ANNE CLARK, 22.04.2015, Liederhalle, Stuttgart

Anne Clark

Foto: X-tof Hoyer

„Im April 2015 gehen Anne Clark, der virtuose Pianist und ehemalige Musikalische Leiter des Staatstheaters Stuttgart Murat Parlak (Yehudi Menuhin, Brandford Marsalis, Harald Schmidt) und der Cellist Jann Michael Engel (Unterricht bei David Grigorian, tätig als Pädagoge und Cellist, spielt in Göttingen mit Zephaya und Ausgerechnet Wir) auf Deutschland Tournee. Ihr Repertoire beinhaltet ruhig gehaltene Interpretationen einiger Anne Clark Lieder, die von Murat Parlak und Jann Michael Engel begleitet werden. Unter anderem stellen alle Künstler neu arrangierte Vertonungen englischer Literatur sowie Ausschnitte der letzten preisgekrönten Hörspiele vor.“

So die nüchtern klingende Ankündigung auf der Homepage von Anne Clark. Und man stellt sich als geneigter Hörer natürlich auch seelisch-moralisch darauf ein, behält aber im Hinterkopf, dass man die Künstlerin ja eher mit einer 80er Jahre Post-Punk-Wut in Verbindung bringt, wenngleich diese im Falle Anne Clarks in elektronische Musik oder besser New-Wave/Dark-Wave mündete. Nun denn, wie heißt es in der Ankündigung für das Konzert in einer anderen Stadt: „Das wird ein Ereignis für Leute mit Geduld und Geschmack.“

Anne Clark

Foto: X-tof Hoyer

Das Publikum hat eifrig und dankbar die Sitzplätze eingenommen, ja man sitzt natürlich im Mozartsaal. Dieser ist auch gemacht, um in erster Linie klassischen Konzerten zu lauschen und somit genau richtig für ein rein akustisches Konzert mit Flügel, Cello und Stimme. Pünktlich um 20 Uhr betreten die beiden Musiker die Bühne und beginnen, bevor Anne Clark nach wenigen Minuten unter sehr großem Applaus auf die Bühne kommt und sich auf einem Hocker niederlässt und ihren unverkennbaren Sprechgesang anstimmt. Bekannte Klänge von alten Songs (beispielsweise „Wallies“ vom 83er Album „Changing Places“) in neuen Arrangements – ungewohnt, aber wunderschön und sehr ruhig, manchmal klassisch anmutend. Auch „Sleeper In Metropolis“ lässt nicht lange auf sich warten, das einen Beat mittels einer Cajón erhält, die durch eine Fußpedalverbingung vom Pianisten bedient werden kann.

Es folgen einige vertonte Gedichte, wie beispielsweise von Emily Brontë, Charles Baudelaire oder Friedrich Rückert. Letzteres ist deswegen besonders, da Anne Clark es auf deutsch vorträgt – „Um Mitternacht“:

Um Mitternacht
Hab‘ ich gewacht
Und aufgeblickt zum Himmel;
Kein Stern vom Sterngewimmel
Hat mir gelacht
Um Mitternacht.
 
Um Mitternacht
Hab‘ ich gedacht
Hinaus in dunkle Schranken;
Es hat kein Lichtgedanken
Mir Trost gebracht
Um Mitternacht.
 
Um Mitternacht
Nahm ich in Acht
Die Schläge meines Herzens;
Ein einz’ger Puls des Schmerzens
War angefacht
Um Mitternacht.
 
Um Mitternacht
Kämpft‘ ich die Schlacht
O Menschheit deiner Leiden;
Nicht konnt‘ ich sie entscheiden
Mit meiner Macht
Um Mitternacht.
 
Um Mitternacht
Hab‘ ich die Macht
In deine Hand gegeben:
Herr über Tod und Leben,
Du hältst die Wacht
Um Mitternacht.

Anne Clark

Foto: X-tof Hoyer

Das ist schon sehr berührend, tief und melancholisch. Jedoch will sich bei mir nicht so recht die passende Stimmung einstellen. Vielleicht sind es meine Erwartungen oder auch gerade diese doch etwas drückende Melancholie und der Weltschmerz, die durch diese Arrangements und Interpretationen besonders stark hervortreten. Ein wenig aufgelockert wird diese düstere Stimmung durch einige Lieder, die durch das Pianospiel einen gewissen „Amelie-Faktor“ erhalten, zumal wenn der Pianist dann auch zum Akkordeon greift und selbst singt.

Dann übernimmt wieder die Grand Dame des neoromantischen Sprechgesangs für einige weitere Lieder und Gedichtvertonungen, bevor dann nach einer Stunde die Künstler von der Bühne gehen, um für die beiden Cajón begleiteten Zugaben, darunter auch „Our Darkness“, noch einmal aufzutreten.

Ja, irgendwie toll und es gibt zurecht langanhaltend Applaus und Standing Ovations, aber meine Geduld fühlt sich nun doch irgendwie am Ende an, und ich hätte mich, glaube ich, doch über einen fetten Synthiesound gefreut.

Anne Clark

Foto: X-tof Hoyer

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