DIE TOTEN HOSEN, ROYAL REPUBLIC, 02.12.2012, Schleyerhalle, Stuttgart

Die Toten Hosen

Foto: Dominic Pencz

Was soll man eigentlich noch sagen über Die Toten Hosen? Nach nun 30 Jahren Bandgeschichte dem x-ten Album auf Platz eins der Albumcharts und dem x-ten Konzert in der Stuttgarter Schleyerhalle. Wie immer ausverkauft. Wie immer in Windeseile. Routine? Vielleicht ein bisschen. Wie sollte es auch anders sein. Aber es fühlt sich nicht so an und am Ende gehen rund 13.000 Zuschauer völlig euphorisiert nach Hause und warten auf die nächste Tour und somit den nächsten Vorverkaufsstart…

Als eine der wenigen ganz großen Bands nehme ich den Toten Hosen ab, dass sie ihre Vorbands wirklich noch selber aussuchen. Deswegen lässt Andreas Meurer es sich auch nicht nehmen, ihre Freunde Royal Republic selbst anzukündigen. Die Schweden legen ohne zu zögern los. Nach dem kompletten Toursupport für Blink 182 und Die Toten Hosen, der starken Präsenz im deutschen Festivalsommer und eigener Clubtour zwischendurch dürften die vier Schweden bald auch einen deutschen Pass bekommen, wo sie doch mehr Zeit hier als in Schweden verbringen.

Den Respekt vor großen Bühnen haben sie längst abgelegt und benehmen sich wie im Club. Somit legt Schlagzeuger Per Andreasson seine Füße auf die Bassdrum, wenn er diese mal nicht braucht und Sänger Adam Grahn versucht an die Decke zu spucken. Auch wenn dies in der Schleyerhalle nicht ganz gelingt, schaffen sie es das Publikum zumindest ein bisschen in ihren Bann zu ziehen.

Mit ihrer aktuellen Single „Everybody Wants To Be An Astronaut“, dem vermutlich hallentauglichsten Lied, verabschiedet sich Royal Republic und hinterlässt ein durchaus aufgewärmtes Publikum. Wenn dies überhaupt nötig war.

“Blitzkrieg Bop”, “Bro Hymn” und “Seven Nation Army” aus der Dose tun ihr Restliches. Bleiben gerade noch drei Minuten Stille fürs Publikum, um „You Never Walk Alone“ zu singen und es geht los. Gerade rechtzeitig, damit ich nicht vergesse, dass ich auf einem Konzert bin und nicht im Fußballstadion.

„Drei Kreuze (Dass Wir Hier Sind)“ geht nahtlos in „Ballast der Republik“ über. Ein fulminanter Einstieg. Bei „Altes Fieber“ hat die Band ihr Tempo noch nicht ganz gefunden und wackelt ein wenig. Auch beim Publikum ist die Anfangseuphorie verflogen und es wirkt noch nicht ganz wach. Dies ändert sich allerdings schon beim dritten Lied „Auswärtsspiel“.

Die Toten Hosen legen los als ob es kein Morgen gäbe und ebenso die Zuschauer. Der Sound ist perfekt und man braucht nicht mal Ohrstöpsel. Dagegen wäre man bei der grellen Lichtshow mit einer Sonnenbrille gut bedient gewesen. Die Bühnentechnik ist der von Blink 182 auf der diesjährigen Europatour erstaunlich ähnlich. Ob Royal Republic das wohl vermittelt hat?

Die Toten Hosen dürfen und können vor allem fast alles. Das zeigt sich besonders beim exzellenten Hannes Wader-Cover „Heute hier, morgen dort“. Später versuchen sich Campino & Co. nochmal als Coverband und setzen „einer Berliner Nachwuchsband“ mit „Schrei nach Liebe“ ein Denkmal. Für „Europa“ wird ein Klavier auf die Bühne geschoben. Campino nimmt Markus Babbels Rausschmiss vorweg: „Schade, wie kann das passieren?“. Und bei „Das ist der Moment“ finden die „EU-genormten Bengalos“ Einsatz. Nach exakt 80 Minuten gehen Die Toten Hosen unter Konfettiregen und den letzten Tönen von „An Tagen wie diesen“ zum ersten Mal von der Bühne.

Die Toten Hosen

Foto: Dominic Pencz

Insgesamt ist das Set ein sehr guter Querschnitt durch die Diskografie der Band mit leichter Dominanz des aktuellen Albums „Ballast der Republik“. Wobei jedoch die Lieder jeder Epoche gleichermaßen frenetisch gefeiert werden. Einmal mehr von den Rängen, das andere Mal mehr vom Infield. Als erste Zugabe gibt es „Draußen vor der Tür“ als Akustikversion. Sehr berechenbar und schon oft gesehen. Aber wie gesagt Die Toten Hosen dürfen fast alles. Nach insgesamt vier Liedern geht es für die Hosen wieder hinter die Bühne. Umziehen.

Auch beim zweiten Zugabenblock geht die Reise durch die Bandgeschichte weiter. Mit „Strom“, „Opelgang“ und „All die ganzen Jahre“ ist wieder für jeden was dabei.

„Schönen Gruß, auf Wiederseh’n“

Doch einmal geht noch. Und den Anfang vom Ende bildet die allererste Single der Band „Reisefieber“. Trotz knapp zwei Stunden Höchstleistung in den Knochen kriegt Campino den Pfeiffpart perfekt hin.

In München durfte das Publikum noch selber abstimmen ob sie „Ich würde nie zum FC Bayern München gehen!“ hören wollen. In Stuttgart wird dies vorrausgesetzt. Und wenn man sich umschaut und dabei sieht dass ausnahmslos jeder mitsingt, wundert man sich auch nicht mehr, dass Bayern sich bei Neuzugängen oft teuer im Ausland bedienen muss.

Mit „Zehn kleine Jägermeister“ und „You’ll Never Walk Alone“ gibt es noch zwei Hymnen für die aufgedrehte Masse und dann ist Schluss.

Klar gebe es noch zig weitere Hits, aber irgendwann ist auch gut. Und ein Rockkonzert ist ja auch kein Fußballspiel. Außerdem konnte ja eh schon jeder Zuschauer mindestens eins seiner Lieblingslieder im Set finden.

Alles irgendwie wie immer, nur mit ein paar neuen Liedern, und das nach 30 Jahren. Hut ab!

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