MELODY LA LA, 26.02.2016, Minibar, Stuttgart
Dezember 2007: Melody La La spielen im Transit/Bergamo ihr allererstes Konzert. Der Laden ist rappelvoll, Freunde der Band und die notorischen Szenegänger drängen sich bei der Premiere. Und nach wenigen Songs steht fest: hier ist eine große Hoffnung für den Stuttgarter Indie-Pop am Start. Die Band um die Schwestern Lisa und Katharina Grözinger verzaubert das Publikum mit federleichtem Gesang, eingängigen Hooklines, überraschenden Wendungen, sparsam-eleganter Instrumentierung und einem melancholischen Grundton. Einfach charming. Aus dem Stand bekommt Melody La La das Label “Geheim-Tipp mit ganz viel Potenzial”.
Februar 2016: Insgesamt sechs Mal habe ich Melodie La La in den letzten neun Jahren gesehen. Mit ihrem Album “Paula’s Bridge” haben sie 2009 eine formidable Scheibe abgeliefert, die mir bis heute nicht langweilig geworden ist. Ein Reunion-Gig ist angekündigt. Nach einer mehrjährigen Pause ist es umso spannender, sie wiederzusehen. Das herrlich schräge Video zu ihrem aktuellen Titel “Elastique” lässt vermuten, dass sich musikalisch einiges getan hat. Heute spielen sie, wie schon bei einem denkwürdigen Gig 2011, in der Minibar, die für sie laut Katharina eine Art “Heimathafen” ist.
Leider ein Heimathafen, der eine Top-Adresse zum gepflegten Gin-Schlürfen, für Konzerte aber denkbar ungeeignet ist. Von den gut fünfzig Bar-Besuchern haben maximal zwanzig einen Blick auf die Bühne, nämlich die, die es in den oberen Raum oder auf die Treppe zu den Toiletten geschafft haben. Die anderen unten an der Theke unterhalten sich derweil lautstark. Und man kann es ihnen noch nicht mal verübeln, einige haben eventuell gar nicht mitbekommen, dass da oben eine Band spielt. Dass von den auserwählten zwanzig aber ein paar glauben, sich, die Umstehenden und die Band, von der sie einen knappen Meter entfernt sind, lautstark über den aktuellen Stand ihrer eBay-Auktion und ihre Urlaubspläne informieren zu müssen, das kann einem mal wieder den Spaß verderben.
Dabei bringen Melody La La alles mit, was ein gutes Konzert ausmacht: eine charismatische und selbstbewusste Frontfrau, eine Band, die mit Spaß zusammenspielt und Songs, die einfach gute Laune machen. Die Mischung aus alten, teilweise fast indie-rock-mäßigen Songs und neuen mit mehr Elektronik und Disco-Beat funktioniert wunderbar. Dennoch muss der Mischer immer mehr nachziehen, um den Lärmpegel im Raum zu überspielen. Und dabei bleiben dann leider die Gesangsstimme und auch die Keyboards auf der Strecke. Dass alle leiseren Töne und dabei auch so wunderschöne Pop-Songs wie das an die verstorbene Schwester gerichtete “Listen Lisa” vom allgemeinen Kneipenlärm übertönt werden, das ist mehr als traurig. Ein engagierteres Publikum wäre sicher auch in den Pfeif-Part bei “Never Again” eingefallen und spätestens bei FM-Belfast-mäßigen Disco-Kracher “Elastique” hätte der Saal getanzt.
Während Matthias Peissner an der Gitarre und Marzell Ruepp am Bass gut zu sehen und zu hören sind, geht Sascha Seidel an den Keyboards leider etwas unter. Dabei sind es genau seine Sounds, die den Stil von Melody La La prägen. Dass Ruepp und Peissner während der Abwesenheit ihrer Sängerin selbst zu singen begonnen haben, ist für den Fortbestand der Band sicher wichtig gewesen. Einem Fan der ersten Stunde darf die Bemerkung erlaubt sein: jetzt, da Katharina zurück ist, dürfen sich die Herren – außer bei „Elastique“ – ruhig wieder auf die Backing Vocals konzentrieren. ;)
Kurzum: es kann nicht sein, dass Melody La La nach neun Jahren immer noch ein Geheim-Tipp ist. Diese Band hat ein viel größeres und aufmerksameres Publikum und vor allem anständige Locations verdient! Wo sind Merlin, Schocken & Co, wenn man sie mal braucht? Für die Kesselsound-Serie oder das Klinke-Festival wäre Melody La La definitiv eine große Bereicherung! Oder muss hier mal wieder ein Wohnzimmer-Konzert her?