YALTA CLUB, 18.01.2014, Zwölfzehn, Stuttgart

YALTA CLUB, 18.01.2014, Zwölfzehn, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Eigentlich klingt es doch ganz simpel: Eine Band muss einfach nur überzeugende Gigs spielen und jeder Besucher, dem es gefallen hat, wird beim nächsten Mal wiederkommen und noch einen Freund mitbringen. Rein mathematisch ist der Erfolg dann nicht mehr aufzuhalten. Soviel zur Theorie. Dass dies in den allermeisten Fällen nicht so einfach funktioniert, haben wir schon auf vielen mau besuchten Gigs von Bands erlebt, die nach dieser Formel eigentlich ein viel größeres Publikum verdient hätten.

Und jetzt die gute Nachricht für alle Bands: Es funktioniert doch!

Yalta Club, die sechsköpfige Band aus Berlin und Nantes, hat dies gestern im Zwölfzehn eindrucksvoll bewiesen. Auf dem PopNotPop-Festival im November waren sie das Überraschungs-Highlight im Schocken. Dort haben sie ein derartig mitreißendes Set hingelegt, dass sie nach genau dieser Formel zwei Monate später für ein proppenvolles Zwölfzehn sorgen.

YALTA CLUB, 18.01.2014, Zwölfzehn, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Dem Vernehmen nach ist der Andrang allerdings (noch) nicht auf allen Tournee-Orten so groß. Für uns bedeutet das also: Stuttgart ist – dank des PopNotPop-Festivals – ein gutes Pflaster für Yalta Club geworden, und wir dürfen uns Hoffnungen machen, dass wir auch in Zukunft einen festen Platz im Tourkalender bekommen.

Ohne lang zu fackeln wird das Set mit dem Hit „Highly Branded“ eröffnet, und dies mit einer derartigen Begeisterung und Vehemenz, dass das Publikum schon mit dem ersten Titel im Sturm erorbert ist. Selten habe ich eine Band erlebt, die mich so schnell packt. Bis auf den Sänger Geff, der noch einen leicht verschlafenen Eindruck macht, sind alle sofort auf Betriebstemperatur. Yalta Clubs Songs leben von feinem Harmoniegesang, treibenden Rhythmen und abwechslungsreicher Instrumentierung. Neben der klassischen Rockbesetzung und Keyboards kommen eine Ukulele, verschiedene Percussions, eine Trompete, Melodica und ein Euphonium zum Einsatz.

Stilistisch kann man das wohl als Indie-Folk-Pop einsortieren, aber gerne geht’s auch mal quer durch den Gemüsegarten: Spuren von Offbeat, Polka und Blasmusik sind genauso zu finden wie Afro-Gitarren. An diesen Stellen würde ich mir durchaus einen Vergleich mit Retro Stefson erlauben. Die Melodien sind verdammt eingängig (böse Zungen würden das vielleicht als gefällig bezeichnen) – und genau dies macht den unwiderstehlichen Charme von Yalta Club aus. Das macht einfach nur Spaß und verbreitet maximale gute Laune. (Auch wenn die Titel wohl durchaus ernstzunehmende, auch kritische Inhalte haben sollen. Dies war in bei der gestrigen Party allerdings nicht herauszuhören)

YALTA CLUB, 18.01.2014, Zwölfzehn, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Sängerin und Multiinstrumentalistin Corinna steht natürlich im Mittelpunkt des Interesses. Mit ihrem Strahlen und kaum zu bändigenden Bewegungsdrang strahlt sie eine Energie und Begeisterung aus, dass wirklich kaum einer im Saal unbewegt bleibt.

Bei der A-Capella-Nummer „Loser Song“ ist dann tatsächlich der gesamte Laden beim Mitklatschen und Mitsingen. Und es entwickelt sich einer dieser wunderbaren Momente, in dem sich Band und Zuschauer gegenseitig zu immer neuen Höchstleistungen anstacheln.

Das Programm wird nahezu ohne Pausen durchgebolzt, die Band gönnt sich und Publikum kaum eine Atempause. Eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit. Darauf gepfiffen, dass da mal der ein oder andere Akkord im Eifer daneben geht. Weitere Höhepunkte sind das wunderbar fluffige Bowie-Cover „Starman“ sowie die Rocksteady-Nummer „What’s Coming After“. Nach gut eineinhalb Stunden geben Yalta Club ihre letzte Zugabe – und zwar nochmals „Highly Branded“, diesmal aber unplugged inmitten des begeisterten Publikums. Ein wunderbarer Abschluss für ein Konzert, das es mit großer Wahrscheinlichkeit in meine Jahres-Top-Ten schaffen wird.

YALTA CLUB, 18.01.2014, Zwölfzehn, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Einen kleinen Nachteil hat der flotte Erfolg allerdings: Die Produktion des ersten Albums kann mit diesem Tempo nicht mithalten. Es wird leider erst Ende März fertig. Gestern Abend wäre es sicher weggegangen wie geschnitten Brot. So mussten sich die Fans, die den Merch in dichten Trauben umlagerten, mit einer kleinen, aber dafür sehr liebevoll gestalteten Selbstgebrannten zufrieden geben. Kleiner Trost: Diese CD wird sicher mal ein Sammlerstück und dient später als Nachweis: Ich bin ein Yalta-Club-Fan der ersten Stunde!

YALTA CLUB, 18.01.2014, Zwölfzehn, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

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