BOY, MARTIN GALLOP, 08.11.2015, Im Wizemann, Stuttgart
Wonach in den Weiten des Internets nicht alles so recherchiert wird. Ich suche nach dem neuen Album von Boy „We Here Here“ und bekomme als verwandte Suchanfrage angeboten: „Valeska Steiner schenkt ein Lächeln“. Besagte Valeska Steiner bildet zusammen mit Sonja Glass das deutsch-schweizer Pop-Duo „Boy“. An ihrem Debut des „Mutual Friends“ gab es eigentlich kein Vorbeikommen, poppig federleichte Melodien, die zum Schnüren der Tanzschuhe eingeladen haben oder um Begleitmusik des Herbstes zu werden. Zugleich gab es 2010 den Start für einen kometenhaften Aufstieg.
Was man sagen muss, Boy geben sehr sympathische Interviews. Auch wenn immer wieder die Fragen durchblitzen zu der „Mädchenmusik“ und wie es ist, als Frauen in der Männer dominierenden Popbranche sich zu bewegen und ob sie sich auch streiten. Da kann/darf einem sicher mal der Nerv anbrennen.
Das heutige Konzert im Stuttgarter „Im Wizemann“ war vor Wochen schon ausverkauft, händeringend werden über Facebook noch Karten gesucht. Ein angenehmes „Ausverkauft“ wie sich zeigt. An den Seitenrändern des Saales ist ausreichend Platz, der einen schnellen Besuch am Getränkestand noch zulässt. Nicht nur das Stuttgarter Konzert ist ausverkauft, ein Blick auf die Tourdaten zeigt, dass die Tour im deutschsprachigen Raum nahezu ausverkauft ist.
Musikalisches Warm-Up gibt es von Martin Gallop, ein in Deutschland lebender Kanadier. Was beim Betreten des Saals zu hören ist, ist tendenziell ein lautes Gemurmel gepaart mit Americana-Klängen die von der Bühne kommen. Die Verhältnisse sind nicht ganz ausgewogen, bemerkt der Sänger, er alleine gegen 1.500 (?) Leute. Dafür holt er sich Unterstützung aus dem Publikum, eine freiwillige und mutige junge Dame ist schnell gefunden. Nach kurzer Einweisung des Sängers, begleitet sie ihn an einer Art Akkordeon. Die genaue Bezeichnung des Instruments ist mir nicht vertraut.
Boy verfügen über ein breites Fanpublikum hier, vornehmlich weiblich. Mädels/Damencliquen mit vereinzelten männlichen Begleitern. Für jeden ist heute etwas dabei. Zur Begrüßung gibt es für die beiden Musikerinnen Valeska Steiner und Sonja Glass starken Applaus. Der Sound bei „We Were Here“ ist ausgesprochen klar, nur gibt es einen Wermutstropfen. Warum muss denn jetzt immer noch gequatscht werden? Von der Bühne wird Abhilfe geschaffen. Mit einem Kniff schaffen es Valeska Steiner und Sonja Glass durch Klatschen zu ihren Songs das Publikum miteinzubeziehen. Funktioniert auch bestens. Zwischendurch wird noch ein Brief auf die Bühne geworfen. Boy lassen Diskretion walten, den Inhalt erfahren wir nicht, sie versprechen ihn am nächsten Tag beim Konzert in München zu öffnen.
Einen hohen Bekanntheitsgrad und Fanreaktionen haben die gespielten Songs des ersten Albums. Live haben die Songs nochmals eine neue Textur erhalten. „Oh Boy“, ein Song über ein Mädchen, dem alle Jungs verfallen, wenn sie es kennenlernen, klingt heute perkussiver und gibt dem Bassspiel von Sonja Glass mehr Raum. Mit zwei Schlagzeugen, Gitarre und Keyboards gibt es noch ordentlich Druck von den vier Herren der Band, die in vornehmer Zurückhaltung im Hintergrund agieren. Denn den beiden Damen gebührt der Glanz. Valeska Steiner umgarnt charmant mit der Klangfarbe ihrer Stimme ein jedes Ohr. Gemeinsam mit dem zweistimmigen Gesang mit Sonja Glass spannen sie die Harmoniebögen um die Songs.
Und Lächeln gab es ganz viel an diesem Abend, von der Band ins Publikum und vom Publikum zur Band wieder zurück. Boy haben ihre Klangfächer ausgebreitet und ganz viele Herzen erobert.