MONSIEUR MO RIO, 26.12.2014, Rakete, Stuttgart
Die schönsten und süßesten Melodien und Harmonien heben wir uns für den Schluss auf. Perfekt getimed ist er, einer der leider viel zu raren Auftritte von Monsieur Mo Rio. Nach all der seelischen und körperlichen Schwere, die eine Jesus-Geburtsfeier immer so mit sich bringt, kommt der federleichte, harmonietrunkene Retropop von Moritz Finkbeiner und seiner Band gerade Recht.
Recht kurzfristig angesetzt wurde der Termin für dieses Weihnachtskonzert, was aber zum Glück keinerlei negative Konsequenzen auf die Besucherzahl hat. Voll ist es in der Rakete, und nachdem man sich in der Kneipe im Zimmer nebenan warm- und in Stimmung gerußt hat, geht es in guter, alter Waggontradition nicht zu früh um 23:15 Uhr los.
Monsieur Mo Rio spielen in derselben Formation wie letztes Jahr beim sehr tollen ESxSW-Festival in Esslingen, d.h. auch diesmal ist Philip von Jamhed dabei, und bereichert die Musik mit seinen Backgroundvocals, Keyboard und manchmal Gitarre. Ebenfalls analog zum Esslinger Auftritt wird vermehrt neues, unveröffentlichtes Material gespielt. Aber mittlerweile ist ja auch ein Jahr rumgegangen und die Auftrittsdauer nicht groß begrenzt, was bedeutet, dass wir sehr, sehr viele neue Songs dargeboten bekommen.
Diese lassen sich bei sehr gutem und stimmigem Sound genießen. Da macht der Andreas Vogel von Long Lost Souls einen sehr guten Job, obwohl er gestern noch bis in die Puppen die Engtanzparty im Kings Club gewohnt gut bedeejayed hat. Ich würde sogar sagen, dass ich Monsieur Mo Rio noch nie so kompakt und präzise auf den Punkt habe spielen sehen wie heute. So lassen sich die vielen neuen Songs wunderbar goutieren.
Es gibt wie immer die typischen, mehrstimmigen Gesänge zu bewundern, und das Füllhorn prächtiger Harmonien ist, wie bei MMR gewohnt, bestens gefüllt. Und doch scheinen die neuen Songs, trotz aller wie immer aufwendigen und teils sperrigen Arrangements, mehr auf den Punkt, die Songs eingängiger zu sein. Mehr Beatles und Kinks als Curt Boettcher und Konsorten, wenn ich einen wahrscheinlich extrem dummen Vergleich bemühen darf. Ein paar der neuen Songs haben sogar richtige Hit-Refrains. Mich begeistert das schwer.
Die Bühnenperformance ist gewohnt zurückhaltend. Bei den tausend Akkorden, die da zu spielen sind, und den wenigen Auftritten, die MMR haben, aber sehr verständlich. Moritz hält sich, bis auf eine Ansage und ein „Oh nein!“ (Getränk fällt über Verstärker um), sogar noch stärker zurück als sonst. Aber Brian Wilson ist ja auch nicht als Rampensau bekannt, und so sei das auch unserem schwäbischen Genie zugestanden.
Die Band scheint sich auf der Bühne gut zu hören, trotz einigem nervigen Gequatsche im Publikum, so dass alles perfekt klingt. Die nicht gerade einfachen Gitarrensoloparts und Zweitstimmen von Tobias Spreng sind z.B. auf den Punkt gespielt, und lassen das Ganze sehr hochwertig klingen. So endet mein bisher schönstes Konzert meiner Lieblingsband aus deutschen Landen, mit einer Bossa-Version von „My Friends“. Moritz solo an der Gitarre als eine Art männlicher Astrud Gilberto. Mit einem lapidaren wie richtigen „Des war’s!“ werden wir verabschiedet. Und des war’s dann auch. Aber halt, einen wichtigen Wunsch für das neue Jahr habe ich noch: Die neue Platte von Monsieur Mo Rio möge bitte so schnell wie möglich gepresst werden.