zwei weitere Bands haben sich bei der Namensfindung ebenfalls von Gertrude Steins gleichnamigen Gedichtband inspirieren lassen. Die Stuttgarter Tender Buttons treten in der Grundbesetzung ganz klassisch als Quartett auf: Christian Gradl an der Gitarre, David Goetz (Bass) und Axel Krause am Schlagzeug bilden die Rhythmus-Sektion. Zur Präsentation ihres neuen Albums „The Longing“ wechseln sich zudem im Laufe des Abends die Gastmusiker auf der Bühne ab. Neben Rainer Rupp (Long Lost Souls und Loretta) mit seiner Slide Guitar unterstützen Jan Georg Plavec (Hawelka) an den Tasten und HP Ockert vom Schurkenduo mit seinem Kornett seiner Taschentrompete in einigen Titeln. Auch ein Duett mit Kasparr darf nicht fehlen.
Stilistisch bewegt sich dann Ganze im weiten Spektrum von Pop, Indie Rock und Folk. Angereichert mit jazzigen Elementen und Einsprengseln von Latin. Marens Stimme ist ebenso variantenreich wie der Stilmix der Band. Von einschmeichelnd sanft bis kratzig-rockig ist alles dabei.
Und so schön es ist, in der Runde von Freunden und Bekannten zu spielen. Es bringt auch ein kleines Problem mit sich: alle kennen sich untereinander und das Social Event steht fast mehr im Vordergrund als die Band. Das allgemeine Palaver ist mal wieder so laut, dass man im hinteren Teil des Saals nur wenig von der Musik mitbekommt. Zudem ist der Mix nicht ganz glücklich: die Gitarre dominiert nach meinem Geschmack zu stark, die Stimme bekommt nicht den Raum, den sie verdient hätte.
Außerdem glauben heute irgendwie alle, mir Vorlagen für die Konzertkritik ins Ohr raunen zu müssen: „Ist das nicht toll? Schreibst du das bitte?“. Weiter hinten (wo man eh nicht bei der Sache ist): „Furchtbar. Schreib ja nichts Gutes.“ oder auch „Ich finde den Kasparr unerträglich.“ Bis hin zu wirren Drohungen: „Wehe, du schreibst was böses! Das ist vielleicht bald meine Schwester.“ Kurzum: es fällt mir schwer, mich auf die Tender Buttons zu konzentrieren, vielleicht ist das Set, das sogar die magische 23-Uhr-Grenze sprengt, auch ein wenig lang geraten. Und erst beim Nachhören aus der Konserve erschließt sich mir die ganze Qualität dieser Band. Dabei erfahre ich, dass sie das Ganze auch im Akustik-Set anbieten. Und das klingt nach einem Plan: ein Wohnzimmerkonzert mit einem hochkonzentrierten Publikum. Das wär’s.
ahoi holger!
klugscheisseralarm:
…es war eine taschentrompete, kein kornett…
aber schön gespielt wars allemal.
;))
Danke für die Aufklärung, lieber Zwist. Unter einer Taschentrompete hätte ich mir was ganz anderes vorgestellt. ;)