POP MONTREAL, 25.-29.09.2013, Montreal, Kanada
Als ich den Flug zum Musik- und Kunst-Festival POP Montreal buchte, war mir nicht klar, dass der 22. September Wahltag ist. Und noch viel weniger, dass in der vorherigen Nacht wohl tatsächlich das aller-aller-allerletzte Konzert im Wägele stattfinden wird, noch dazu mit Rocket Freudental. Mein Flug geht um 6:30 (morgens!), daher musste ich 1. zum Mittel der Briefwahl greifen und 2. wohl oder übel durchmachen und direkt vom Nordbahnhof an den Flughafen fahren.
Das geht ja gut los – schon mit Jetlag losfliegen.
Auf die Idee mit diesem Festival hat mich eine kanadische Musikerin nach ihrem Konzert in Stuttgart gebracht. Sie meinte, dass dieses Festival viel besser als das “Canadian Music Fest” in Toronto sei. Dort war ich letztes Jahr.
Und es hat offenbar tatsächlich einen ziemlich guten Ruf. Alle Leute, mit denen ich hier spreche, sind voll des Lobes über das Festival. Auch jede Band dankt bis kurz vor der Ironiegrenze überschwänglich dem Festival:
“Thanks so much to POP for having us!”
“POP’s awesome!”
“POP’s like X-mas!”
“And thanks to POP Montreal for …. ähm …. being POP Montreal!”
(auf das “Artist” Armband zeigend) “This is the best present I’ve ever got!” (usw.)
Aber bis es soweit kommt, steht erst die sehr unkomfortable Erstellung eines guten Festival-Plans an. Ich habe mich zuhause überhaupt nicht vorbereitet, hier stehe ich nun vor der selbstgestellten Aufgabe, an den fünf Tagen das beste Programm zusammen zu stellen. Dazu muss ich leider drei Informationsquellen bemühen: die POP Montreal Homepage, das Buch mit einer Kurzbeschreibung aller Bands und dann noch das kurze Festival-Programm mit einem Ortsplan. Was hört sich laut einer twitter-mäßigen englischen Kürzestbeschreibung so gut an, dass man das Konzert unbedingt anschauen muss? Welche anderen Konzerte sind davor und danach in der Nähe oder per Metro zu erreichen? Wofür muss ich ein Ticket kaufen? Wofür gibt es überhaupt Tickets?
Als der Plan für den ersten Tag steht, geht’s los. Die Konzerte finden hier überall statt, von den üblichen Konzertsälen über Clubs und Bars, öffentlichen Parks, Klamottenläden und offensichtlich temporären Bühnen bis zu Kirchen ist alles dabei. Jede Band hat genau eine Stunde, immer (abgesehen von wenigen größeren Namen, die dürfen ein richtiges Set spielen). Darauf wird von den sehr vielen und noch viel jüngeren ehrenamtlichen Helfern penibel geachtet. 60min mit Aufbau, Soundcheck, Konzert und Abbau – da bleibt leider nur so ca. 30-40min Spielzeit. Das ist zwar schade, passt aber gut in die heutige schnelllebige Zeit und gibt den Festival-Touristen die Möglichkeit zum nächsten Auftritt zu gehen.
Das waren meine Bands in den letzten fünf Tagen:
Amantani, Angel Olsen, Brendan Canning, Charlotte Day Wilson, Child Actor, COUSINS, Crabe, CTZNSHP, Daniel Noble, Dear Criminals, DIANA, Emily and Ogden, Emperess of, Filthy Haanz, Folly and the Hunter, Foxtrott, Fragile Feet, Gazoline, Gianna Lauren, Girl Arm, Half Baked, Heavy Cobra, Holobody, Hunting, Lakes of Canada, Leif Vollebekk, Loose Pistons, Metro League, Metz, Motel Raphael, No Magic, NONI WO, Oh Land, Pick a Piper, Pillars & Tongues, Ramzi, Rosebuddy, Royal Canoe, Safia Nolin, Soldout, Special Noise, Tal National, The Nymphets, Weaves
Musikalisch habe ich versucht, ein breites Spektrum abzudecken, von leisem Singer-Songwriter bis zur lauten Noise-Punk Band war vieles dabei. Aber die Faszination des Festivals ist einfach nicht auf mich übergesprungen. Es hat leider keine der Bands geschafft, mich so in ihren Bann zu ziehen, dass ich sie mir unbedingt nochmal anschaute, falls sich unsere Wege nochmal kreuzen sollten. Vielleicht lag es einfach an den (meist zu) kurzen Konzerten oder an der (fast überall) viel zu lauten Anlage. Oder es ist doch lediglich der Jetlag, der täglich genau zur besten Konzert-Zeit gnadenlos zuschlägt. Aber wer weiß – evtl. ändert sich das noch, wenn ich mir einige davon in den kommenden längeren Herbst-Nächten nochmal zu Gemüte führen werde.
Tja – Ihr zu Hause habt mir auch nur ein halbes Wahl-Traumergebnis beschert; und die Waggons sind nun wohl leider tatsächlich Geschichte. Mal sehen, was alles passiert, wenn ich nächstes Jahr das NXNE Festival in Toronto besuche…