BOOTSY COLLINS, 24.02.2014, LKA, Stuttgart

Bootsy Collins, LKA

Foto: Andreas Meinhardt

Eklektizistisches Musikhören ist das Tollste! Gestern brachten mich im Wangener Longhorn Moderat zum Schwelgen. Zur Zeit läuft bei mir das wunderbare Album „Effra Parade“ von The Meldodic rauf und runter (Kauftipp!!) und gerade komme ich von Bootsy Collins, der mich heute Abend schon wieder in den Konzertsaal an der B10 lockte.

Was war das eigentlich genau: Gottesdienst, ein kleiner Moment der Geschichte der Nachkriegspopulärmusik oder ein Riesenkasperletheater? „I don’t giva a Funk“ würde Bootsy jetzt wohl sagen und der Mann, der heute mit dem Mutterschiff von irgendwo unter uns landete, hätte damit definitiv und unbestreitbar Recht. Zusammen mit einem Dutzend Musiker, Hupfdohlen, Zeremonienmeistern und ganz viel Liebe und Funk im Gepäck bewies er auf der einzigen deutschen Station seiner Tournee „Funk is making something out of nothing“. Recht hat er!

Bootsy Collins, LKA

Foto: Andreas Meinhardt

Im goldenen Paillettenschlafanzug und mit einem gleichfarbigen übergroßen Knautschzylinder auf dem Kopf kam der Mann mit dem Sternenbass kurz nach halb Neun auf die Bühne und hatte die Sache für ca. zwei Stunden im Griff. Natürlich gab’s P-Funk vom Feinsten, doch das ist nicht der Grund, warum ich immer noch ein Dauergrinsen im Gesicht habe, während ich das hier tippe. Noch nie war ich auf einem Konzert, auf dem die Mannschaft auf der Bühne jedes, aber wirklich jedes Frage- und Antwortspiel mit dem Publikum spielte, und es keinem langweilig wurde, sondern alle nach mehr verlangten. Noch nie war ich auf einem Konzert, auf dem eine Band geschätzte 300 Mal den selben Vers wiederholte. Das Mantra des Abends war: „Funk is making something out of nothing“.

Bootsy Collins, LKA

Foto: Andreas Meinhardt

Als er nach einer halben Stunde den Laden unter Kontrolle hatte und wir ihn alle liebten, verschwand Bootsy erstmal von der Bühne und überließ diese seiner Funky Unity Band und zog sich bei „Groove is in the Heart“ (kennen wir natürlich alle von Deee Lite) zum ersten Mal um. Wieder kam er mit einem roten Straussenfederhut und im Funkeldrakulamantel. Wahrscheinlich müsste diese lebende Comicfigur sich einfach nur auf die Bühne stellen und hinter seiner Sternenbrille breit grinsen und man würde ihn lieben. Doch der Charismatiker ist auch ein wahnsinnig guter Bassist. Wenn er in die Saiten greift, draufdrischt, slappt und wie ein Derwisch auf seinen Effektgeräten rumhüpft, dann geht das in die Eingeweide und groovt und brummt, kann aber auch losheulen, wie ein Düsenjet beim Durchstarten. James Brown, George Clinton, Snoop, Stefan Raab, Bully Herbig, Fatboy Slim,… wer immer einen funky Bass wollte, rief Bootsy an. Denn: „Funk is making something out of nothing“.

Vor dem letzten Drittel des Abends zieht sich der Meister nochmal um. Passend zum Song Casper kommt er mit einer Art Paillettenponcho zurück, auf dem das kleine Gespenst abgebildet ist. Was der Cowboyhut aus Seesternen soll, keine Ahnung, mir doch Wurscht, sieht aber doll aus. Inzwischen sind auch alle Wortspiele und Kalauer mit „Funk“ abgefeuert, die überhaupt irgendjemand auf dem Planeten schon mal eingefallen sind: „I wanna funk you“, „Let’s funk together“, „Fingerfunkin’“…. allen anderen wäre ich dafür böse und hätte die Nase gerümpft, nur Bootsy, der hier einen großen Kindergeburtstag feiert, der darf das. Klar: „Funk is making something out of nothing“.

Irgendwann muss der Poncho runter, denn wir sind ja in „Sduddgard“ und damit wir ihn aber auch restlos lieben trägt Bootsy ein VfB-Trikot darunter. Passt prima zum Style, denn da ist ja auch ein Stern drauf, nur halt mit drei statt mit fünf Zacken. Kommt bombig an und höchstens ein paar Auswärtige oder Badener sind verschnupft, aber auch die können ihm nur ein Minütchen böse sein. Die Roten haben zur Zeit ja bekanntermaßen jede Unterstützung nötig. Seit ich weiß, dass Bootsy ein Brustringträger ist, bin ich sicher, wir werden nicht absteigen: „Funk is making something out of nothing“.

Bootsy Collins, LKA

Foto: Andreas Meinhardt

Bootsy muss nun in die Menge und jeden umarmen, herzen, küssen und begrüßen, der gekommen ist. Die Band funkt einfach weiter, reicht, dass der Seestern in der Masse nicht untergeht. Als die Bühne wieder erklommen ist, gibt’s Rosen und Kuchen für alle, die was abbekommen, denn hier wird nun Tourneeabschluss gefeiert. Zugabe gibt’s so richtig keine, denn inzwischen sind so viele Zuschauerinnen und Zuschauer auf die Bühne geholt worden, dass die so voll ist, dass die Band fast keinen Platz mehr hat. Egal, dass Bootsy einfach verschwindet und wir ohne ihn weitermachen müssen, wir wissen ja jetzt: „Funk is making something out of nothing“.

Am Eingang gab’s eine Set-List in die Hand, das ist nett und die gibt’s hier nun für alle zum Nachlesen:

Intro: Shine-O-Mite
Ah, the Name is Bootsy
Rubber Duckie
Psychotic Bump School
Pinocchio Theory
Hollywood Squares
Mothership Connection
Groove is in the heart
Don’t take my Funk away
Body Slam
Roto Router
I’d Rather be with You
Them Changes
Flashlight
Casper
Strechin‘ Out
Touch
Gaga Goo Ga Ga
Hits
Encore: One Nation Under a Groove

Bootsy Collins

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