FUCK BUTTONS, 03.10.2013, Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln
Es gib sehr viele gute Gründe, um nach Köln zu fahren, um sich die nächstgelegene FUCK BUTTONS-Show anzuschauen. Diese wären: Keine andere Band klingt wie das Duo aus England, keine. Sie gehörten einsortiert nach ihrem 2008er Debüt „Street Horrrsing“ unter „Noise“. Die Band nennt den eigenen Sound „Rainbow Rock“. Rock mit Laptops, Keyboards, viel Einsatz des Distortion Pedal und Dinge, die ursprünglich nicht zum Musizieren gedacht sind wie Kinderspielzeug.
Veröffentlicht wird bei ATP-Records, wo sie sowas wie die Hausband sein dürften. Keine andere Band auf diesem einzigartigen Indie-UK-Label hat jedenfalls so viele Veröffentlichungen. ATP („All Tomorrow’s Parties“) ist ursprünglich ein Festival gewesen, das sich zu einer Serie von Festivals auch außerhalb Englands entwickelt hat. Häufig wird das Lineup von einer Band ausgewählt, es gab aber auch schon eine Ausgabe, die von Matt Groening gestaltet wurde. Die Line-Ups treiben mir jährlich die Tränen in die Augen – es kann unmöglich bessere geben. Dieses Jahr werden wiederholt die legendären SLINT spielen, die – glaube ich – nur noch exklusiv für ATP auftreten. Später wurde dann wie gesagt noch ein Musiklabel ins Leben gerufen. 2009 haben die FUCK BUTTONS dann mit „Tarot Sport“ einen noch größeren Wurf hingelegt. Produziert von der Legende Andrew Weatherall (Primal Scream, My Bloody Valentine) wurde das Album weltweit abgefeiert, und die Band fand immer prominentere Fans die sie auch mit auf Tour nahmen, wie Portishead, Alan Vega (Suicide) und Michael Rother (Neu!). Ein Teil des ersten Stücks „Surf Solar“ hat dann 2012 ein Milliardenpublikum erreicht, da es bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in London verwendet wurde. Gelegentlich geht es hoch hinaus für die FUCK BUTTONS. Beim diesjährigen Glastonbury traten sie als Gegenheadliner gleichzeitig mit oder gegen die Rolling Stones an. Die Engländer wissen scheinbar, was sie an der Band haben. Sind doch fast alle Shows, sogar der Electric Ballroom in London ausverkauft gewesen, wie mir der Manager der Band (der gleichzeitig Roadie, Merch-Typ und restliches Mädchen für alles ist) erzählt. Paris, ja sogar die Shows in Italien – Sold Out. Gestern in Hamburg war es wohl auch nicht so arg mit dem Andrang, Köln ist auch weit entfernt von einem vollen Haus. Da muss man sich doch echt schämen. Insbesondere da das aktuelle Album „Slow Focus“ kein bisschen schwächer geworden ist als die Vorgänger. Im Gegenteil. In England in den normalen Charts irgendwo in den 30ern gelandet, wie sie mir erzählen. Eine Noise-Band. Von der es kein einziges Stück mit normalem Gesang gibt. Die zwei, drei Stücke mit verzerrten Stimmen sind eher zum Fürchten.
Der Club ist tatsächlich Teil des Bahnhofs in Ehrenfeld. Der Innenraum erinnert an unsere Röhre (†). Blaues kaltes Licht, Beton und ein bisschen Nebel von der Vorband hängt noch im oben runden Raum – das sollte für den transzendentalen Lärm passen, der hier gleich auf uns losgelassen wird. Es überrascht mich nicht, dass das erste Stück die #1 von der neuen Platte ist. „Brainfreeze“ ist die ganz aktuelle zweite Single von Slow Focus und ein klassischer FB-Hit. Wer sich das offizielle Video – das total diy ist, wie übrigens fast alles bei dieser Band, also das Visuelle, das immer sehr schöne Album-Artwork, und mittlerweile auch die Musik-Produktion – anschaut, der muss schon über die hohe Chartplazierung in England schmunzeln. Ein von Chris Cunnigham geträumter Albtraum auf Film. Aber das Stück natürlich top top top. Noise-Band sind sie schon wegen der Lautstärke geblieben. Ohne Gehörschutz geht nix, es würde mich nicht wundern, wenn über uns die S-Bahnen aus den Schienen hüpfen.
Das Olympia-Stück „Surf Solar“ kommt als nächstes, zum Runterkommen nach dem ersten Schlag ins Gesicht ganz angenehm.
Dann „Colours Move“ vom Debüt mit echten (tribal) Trommeln. Ziemlich meditativ, eine Mischung aus Afrika-Zeug mit Kirchenorgel und einer Menge Distortion im Hintergrund. Weiter geht es mit dem Stück, das eigentlich für die Olympiade viel passender gewesen wäre „Olympians“ von der Tarot Sport. Die Vinyl-Version der Single ist lange vor der Olympiade in 5 verschiedenen Farben erschienen – eine für jeden olympischen Ring. Da hat der Typ von Underworld, der den Soundtrack für die Zeremonie zusammengestellt hat wohl geschlafen.
„Sentients“ von der Slow Focus, weiterer Album-Hit, der ziemlich aggro und wild dargeboten wird. Im Hintergrund haben wir für jedes Stück natürlich die passenden Visuals, die überlagert werden von in Echtzeit abgefilmten Silhouetten von Hung und Powers.
Das letzte Stück des Abends, das ich erkenne, ist die erste Singe ebenfalls von der neuen, „Red Wing“, mit man glaubt es kaum – roten Flügeln auf der Leinwand. Das Stück klingt erst mal nach Hip-Hop, verwandelt sich dann aber noch zu einem echten FButton.
Da sich Köln doch ganz ok schlägt, was den Applaus angeht, bekommen wir noch Zugaben. Hat Spaß gemacht, die längere Anreise hat sich mehr als gelohnt.