QUILT, KLAUS JOHANN GROBE, 17.09.2014, Manufaktur, Schorndorf

Klaus Johann Grobe

Foto: Steffen Schmid

Doppelkonzert. So was hatten wir bisher auch nicht so häufig meines Wissens nach. Zwei gleichberichtigte Bands was die Spielzeit angeht, beide durch Sounds lang zurück liegender Dekaden inspiriert, aber im Grunde doch komplett verschieden klingend. Interessantes Konzept, mal was anderes. Und noch unterschiedlicher als der Sound der Bands werden die Reaktionen am Ende auf das Dargebotene sein.

Zeitgenössische Popmusik aus der Schweiz, die mich interessiert, da habe ich wirklich nicht sehr viel auf dem Schirm (wahrscheinlich sogar gar nichts, wenn ich genauer darüber nachdenke), umso erfreulicher also, dass man hier die aufregenden Newcomer Klaus Johann Grobe live begutachten kann. Sperriger Name, schweizer Herkunft, warum ausgerechnet das Chigagoer Label Trouble In Mind Records (u.a. Jacco Gardner und Ty Segall) die Jungs gesignt hat…muss wohl an der Musik liegen. Oder doch am anglo-amerikanischen Faible für Sachen, die so 120% nach Germany klingen (Kraftwerk docet)?

Klaus Johann Grobe

Foto: Steffen Schmid

KJG habe nicht nur einen sehr deutschen Namen, auch ihre Musik ist sehr deutsch. Nicht nur die Texte sind es, aber v.a. auch ihre Klänge. Neo-Krautrock steht auf ihrer Homepage, und dem kann man nur zustimmen. Nach einem psychedelischen Intro mit einer Orgel, die an beste Pink Floyd zu Let There Be More Light Zeiten erinnert, setzt der straighte Beat ein, der Bass hackt ebenfalls repetierende Themen, der unauffällige Gesang, mal alleine vom Keyboarder, mal mehrstimmig mit Unterstützung des Drummers, unterstützt das Ganze kongenial. Wenn man Can oder frühe Kraftwerk sagt, liegt man bestimmt nicht ganz daneben. Das poppige Element kommt dann meist in den Refrains zum Tragen. Diese sind meist melancholisch-melodischer Natur, und wenn einem jetzt ganz entfernt Die Sterne einfallen oder frühe NDW Bands, ist das auch nicht verkehrt.

Klaus Johann Grobe

Foto: Steffen Schmid

Es gibt durchaus schnellere und langsamere Stücke, manche sind krautiger, manche poppiger, aber im Großen und Ganzen wird einem recht einheitlichem Stil gefrönt. Was bei den guten Songs für eine hypnotische Euphorie sorgen kann, bei den nicht ganz so starken Songs mich kurzfristig etwas teilnahmslos werden lässt. Interessant auch die Assoziationen von befreundeten Zuhörern. Thomas O. fühlt sich irgendwie an Trans Am erinnert, Joe W. gemahnt der Bass sogar an Serge Gainsbourg, während mir tatsächlich die in der Erinnerung verschwunden geglaubten Berliner Mina einfallen.

Klaus Johann Grobe

Foto: Steffen Schmid

Nichtsdestotrotz klingen KJG aber nach KJG, eine Kombo mit einer vielversprechenden Zukunft vor sich. Die Liveperformance ihrer Musik zeigt, dass sie sehr gut miteinander spielen können, und ihren Songs viel Dynamik einhauchen. Wenn das Repertoire ab der nächsten Platte nur noch Kracher enthält, wird das noch mehr Spaß machen in Zukunft. Ach ja, eine Zugabe gibt es noch nach einer guten Stunde, und die CD „Im Sinne Der Zeit“ kauf ich mir am Merch dann natürlich auch.

Quilt

Foto: Steffen Schmid

Quilt aus Boston kommen kurz nach 22 Uhr auf die Bühne, und, um es gleich vorweg zu sagen, begeistern mich total. Das Intro besteht aus psychedelischem Gitarrengeflirre, welches dann übergeht in ein getragenes Midtempo-Stück. Was gleich auffällt ist der ungemein wohlklingende Gesang. Die Hauptstimme besorgt die Gitarristin Anna Rochinski, während Gitarrist Shane Butler und Drummer John Andrews die Melodie mehrstimmig, harmonisch begleiten. Der Solo-Part besteht aus zweien, jede für sich solierenden Gitarren. Gefällt mir schon mal sehr gut. Joe W. fühlt sich an Jefferson Airplane erinnert.

