HUGO RACE & THE FATALISTS, 21.03.2013, Laboratorium, Stuttgart

Hugo Race

Foto: Steve Sonntag

Hugo Race hat einen Jetlag. Er sei gerade 18.000 Meilen angereist, erklärt er. Dies sei das erste Konzert seiner Europa-Tournee und er fühle sich etwas „delirious“. Das sei aber ganz angenehm und er hoffe, dass dieser Zustand noch lang anhalte. Viel mehr wird uns der schlaksige Australier heute nicht erzählen. Ein großer Plauderer ist er nicht, aber ein großer Musiker.

Und als solcher ist er im Laboratorium einfach am besten aufgehoben. Ich muss es gleich zu Beginn loswerden: Ich liebe diesen Laden. Hier kommt keiner her, weil es hip oder schick ist, hier finden sich einfach nur die Freunde guter Musik. Da passt alles: ein intimer Rahmen, die Nähe zur Bühne, der feine Sound, ein Publikum, das zuhört und sich begeistern lässt, ein Zeitplan, auf den man sich verlassen kann. Und ein unaufdringlich-freundlicher Service, der die Getränkeversorgung nicht abreißen lässt. Kurzum: so erfrischend der aktuelle Trend zum Wohnzimmerkonzert ist, das Lab bietet diese Atmosphäre schon seit vierzig Jahren. Und das auch bei etwa hundert Zuschauern, wie sie sich heute eingefunden haben.

Vier gestandene italienische Mannsbilder eröffnen den Abend. Gitarrist Antonio Gramentieri klärt uns auf: sie seien Sacri Cuori, aber nur für einige Titel, danach würden sie sich in The Fatalists verwandeln und mit „Ugo“ einige Titel spielen. Einen instrumentalen Wüstensound produzieren sie, Calexiko oder Giant Sand lassen grüßen. (ein Blick auf die Website verrät hinterher: Als Gastmusiker haben tatsächlich schon John Convertino, Howe Gelb, aber auch Isobel Campbell mitgewirkt.) Rollendes Schlagzeug, Bottleneck-Gitarre, viel Hall. Aber sie können auch anders: flotte Surf-Rhythmen, jazzige Saxophon-Soli, Kirmes-Musik wie z.B. in „Sipario“. Aus der Nähe von Rimini kommen sie, und die Filme von Fellini sind ihre Inspiration. Mit Blick auf ihre imposanten Figuren erklärt Antonio, dass nur Männer über 90 Kilo in ihre Band aufgenommen würden. Fein, drei Viertel des Publikums könnten sich sofort bewerben.

Hugo Race

Foto: Steve Sonntag

Nach einer kurzen Pause betritt also Hugo Race die Bühne. Wie immer im schwarzen Dreiteiler und weißem Hemd. Und einem Glas Rotwein. Keine Frage: der Mann hat Stil. Mit „Dopefiends“ beginnt der zweite Teil des Abends. Das Zusammenspiel mit den Fatalists klappt auf Anhieb, Jetlag und längerer Spielpause zum Trotz. Die meisten Titel des Programms stammen von seinem vorletzten Album „Fatalists„, das er mit den Italienern eingespielt hat. (Wäre mal interessant zu wissen, wie sich diese Künstler eigentlich über die Kontinente hinweg gefunden haben.) Jedenfalls spielen sie sich gemeinsam warm und der Sound wird immer rockiger (mit einer ordentlichen Portion Blues), bei „Slow Fry“ lassen sie es zum ersten Mal richtig krachen. Es dauert nicht lang, dass es die ersten nicht mehr auf ihren Stühlen hält.

Hugo Race

Foto: Steve Sonntag

Hugo und Antonio liefern sich Gitarrenduelle und werfen sich in Pose: Der stämmige, bärtige Italiener und der hochgewachsene Race geben schon ein lustiges Bild ab. Unbedingt zu erwähnen ist auch der Schlagzeuger Enrico Mao Bocchini. Aus einem unerschöpflichen Fundus von Klanginstrumenten zaubert er immer wieder neue Überraschungen hervor, spielt sehr variantenreich und betätigt dazu noch die Melodica. Das Publikum ist begeistert und auch die Band scheint sich am gelungengen Tour-Auftakt zu erfreuen. Vom Jetlag ist nicht viel übrig. Das Spektrum ist groß: von rotzigen Rock-Krachern bis zu sehr ruhigen Balladen.

Zweimal gibt es Nachschlag: das aus dem Publikum geforderte „Too Many Zeroes“ und dann – endlich – ein paar Titel seines aktuellen Cover-Albums „No But It’s True„. Eine erlesene Sammlung von Love Songs hat Hugo Race dort zusammengetragen. Und daraus gibt er an diesem Abend „A Song For You“ (Leon Russell), „Never Say Never“ von Romeo Void und – als krönender Abschluss – „I’m On Fire“ von Bruce Springsteen.

Hugo Race

Foto: Steve Sonntag

Die Setlist:

Dopefiends
No Sterotypes
The Serpent Egg
Snow Blind
No Angel
Slow Fry
Will You Wake Up
Comin Over
Ghost Writer
We Never Had Control
Meaning Gone
Nightvision
Call Her Name
Shining Light

Too Many Zeroes
A Song For You

Never Say Never
I’m On Fire

3 Gedanken zu „HUGO RACE & THE FATALISTS, 21.03.2013, Laboratorium, Stuttgart

  • 23. März 2013 um 09:04 Uhr
    Permalink

    Dies dürfte übrigens der erste Artikel über Hugo Race sein, in dem Nick Cave NICHT erwähnt wird. ;)

  • 23. März 2013 um 09:18 Uhr
    Permalink

    Feiner Text Holger.

  • 5. April 2013 um 14:09 Uhr
    Permalink

    ja, echt fein fein fein fein fein fein fein fein

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