A TRIBE CALLED KNARF, 24.01.2016, Pop Freaks, Merlin, Stuttgart
“Move your ass & your mind will follow”, wer dieser Aussage heute Abend gefolgt ist, und nicht den Tatort in sein Wohnzimmer hat flimmern lassen, wird es nicht bereuen. Für einen Sonntagabend ist das Merlin erfreulich gut besucht.
Das Trio Knarf Rellöm, Viktor Marek (The Kings of Dub Rock) und DJ Patex (School of Zuversicht) bewegt sich wie ein Chamäleon durch die eigene Diskographie, mit den unterschiedlichsten Namen „Knarf Rellöm with the Shi Sha Shellöm“ und „Knarf Rellöm Trinity“. Aktuell nennt sich die Besetzung „A Tribe Called Knarf“. Zum Einstieg gibt es sanfte Worte und Melodien: „Bassline, That Was So Fine”. Die blaue Sternen-Sonnenbrille aufgesetzt, bewegt sich Knarf Rellöm gleich Richtung Publikum runter. Einen zu großen Abstand zwischen Publikum und Bühne lässt er nicht durchgehen. Mit freundlichem Imperativ heißt es: „Kommt weiter nach vorne, sonst wird das Konzert sofort abgebrochen“.
Auf Konzertabbruch hat keiner so richtig Lust. Mit zarten Schritten wird gewagt, näher in Richtung Bühne aufzurücken. „Klappt doch schon mal ganz gut“, wird von Knarf Rellöm bemerkt. Hier entwickelt sich so langsam ein ganz guter Publikumsvertrag. Aufgaben ans Publikum werden auch verteilt. Ein Freiwilliger wird gesucht, der Knarf Rellöm die Lippen rot anmalt. Ein junger Mann ist schnell gefunden, perfekt werden die Lippen nachgezogen, und besagtes „Move your ass & your mind will follow“ wird angestimmt. Zwischendurch immer wieder der freundlich-bestimmte Hinweis, näher an die Bühne ranzukommen, sonst folge der Konzertabbruch.
Schön, dieser Hamburger Schnack, der von der Bühne herunterweht. Er hat eine heilsame Wirkung, meine Übermüdungserscheinungen sind wie weggeblasen. Zwischendurch lässt sich immer wieder das schöne, futuristisch anmutende Bühnenoutfit von DJ Patex und Viktor Marek beäugen. Von den wunderbar goldglitzernden Schuhmodellen der beiden werden immer wieder Aufnahmen gemacht. Zwischen den Ansagen frotzeln die Bandmitglieder untereinander oder stellen sich gegenseitig kurz in den Senkel. Man kennt sich.
Die Traummaschine „A Tribe Called Knarf“ setzt sich weiter in Gang. „Praxis of Love“, mit mehr Sprech- als Gesang, holt die vielgepriesene mystifizierte Liebe wieder auf den Boden der erreichbaren Tatsachen zurück. Man wird nie müde, immer wieder Neues in den Songs des Trios zu entdecken, sei es in Wort oder Musik. DJ Patex im Wechselspiel an Bass, E-Gitarre und Synthesizer verziert zusätzlich mit ihrem Gesang die Melodien und Songstrukturen. Zusammen mit den Synthesizer/Drum-Controller-Effekten von Viktor Marek blitzt ein Klangfarben-Potpourri von House/Reggae/Dub durch.
Kurzzeitige Rhythmus-Gastmusiker gesellen sich noch zu dem Trio hinzu. Thomas Geyer, einst Drummer bei „Die Regierung“ und eine junge Frau mit Triangel und Rhythmus-Ei legen noch einen souveränen Auftritt hin.
Es kommt noch zu einem Missverständnis. „Du weißt schon, dass hier unten alles notiert wird“ bemerkt DJ Patex. Knarf Rellöm hat sich kurz in einer längeren Ansage verloren. Wir sind vom famous gig-blog, aber nicht, wie vermutet, vom Feuilleton der FAZ. Witzig waren die gewünschten Formulierungen der „Feuilleton Band A Tribe Called Knarf“ (O-Ton Knarf Rellöm) für das angeblich anwesende Feuilleton der FAZ allemal. Abschließend lädt Knarf Rellöm noch zu einer Verkaufshow auf der Bühne ein.
Diese zeigt ihre Wirkung, eine lange Schlange hat sich in der Merch-Ecke gebildet. Ein Junge bekommt von seinem Vater noch ein Band-Shirt gekauft. Man kann einfach nie früh genug damit anfangen, sich für gute Musik zu interessieren.