MOP MOP SOUNDSYSTEM, 25.11.2014, Tonstudio, Stuttgart
Something completely different heute mal. Das Tonstudio ist ja eines der Konzert-Etablissements, in denen wir eher seltener zu finden sind. Mag das an der Häufigkeit der Veranstaltungen liegen, an Genres, die uns eher fremd sind, oder an Werbekanälen, die wir nicht so im Blick haben, ein Besuch hier ist doch immer wieder etwas Besonderes, da rares Ereignis. Und eher gig-blog untypisch auch die Musik, die wir heute zu hören bekommen.
Live Sessions heißt die kleine und feine Veranstaltungsreihe, die vor kurzem mit Martha Wainwright auch einen großen Namen zu bieten hatte. Heute sind die Mailänder Mop Mop Soundsystem zu Gast. Landsleute aus dem darbenden Land meines Migrationshintergrunds feature ich ja gerne, wenn es nur irgendwie geht. Außerdem sahen die paar Livevideos, die vorher gesichtet wurden, sehr vielversprechend aus. Mit Marimba, viel Groove und so.
Dienstagabend für nicht bekannte Bands ist eh schon eine schwierige Sache. Kommt eine (noch) nicht bekannte Veranstaltungsreihe hinzu, und das Genre ist irgendwas mit NuJazz/House, also eher wochendendkompatible Dance-Musik, darf man keinen Massenansturm erwarten. So ist der Zuschauerzuspruch mit ca. 20 Leuten für mich erwartungsgemäß (ausnahmsweise) auch nicht der allergrößte. Dass das Konzert erst um 22:15 Uhr losgeht, mag bestimmt seine organisatorischen Gründe haben, aber es ist für eine Stadt wie Stuttgart einfach zu spät. Wir sind eben nicht Berlin oder Barcelona, der Rhythmus hier ist ein anderer, die Erinnerung an den morgendlichen Wecker als ständiges Damoklesschwert über einem.
Die Italiener sind heute als Trio da, in der Formation DJ, Schlagzeug und Keyboards. Nachdem man sich noch Aufwärmwodkas genehmigt hat, legt man, sich langsam steigernd, mit einem housigen Track los. Das Schlagzeug spielt perkussiv begleitend, den Grundbeat aber schön straight mit der Bassdrum unterstreichend. Leicht funkig-jazzige Synthietöne, die das ein oder andere Mal an Captain Future erinnern, geben dem ganzen eine warme, nicht zu technoide Note, Erinnerungen kommen auf.
Stichworte: Jahrtausendwende, Studiumszeiten, St Germain in der Liederhalle, meine Dance-Years im Le Fonque (wobei das so geschrieben nach jahrelangem Durchtanzen klingt, lassen wir es mal großzüg zwei Handvoll sein, die ich dann tatsächlich dort war damals). Trüby Trio, Jazzanova, Future Sound Of Jazz, Cobblestone Jazz, all das Zeug was um die 2000er herum eine kurze Blütezeit am Wilhelmsplatz hatte. Bisschen aus der Zeit gefallen, aber live funktioniert das prächtig. Ein Turiner Freund kommentierte die Musik von MMS als „molto da disco-aperitivo milanese“, kann man glaub auch unübersetzt so stehen lassen.
Die Show erinnert an eine nocturne Radiosendung. Unterbrochen immer wieder von den Ansagen des Drummers, der in sympathisch akzentstarkem Englisch so Sachen zwischen den einzelnen Songs von sich gibt. Tiefe Stimme, langsam gesprochen, man kann sich gut vorstellen wie das samstagnachts aus dem Autoradio kommt.
Wie man einen Song in immer tanzbarere Dynamiken hochschrauben kann, haben die Drei raus. Wie immer hilfreich bei sowas ist das Schlagzeug. Es bringt einfach mehr Kick in die Musik rein, das gewisse Etwas mehr, das einem rein elektronischen Beat live fehlen würde. Am Ende tanzen dann sogar ein paar Leute, der Rest wippt mit, die Band hat trotz der geringen Zuschauerzahl sichtbar Spaß. Da kann auch das ständige Fotografen-Geblitze nicht weiter stören. Da wird einem auch mal wieder bewusst, warum man als Konzertfotograf absolutes Blitzlichtverbot hat. Das nervt tierisch.
Am Ende hat die Band nach etwas schleppendem Beginn doch noch alle auf ihre Seite gezogen, was in einer Zugabe mündet. Und die Herren noch einmal unter anderen Rahmenbedingungen (sehr gerne im Tonstudio, am besten, wenn kein Arbeitstag folgt) sehen, da habe ich jetzt richtig Lust dazu bekommen.