GUZ, 03.05.2014, Rakete, Stuttgart

Guz

Foto: Michael Haußmann

Es ist doch immer wieder schön, wenn Konzertabende mit passender Grundstimmung anlaufen. In diesem Fall mit den Herren Melvin Raclette und GUZ. Viele Geschichten wird es diesen Abend geben, von Männern, die Punkbands gründeten, um die Aufmerksamkeit der Angebeteten zu bekommen (GUZ) oder einen ihrer Lieblingssongs von Neutral Milk Hotel zu covern, um ihr zu imponieren (Melvin Raclette). Dafür zeige ich doch gerne die Herzkarte!

Den Auftakt gibt erst mal Melvin Raclette, alias Kevin Kuhn, der auf gig-blog bereits als Hansdampfinallengassen betitelt wurde. Zurecht, im selben Atemzug kann man noch die Bands Die Nerven, All Diese Gewalt und Wolf Mountains nennen, in denen er als Schlagzeuger unterwegs ist. Heute, ganz solo, nur mit Gitarre steht er auf der kleinen Bühne. Locker gefüllt mit einem sympathischen Publikum ist die Rakete, als die ersten Klänge ertönen. Es gibt einen 45-minütigen Ritt durch Rhythmus, Lautstärke, Tonart und Tempo mit Gesang im Lo-Fi Freistil: Werbejingles der 90er, ein paar Coverstücke, u.a. „The Look of Love“ von ABC, ein bisschen KISS, ein mit viel Hall unterlegtes „Twin Peaks“-Intro. Als das Pfeifen während eines Schlagerstücks etwas schwach ausfällt, wird das Publikum gebeten, sich einfach das Pfeifen von Klaus Meine vorzustellen. Kann man machen, die smarten Zwischenansagen von Melvin Raclette sind in jedem Fall sympathischer: „Ich weiß nie, was dabei rauskommt, aber ich glaube es war ok.“ Aber sicher doch, es gibt herzlichen Applaus, ein paar Zugaben folgen, dann wird von Melvin Raclette das Knöpfchen am Marshall-Verstärker ausgeschaltet, und er hüpft von der Bühne.

Melvin Raclette

Foto: Michael Haußmann

Nach einer kurzen Erfrischungspause betritt GUZ die Bühne. GUZ alias Olifr M. GUZ aka Oliver Maurmann ist ebenfalls in diversen Formationen zuhause. Frontmann der Schweizer Band Aeronauten, mit Knarf Rellöm und Bernadette La Hengst bildet er zusammen Die Zukunft, angesiedelt im Umfeld der Hamburger Schule. Da kommt einiges in der Diskographie zusammen. Das kann auch schnell zu Verwechslungen führen, ein paar Leute wären bereits gegangen, erzählt GUZ, da sie dachten die Aeronauten würden an diesem Abend spielen. Ist aber erst in zwei Wochen soweit, heute geht es um GUZ, der ganz vergnügt, seine Vox Apache 2 Gitarre mit eingebauter Rhythmusbox umschwingt, um ganz countryesk mit „Going down the River“ zu starten. Sein im Herbst letzten Jahres erschienenes Album trägt den freundlichen Titel „Der beste Freund des Menschen“.

Guz

Foto: Michael Haußmann

Es gibt die charmant-höfliche Ansage ans Publikum, über das Konzert folgendes zu erzählen: „…dass es erst etwas verhalten war, der Sänger war noch nicht richtig drin, aber am Schluss des Konzertes wusste keiner mehr seinen eigenen Namen“. Bei dieser Bitte hat Stimmung mit angezogener Handbremse auch wirklich keine Chance, die Lacher sind auf seiner Seite. Eine minimal angelegte Performance wird auch geboten, indem die als Bühnendeko dienende Stehlampe angeschaltet wird, um darauf hinzuweisen, dass just im Moment ein Gitarrensolo gespielt wird.
Die Altersangaben bei „Parisenne People“ stimmen nicht mehr; aber, so bekommen wir von GUZ bestätigt, im Herzen sind wir doch alle jung.

Seine Texte bieten eine Erlebniswelt verschiedenster Stimmungs- und Gefühlslagen, amüsantes, komisches, wütendes, verwirrendes. So zum Beispiel, die Frau, die auf dem Campingplatz den Fitnessteller serviert, gesungen in „Zeltplatz“.

Guz

Foto: Michael Haußmann

GUZ hat seine eigene Verbreitungsstrategie entwickelt, Kaufbedürfnisse beim Publikum zu wecken, subtil wird zwischendurch auf das Merchandising hingewiesen.

„Vor Neid zerfressen“, in schrammlig-punkiger Manier wird mit einem solch totalen körperlichen Einsatz auf der Akustikgitarre gespielt, dass GUZ kurz hintenüber von der Bühne stolpert und die Brille verliert, aber kein Grund zur Sorge „alles extra einstudiert“ für diesen Augenblick, wird uns versichert.

Guz

Foto: Michael Haußmann

„Guz haut uns raus und singt ein Scheisslied“ heißt es in eben erwähnter folkig-punkiger Nummer „Scheisslied“, bevor sich alle an den Zugaben erfreuen können, und GUZ, der beste Freund des Menschen, bestimmt auch unser bester Freund geworden ist.

Guz

Melvin Raclette

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