NAAM, AQUA NEBULAR OSCILLATOR, 10.12.2013, Goldmark’s, Stuttgart

NAAM + AQUA NEBULAR OSCILLATOR, 10.12.2013, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Wir waren irgendwo beim Charlottenplatz am Rande des Goldmark’s, als die Musik zu wirken begann. Ich weiß noch, dass ich so was sagte wie: „Mir hebt es die Schädeldecke; vielleicht solltest du schreiben …“ Und plötzlich war ein schreckliches Getöse um uns herum und der Club war voller Wasser, Nebel, und …

NAAM + AQUA NEBULAR OSCILLATOR, 10.12.2013, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Heliumstimmengewirr eröffnet das Konzert, irgendetwas wie eine Slow Moo-Kuh, Vogelgezirpe, Synthie-Grummeln, Wassergluggern, aufschwebende Töne. Der Rest der Band gesellt sich zu ihrem Keyboarder. Schlagzeugbecken werden angeschlagen. Warmer analoger Synth-Sound à la Pink Floyd bildet Flächen. Das Ganze steigert sich fast unmerklich mit einer durch Underwater-Effekt oder Ähnlichem übersteigerte Vokaleinlage und flächigen Gitarren zu einem verzerrten Klangmeer mit Hammond-Organ-Schlagseite, ehe es in ein zweites, eher im Midtempo-Bereich angesiedeltes Stück übergeht, das stark rhythmusorientiert ist und uns mit nicht minder wirren Synth-Tonkollagen aufwartet wie das erste, bevor der Keyboarder zu den Bongos wechselt.

„In your Dreams“, singt einer – das passt alles zu der Geschichte, dass sie bei einem Auftritt auf Sardinien wahllos Trips im Publikum verteilt haben. Mit den etwas unbestimmten Lyrics über einer endlosen Klangwelle, die vor allem vom Bass getragen wird, könnte es dann wie OM klingen, wären da nicht die verschwurbelten sechzigermäßigen Keyboard-Läufe an Blubbergeräuschen mit Herzschlag serviert.

Das nächste Stück wird dann sogar doch fernöstlich in der Gitarrenmelodie und ihrem Sound, bevor sich die Band daran erinnert, dass sie vor allem eine Rock-Band ist, ein paar fette Riffs klopft und anschließend alles in einem großen Topf verrührt.

Ganz langsam verliert man die Bodenhaftung, löst sich in Purpurnebel auf. Der Keyboarder lässt einen schrillen Ton um die lässige Gitarre oszillieren, während Bass und Schlagzeug einen langsamen Rhythmus anschlagen, der mir angenehme Bilder von Bands am Strand in den Kopf spült (und das, obwohl ich Strand wegen Sonne nicht ausstehen kann). Alles wird leicht und abgehoben, verschwimmt unterschiedlos. Und hat er auch erst Englisch gesungen, dann Französisch, ist es schließlich nicht mehr zu identifizieren, wie die Übergänge von musikalischen Ideen zu musikalischen Ideen, von Song zu Song. Man schwebt davon in einer Endlos-Abwechslungsschleife, in der alles und nichts wiederkehrt.

Ganz langsam schweben wir schließlich zurück zum Bodenkontakt, und das Set von Aqua Nebular Oscillator endet akustisch, wie es begonnen: mit schwebenden Tönen, Wassergegurgel und wirren Heliumstimmen.

NAAM + AQUA NEBULAR OSCILLATOR, 10.12.2013, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Plötzlich ist mehr Bewegung auf der Bühne. Die zweite Band wiegt sich in ihren mehrstimmig vorgetragenen Gesangsmelodien – fast Folk-lastig sind sie, wäre da nicht der heftige Rhythmus und die warme dreuende Gitarre, die im wie immer fotografenuntauglichen Licht des Goldmark’s dahintreibt. Hatten wir zuvor schon gluckerndes Wasser, so ist es nun eine wogende See, auf der wir wie ein hilfloses Floß dahin treiben vor den nicht minder wogenden Riffs.

Eine Bassmelodie peitscht auf, aber nicht als stürmischer Wind, sondern erleichternd wie für eine Feder, dahingeweht. So eine Art Wolves In The Throneroom ohne Black Metal, atmosphärisch tragend; mehr noch wirken so die unverständlichen Vocals als das Oh-Oh-Oh des Hintergrundgesanges des Bassisten. Aber der schlägt im nächsten Song einen Flying Eyes-mäßigen Gesang an. Die Knie wippen. Dann löst sich das Midtempo in eine verträumte Gitarrenmelodie auf.

Das Räucherstäbchen glimmt, und der Keyboarder dreht am Effektregler, die Saiteninstrumente werden breakig, und der Schlagzeuger ist agitiert. Irgendwelche lyrischen Selbstbetrachtungen über die eigene Authentizität des Gitarristen verebben in Applaus, bevor sich der Sound irgendwo zwischen OM und Velvet Underground erneut erhebt.

Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, vielleicht verwischen sich da auch die Assoziationen: Erinnert es mehr an The Doors oder an The Flying Eyes, die mich an The Doors erinnern? Da ist so eine diffuse, kränkelnde Stimmung, schwebend, warm, destruktiv. Das Song-Ende kommt zu abrupt, um das zu ergründen. Vielleicht werfe ich auch im falschen Moment einen Blick auf den Schlagzeuger mit seiner albernen Sonnenbrille, was mich ablenkt. „… I caught a fleeting glimpse. Out of the corner of my eye. I turned to look but it was gone. I cannot put my finger on it now …”

Wir sind alle “Skysprapers” ohne Gitarre. Kratzen an den Wolken. Den Kopf im Nebel. Aber was ich nicht verstehe, ist warum uns die Band immer wieder auf den kalten Entzug setzt: Die Songs enden. Dauernd ist man gezwungen, sich emotional neu einzulassen. Jedes Stück baut sich neu auf, wo Aqua Nebular Oscillator eher insgesamt nur eines gespielt haben. Dort alles homogen. Auch hier, aber mit Brüchen. Wofür uns runter kommen lassen?

Wir treiben dahin wie eh. Der Stoner-Sound verebbt zu Gunsten weiterer orientalisierender Melodien von Gitarren und Keyboards, während Bass und Schlagzeug sich in Beckengeklingel und hypnotischen Rhythmen verlieren. Haare hängen in Gesichter. Körper wiegen. Köpfe nicken im Takt. Und im sich steigernden Rhythmus und dröhnender Verzerrung ist Schluss.

Als sich die Wogen, die Naam ins Goldmark’s gespült hatten, schon fast wieder geglättet haben, gibt’s noch eine Zugabe:

I’m lucky to have met you
I don’t care what you think
Unless it is about me
It is now my duty to completely drain you

NAAM + AQUA NEBULAR OSCILLATOR, 10.12.2013, Goldmark’s, Stuttgart

Foto: Michael Haußmann

Aqua Nebular Oscillator

Naam

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