Ich werfe nach dem zweiten Song The Byrds als gut passenden Vergleich in die Runde. Schön perlende Westcoast-Gitarren mit Psychedelictouch, sehr melodischer, zweistimmiger Gesang, alles Zutaten, die mein Herz erfreuen. Der Sound ist übrigens sehr gut, so kann man wunderbar raushören wie extrem musikalisch die Band ist. Der Sound klingt reichhaltig, fein ausarrangiert in all seinen Ornamenten, aber nicht überladen. Die Stücke selber strotzen vor Abwechslungsreichtum, es wird nicht eine Sekunde langweilig.

Quilt

Foto: Steffen Schmid

„Arctic Shark“ mutet fast wie ein American Traditional an, welches man in ein Sixties Soundgewand gekleidet hat. Nicht der einzige Song, der solche Elemente aufweist. Fotograf Steffen kann damit übrigens nicht so viel anfangen und votiert deshalb für KJG als seine Gewinner des Abends. Joe W. meint, dass Quilt ebenso wie KJG nicht die allerstärksten Songs hätten, aber einen tollen Sound und Stil. Und um es noch komplett verwirrend zu machen, habe ich den Eindruck, dass Quilt über starke Songs und einen tollen Sound verfügen. Drei Toptypen, drei Topmeinungen. Doch weiter im Text.

Ein anderer Song ist überwiegend Uptempo gehalten, hat einen durch ein plötzliches Break gedrosselten, aber rhythmisch treibenden Mittelpart. Saublöder Vergleich, aber vom Ding her ist das so geil, wie wenn Slayer bei einem ihrer Songs den gleichen Kniff anwenden. Das ist furchtbar dufte und begeistert mich!

Quilt

Foto: Steffen Schmid

Für mich wirkt es tatsächlich so, als würde die Musik von Quilt richtiggehend leben. Musik, die mit ihrer Mischung aus Melodik, harmonischen Arrangements und Vielseitigkeit, genau meinen Geschmack trifft, und deswegen stört es mich nicht, dass die Band auch keine denkwürdige Bühnenperformance abliefert. Bei der nicht allzu einfachen Musik, trotz allem gut hörbaren Popappeal, konzentriert man sich auch lieber auf die Instrumente. Die vielen Breaks wollen sauber getroffen, die Gitarrenpickings clean gespielt, die vielen Gitarreneffekte, u.a. mein Lieblingseffekt Tremolo, präzise ein- und ausgeschaltet werden. Anna, in deren zurückhaltende Bühnenpräsenz und big hair ich mich mittlerweile etwas verliebt habe, greift gegen Ende auch des öfteren in die Orgel, und fügt dem Sound eine neue Facette hinzu.

Die Band wird noch für zwei Zugaben zurückgerufen. Ebenso viele CDs kaufe ich mir noch danach am Merch, bedanke mich noch bei der Band für ihre Teilnahme am Q&A, und stelle fest, dass mir musikalisch live dieses Jahr nicht vieles so gefallen hat wie Quilt.

Quilt

Foto: Steffen Schmid

Klaus Johann Grobe

Quilt

6 Gedanken zu „QUILT, KLAUS JOHANN GROBE, 17.09.2014, Manufaktur, Schorndorf

  • 18. September 2014 um 22:45 Uhr
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    Für Thomas O waren Quilt die Gewinner des Abends.
    Auch mir hat dieses Jahr nicht vieles so gefallen, ganz großes Kino war das!

  • 19. September 2014 um 10:11 Uhr
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    Joe W. sieht ebenfalls Quilt als Gewinner des tollen Abends. Von KJG ist aber sicher noch Einiges zu erwarten. Danke für den schönen Bericht und die wunderbaren Fotos.

  • 23. September 2014 um 22:58 Uhr
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    Richard M hat KJG besser gefallen! Sorry Thomas, Sorry Joe :D

  • 24. September 2014 um 22:14 Uhr
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    ist schon Ok Richard M :D

  • 8. Oktober 2014 um 17:32 Uhr
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    bertram p war nun nicht am Abend zugegen, allerdings hört er sich gerade KJG an – das ist ja ziemlich cool. Ich assoziiere auch Mina, eine unterschätze Band und hierzulande nur noch wenig bekannt.
    Weitermachen!

  • 9. Oktober 2014 um 21:20 Uhr
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    KJG spielt am 08.11. im Keller. Lust?

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