BERND BEGEMANN, 16.10.2014, Wohnzimmer, Stuttgart

Bernd Begemann

Foto: Michael Haußmann

Der freundliche Herr Begemann ist wieder in der Stadt. Sehr gut sieht er aus, in stilvollem Braun gekleidet, einzig an seinem über den Gürtel schwappenden Pansen als Ü50er zu datieren. Bernd Begemann, ein Rockstar zum Anfassen, der Reihenhaus-Entertainer par excellence, heute beschallt er ein in bester Halbhöhenlage befindliches Wohnzimmer. Wir liegen ihm zu Füßen (wie man das eben so tut bei Wohnzimmerkonzerten).

Bernd Begemann

Foto: Michael Haußmann

Premiere für mich, mein erster Gig in dieser erfolgreichen Reihe von Musikaufführungen in Privatgemächern. Man hatte mich allerdings gewarnt, Begemannkonzerte seien nicht enden wollende Angelegenheiten, der findet kein Ende, hieß es. Bin jetzt trotzdem mal hier. Wenn der Carsten von Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen den gut findet, kann das nicht verkehrt sein.

Nach bester Bewirtung durch unsere hervorragenden Gastgeber, geht es so viertel nach Acht los. BB legt gleich mal mit einem charmanten Diss über skandinavische Singer-/Songwriter und ihre empfindsame Kunst. Dass es lustig werden wird, da Begemann einen sehr wohltuenden, unbequemen Humor hat, war mir aufgrund diverser Interviews schon vorher bewusst. Bisschen überraschend, dass es auch musikalisch so kurzweilig wird. Das hängt natürlich mit den klugen Texten zusammen, und seinen fast schon theaterreifen Intermezzi in den Songs, in denen er Dialoge der Songcharaktere zum Besten gibt. Aber es sind genügend Lieder dabei, die mich auch vom melodischen und harmonischen Dings her ansprechen.

Bernd Begemann

Foto: Michael Haußmann

Inbrünstig singt er, gibt alles, und hält immer schön die Balance zwischen tatsächlich anrührenden Songs, meist mit Liebesthematiken aus Verlierersicht,

Wir sind zweimal 2. Wahl
wir sind ein unattraktives Paar
denn sie wollte mich nicht
und er wollte dich nicht

und Liedern ironischen Humors, die dann über die Kelly Family handeln können, oder, meine Favoriten, sich um Esoterikquatsch drehen. Trifft vom Humor genau meinen Nerv. Denn merke, so BB, Esoterik sei schlimmer als die ISIS und Hitler. Recht hat er.

Was gibt es sonst noch? Zuviel um auch nur annähernd alles zu erzählen, und sich zu erinnern. Er macht uns darauf aufmerksam, dass wir uns zu Recht schon die ganze Zeit fragen würden, wie jemand in seinem Alter noch so einen wohlgeformten Arsch haben kann, verrät uns aber sein Geheimnis nicht. Nur so viel, es sei nicht so einfach.

Eine Fußballhymne für den Club, in dem seine Tochter spielt, gibt es auch noch. Ein putziges Kinderlied, garniert mit der stolz erzählten Anekdote, dass seine Tochter vor kurzem einen großen Sportmoment gehabt hätte, als sie eine extrem talentierte Gegenspielerin umgetreten hat, denn letztendlich ginge es darum im Fußball, dass die Unbegabteren gewinnen würden.

Bernd Begemann

Foto: Michael Haußmann

Wir bekommen Einblicke in das Naturverhältnis von Begemann, das nicht so romantisch geprägt sei wie das vieler Städter. Er komme vom Land, und wisse, dass die Natur uns in Wirklichkeit hasst. Die Hauskatze, die einige Male unerschrocken durch das volle Wohnzimmer tigert und mauzt, wird mit nicht eben wohlwollenden, aber lustigen Worten bedacht („zu sinnvollem Mehl verarbeiten“). Ein bisschen Neid spielt da gewiss auch mit, denn spätestens seit facebook weiß man ja um die aufmerksamkeitsheischende Wirkung von Katzen auf Menschen.

Nach diversen Parts zum Mitsingen, -klatschen und -pfeifen, Warnungen davor in Bands zu spielen, sowie diversen Zugaben, samt einem bluesigen Jazzstück vom iPod, ist kurz vor 23 Uhr Schluss (eine längere Rauchpause gab es auch). War also lang, aber so dermaßen unterhaltsam und kurzweilig, dass man dann nachts nicht mal mehr richtig einschlafen kann, weil man vergeblich in Gedanken noch versucht, alle guten Gags des Abends zu rekonstruieren.

Ein Gedanke zu „BERND BEGEMANN, 16.10.2014, Wohnzimmer, Stuttgart

  • 17. Oktober 2014 um 22:01 Uhr
    Permalink

    Wenn ich noch ergänzen darf: Foto Nr. 16 zeigt eine ca. A1-großes Plakat. Darauf ist eine klitzekleine Auswahl seiner Liedtitel gelistet. Das Plakat liegt auf dem Boden. In der Pause erkärt uns der auftretende Künstler, dass er während des Konzertes ab und zu darauf linst und sich inspirieren lässt, welchen Song er als nächstes singen könnte, um es mit dem aktuellen zu verknüpfen oder zu kontrastieren.
    Faszinierendes Konzept. Großartige Show!

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