DREAM THEATER, 30.01.2014, MHP-Arena, Ludwigsburg
Langsam wird’s Zeit nach Nachfolgern zu schauen. Mittlerweile geht’s direkt von der Krankengymnastik auf die Konzerte, heißt: Jedes Konzert könnte das Letzte sein, jeder Artikel könnte gleichzeitig auch als Epitaph dienen. Zum Glück habe ich einen Sitzplatz heute Abend, und nach einem bombastischen Introfilmchen mit allen Plattencovern von Dream Theater geht es schon präpensionärsfreundlich Punkt 20 Uhr los.
Ziemlich voll ist die Arena, aber nicht ausverkauft. Zusammensetzung? Hauptsächlich Männer mittleren Alters, die Fraktion des auch nach Außen hin sichtbaren beinharten Metallers ist eher nicht so zahlreich vertreten.
Ich durfte ja vor zwei Jahren Dream Theater das erste Mal live sehen, und mein Wissenstand ist auch nicht besser als damals. Ich kenne mich also immer noch nur in der Frühgeschichte der Band aus. Heißt für heute, dass ich noch weniger Songs letztendlich kennen werde, da die Band eine ganz andere Setlist spielen wird als vor zwei Jahren.
Mit „False Awakening Suite“ und „The Enemy Inside“ besteht der Auftakt gleich mal aus den ersten beiden Songs des letzten Albums. Erster Eindruck: Der Sound ist sehr gut, viel besser als damals in der Liederhalle. Bei dieser Musik, die gespickt ist mit vielen Noten, komplizierten Arrangements und tausend Breaks enorm wichtig. Bühnenlicht und Visuals sind ebenfalls extrem hochwertig. Das sind ja schon mal prima Ausgangsbedingungen.
James LaBrie ist ebenfalls gut bei Stimme, begrüßt uns nach dem dritten Stück „The Shattered Fortress“, und erklärt wie wichtig das deutsche Publikum für Dream Theater sei. Danach geht es mit „On The Back Of Angels“ aus dem Jahre 2011 weiter. Verdammt epischer Beginn das Sück. Der folgende Song „The Looking Glass“ vom neuen Album hingegen, erinnert mich schon ziemlich deutlich an Rush. Es hieß ja schon zu Debütalbumzeiten, dass die Band Rush-Einflüsse aufweise, aber das fällt mir bei dem Stück jetzt erst auf. Nach 25 Jahren, immerhin. Der Gitarrensolo-Part hingegen erinnert mich ziemlich deutlich an U.K.. Petrucci kann halt alles spielen, schlimm ist das mit dem.
Über die technischen Qualitäten der einzelnen Musiker, und wie perfekt alles ineinandergreift, muss ich wohl nicht viel erzählen. Das ist absolutes Oberlevel. Wenn Keyboarder Jordann Rudess und Petrucci in einem Höllentempo synchrone Läufe spielen, da wackelt nix oder klingt unsauber. Leute, für welche die letzten Johnny Cash Platten, oder die Rauheit der White Stripes das Nonplusultra an musikalischem Ausdruck sind, werden hier nicht glücklich.
Nach 75 Minuten gibt es ein viertelstündiges Break, in welchem amüsante Fake-Werbeclips laufen (Actionfiguren der einzelnen Dream Theater-Mitglieder), bzw. Fanvideos, in denen diese Musik von Dream Theater nachspielen. Das ist teilweise ziemlich bezaubernd.
Um ca. 21:30 Uhr geht es weiter mit vier Stücken aus dem “Awake“-Album, das dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum feiert. Wobei das für Dream Theater ungewöhnlich raue „The Mirror“ auffällt. In der Rückschau könnte man sagen, dass Panteras „Vulgar Display Of Power“ die Metal-Szene ganz schön beeinflusst hat. Mein Highlight ist aber das atmosphärisch dichte und etwas sinistere „Space Dye Vest“, welches mich heute (ist mir vorher noch nie aufgefallen) an Crimson Glory’s „Lost Reflection“ erinnert.
Jetzt, warum bin trotzdem nicht komplett ausgeflippt bei dem Konzert? Von der Songauswahl mal abgesehen, ich hätte mir noch paar Hits der ersten beiden Alben gewünscht, war mir das Konzert für diese Art von Musik einfach zu lang. Einerseits natürlich toll, weil man natürlich eine Menge für sein Geld geboten bekommt. Aber bei mir hält der Spannungsbogen einfach nicht so lang. Irgendwann ist der Speicher voll mit den vielen Noten, den vielen Breaks, und meine Aufmerksamkeit lässt nach. Genau das, was Kritikern der Musik der Band vorwerfen, ob es denn nötig sei wirklich soviel reinzupacken und immer zeigen zu müssen, wie virtuos man ist, könnte man jetzt auch auf das Konzert übertragen. Einfach ein bisschen too much erscheint es mir auf Dauer, wobei ich ziemlich sicher davon ausgehe, dass hier die Grenzen, was zuviel ist, von Person zu Person sehr unterschiedlich sind.
Wer weiß wie das damals Anfang der 90er bei ihrem ersten Konzert hier in der Rofa war. Zeitzeugen dürfen mich gerne aufklären.
ganz bei dir domi, ganz bei dir…