LORETTA, 09.05.2015, Theater Rampe, Stuttgart

Loretta

Foto: Markus Milcke

Loretta also im Theater Rampe. Endlich einmal die schöne Veranstaltungsreihe „Singles Club“ besuchen. Laut Selbstbeschreibung der Initiatoren Andreas Vogel und Max Braun nur indirekt zur Partnerfindung gedacht. Wenn sich heute Abend in diesem Publikum jemand „gefunden“ hat – in einem zwischenmenschlich-partnerschaftlichen Sinne – dann würde das doch sehr verwundern, denn: Hier kennen sich glaub eh schon alle, oder: sind gar miteinander verwandt?

Loretta

Foto: Markus Milcke

Stimmung also familiär – gekommen ist die erweiterte Großfamilie inklusive einiger Nichten, Neffen und angeheirateter Tanten ersten Grades, macht ganz grob geschätzt so 60 Leute. Klar, dass die Band dann auch per Live-TV-Interview gern Einblick gewährt in den sonst so sagenumwobenen Backstagebereich und das Geheimnis gelüftet wird, was denn dort vor Konzertbeginn eigentlich passiert. Im Falle von Loretta: Fachsimpeln über Gitarren und den wissenschaftlich noch zu belegenden Klaus-Paul-Effekt, der aus einem Song einen tollen Song macht. Sind Bassisten wirklich sowas wie Luftkissenpolster, die das Aufeinanderprallen von extrovertierten Drummern, selbstverliebten Gitarristen und Rampenlicht-versessenen Sängern verhindern? Schwer vorstellbar im Falle dieser Band, die doch recht solide erscheint und ja auch schon bereits seit längerer Zeit im Stuttgarter Raum und darüber hinaus für ihre harmonischen Töne und Auftritte bekannt ist.

Loretta

Foto: Markus Milcke

Eben noch im Reality-TV und nun schon auf der Showbühne, wo wir von Sänger Andreas Sauer mit einem etwas missverständlichen „Schön, dass wenigstens ihr da seid?!“ begrüßt werden. Nachdem beschlossen wird, später zu Italo-Disco-Hits abzutanzen, bleiben wir nun also sitzen. Schade eigentlich! Denn gerade die tribünenförmige Sitzordnung und der recht große Abstand zur Band schafft eine eigenartige und unnötige Distanz zwischen Band und Publikum – eine Mischung aus intim und weit weg.

Loretta

Foto: Markus Milcke

Loretta tun es klassischen Rock-Größen gleich und unterteilen den Abend in zwei Teile: Erst sechs Stücke aus dem aktuellen Album „Soft Rock“. Dann ebenso viele geballte Hits aus den mittlerweile elf Vorgängerwerken. Der Titel des neuen Albums mag gewollt schlimme Assoziationen wecken – zu Unrecht: Soft Rock ist ein Stück Musik, das wunderbar harmonisch zwischen mal soften, mal rockigen und countryesken Klängen oszilliert und dabei live immer „tight“ zusammen gespielt wird. Multiinstrumentalist Rainer Rupp hat eigens ein Beistelltischen neben sich, auf dem Rasseln, Tamburin, Schellen und auch eine Lap Steel Guitar parat liegen und zur rechten Zeit zum Einsatz kommen: So scheppert, klingelt, pfeift und Wah-Waht (?) es immer wieder wunderbar. So wird sogar der SWR1-Klassiker „Boys of Summer“ von Don Henley groß. Kommt keins dieser Accessoires zum Einsatz spielen drei der fünf Herren Gitarre und verweben die verschiedenen Melodielinien gekonnt ineinander. Mir kommt kurz die Band The Blue Aeroplanes in den Sinn, die zeitweise wohl mit bis zu acht Gitarristen aufgefahren sind. „Schwelgerisch statt seicht“ – zurecht begeistert zeigte sich auch der „Rolling Stone“ von der neuen Loretta-Platte.

Loretta

Foto: Markus Milcke

Thematisch bewegen wir uns querfeldein im Spektrum menschlicher Befindlichkeiten, Erfahrungen und was man halt so durchmacht: Vom schönsten emotionalen Aggregatzustand (Verliebtsein) über die sich über kurz oder lang meist einstellenden Kommunikationsprobleme, Religion und Masturbation als mögliche aber defizitäre Auswege aus ausweglos erscheinenden Situationen.

Nach einem lapidaren Tremolettes-Sänger Zitat – „Platten, CDs, Homepage, danke!“ und zwei Zugaben endet der Konzertabend im Theater. Trotz der Ankündigung des Konzertflyers „This town ain’t big enough for both of us“ ist diese Stadt doch definitiv groß genug für Bands wie Loretta und noch hoffentlich viele schöne Abende im Singles-Club!

Loretta

Foto: Markus Milcke

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