ADMIRAL FALLOW, 26.10.2012, Zwölfzehn, Stuttgart

Admiral Fallow

Foto: Steffen Schmid

Vielleicht keine gute Idee, das Publikum zu beschimpfen, aber jetzt tu ich es: Leute, bleibt doch einfach zu Hause, geht in eine Kneipe oder einfach vor die Tür, wenn ihr miteinander reden wollt! Die Lautstärke, mit der ihr beim Gig von Admiral Fallow getratscht habt, war einfach unverschämt. Selten genug, dass eine Band mit derart delikater Musik den Weg ins Zwölfzehn findet und der Mixer dann sogar einen guten Sound produziert. Und eigentlich auch ganz schön, wenn der Laden gut gefüllt ist, aber wie deprimierend für Band und echte Fans, wenn man dann das Gefühl haben muss, dass die Musik viele der Anwesenden wohl nur stört. So nicht!

Einen stillen Moment gibt es dann allerdings doch: als gegen Ende des Konzerts die Band von den Mikrofonen zurücktritt und gänzlich unverstärkt zur akustischen Gitarre „Four Bulbs“ a capella zum Besten gibt. Da kann man die Stecknadel und den Groschen fallen hören. Jetzt geht wohl manchem auf, was er in der letzten Stunde verpasst hat. Das ist Harmoniegesang, zu schön um wahr zu sein. Gänsehaut pur.

Bis hierher haben Admiral Fallow nämlich bereits einen wunderbaren Gig abgeliefert. Mit „Tree Bursts“, dem Titel-Track ihres aktuellen Albums eröffnen die sechs Schotten den Abend. Schon dieser Song hat alles, was Admiral Fallow ausmacht: eingängige Melodien, feine Instrumentierung und abwechslungsreiche Arrangements. Aber das wichtigste: die unglaublich schön harmonierenden Gesangsstimmen von Louis Abbott und Sarah Hayes. Mein bisheriger Gänsehaut-Benchmark beim Gesangsvortrag, Nick Urata von Devotchka, wird jedenfalls noch übertroffen. Besonders charmant ist dabei der schottische Akzent, das rollende R der Glaswegians.

Admiral Fallow

Foto: Steffen Schmid

Das Programm setzt sich aus einer gut gewählten Mischung von Titeln der beiden Alben „Boots Met My Face“ und „Tree Bursts in Snow“ zusammen, ruhigere Titel und Uptempo-Songs wechseln sich ab. Abbott – schottisch spröde – verschwendet auch nicht viel Zeit auf Zwischenansagen, lediglich die Positionen der Musiker und Instrumente werden manchmal gewechselt. Mit zwei Keyboard-Spielern, zwei Gitarristen, einem Bassisten und einem erstaunlich ausladenden Schlagzeug ist es auch ziemlich eng auf der Bühne. Aber dieses Setup ermöglicht natürlich erst den teilweise recht opulent arrangierten, orchestralen Sound. Als sparsam eingesetzte Highlights kommen noch das Klarinetten-Spiel von Kevin Brolly, die Querflöte und das Akkordeon von Sarah Hayes dazu.

Admiral Fallow

Foto: Steffen Schmid

Schwierig, einzelne Titel hervorzuheben, zu hoch ist die Qualität aller Songs. Ich wüsste auch nicht, welches der beiden Alben ich einem Interessenten empfehlen sollte. Sie sind beide derart gut und passen, wie die heutige Setlist beweist, so perfekt zusammen, dass man wahrscheinlich einfach beide haben muss. Hits wie „Guest of the Government“ laden schon fast zum Mitsingen ein, ruhigere Titel wie das mit einem Klarinetten-Solo beginnende „Dead Against Smoking“ sind einfach zum Heulen schön. Ob dies nun Indie-Pop, Neo-Folk oder sonstwas ist, ist wirklich egal – es ist einfach nur verdammt gut.

Admiral Fallow

Foto: Steffen Schmid

Admiral Fallow – der Name hat übrigens laut Sarah Hayes keine Bedeutung – können aber auch anders: bei „Brother“ schwingt sich Kevin Brolly an die zweite Hälfte des Schlagzeugs, haut zusammen mit Philip Hague einen treibenden Beat raus und ab geht die Post. Hierzu könnte man durchaus das Tanzbein bewegen.

Admiral Fallow

Foto: Steffen Schmid

Nach dem schon erwähnten Konzert-Höhepunkt „Four Bulbs“ gibt’s noch zwei weitere Titel, mit „Squealing Pigs“ endet dann der offizielle Part des Konzerts. Das Publikum ist begeistert und auch auf den sonst eher regungslosen Mienen der Musiker zeigt sich ein Lächeln. Mit ihrem letzten Song „Old Balloons“ präsentiert die Band nochmal ihr ganzes musikalisches Spektrum: von einer ruhigen, von Piano und Gitarre getragenen Ballade steigert sich der Titel zu einem mächtigen, fast orchestralen Rocktitel. Ein würdiger Abschluss für einen großartigen Gig.

Die komplette Setlist:

Tree Bursts
Subbuteo
Beetle In The Box
The Paper Trench
Delivered
These Barren Years
Isn’t This World Enough?
Dead Against Smoking
Guest Of The Government
Brother
Four Bulbs
The Way You Were Raised
Squealing Pigs

Old Balloons

Admiral Fallow

Foto: Steffen Schmid

5 Gedanken zu „ADMIRAL FALLOW, 26.10.2012, Zwölfzehn, Stuttgart

  • 28. Oktober 2012 um 09:21 Uhr
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    das mit dem quatschenden Publikum stört mich auch öfters. An diesem Konzert lag es vielleicht daran, dass einige Leute Freitickets hatten und – schwäbisch wie man halt ist – dies auch ausnutzen konnte. Bei vorherigen Konzerten im 1210 hat man diese einfach in die Hand gedrückt bekommen und bei FluxFM konnte man sich welche per eMail bestellen.
    Ich war (leider) bei Frittenbude – die waren lauter als jedes Gequatsche….

  • 28. Oktober 2012 um 14:11 Uhr
    Permalink

    Bravo Holger, sehr sehr schön zusammengefasst.

    Das was ich jetzt übers Publikum sagen würde lass ich lieber bei mir. Du gehst da sehr milde mit um. Fremdschämen vor der großartigen Band.

  • 2. November 2012 um 19:12 Uhr
    Permalink

    schöne seitenheibe gegens publikum! ich finde, das muss auch mal sein. manche leute benehmen sich echt unglaublich!

  • Pingback: Am Freitag im Merlin: Meursault | lomovogt

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