ALL TIME LOW, 17.08.2012, LKA, Stuttgart
Das letzte Konzert von All Time Low in Stuttgart, auch im LKA, vor gut zwei Jahren endete nach knapp 40 Minuten mit Fremdscham im Publikum und einem entgeisterten Frontmann Alex Gaskarth. Er musste sich für den Totalausfall von Gitarrist Jack Barakat entschuldigen. Dieser ‚glänzte‘ durch das Abbrechen von Liedern aus Unlust, durch übertrieben obszöne Ansagen und permanentes Crowdsurfen statt überhaupt mal Gitarre zu spielen. Beim nächsten Besuch in Deutschland, unter anderem auf dem Southside, wurde dann mit Back-Up Gitarrist für Barakat gespielt. Was den Auftritt aber nicht wirklich besser machte, was aber diesmal auch der fehlenden Motivation der kompletten Band geschuldet war.
Damals versprach Alex Gaskarth ganz bald wieder zu kommen und den Fauxpas wieder gut zu machen. Daraus wurden dann 2 Jahre, was aber beim Tourplan amerikanischer Bands nicht verwundert. Da jeder eine zweite, oder auch dritte, Chance verdient hat, All Time Low immerhin Headliner bei der Warped Tour in Amerika ist und vor ihrem Abheben auch richtig gute Konzerte gespielt hat, ist ihr einziges deutsches Clubkonzert auf dieser Tour dann doch wieder ein Pflichttermin für mich.
Um 19 Uhr ist Einlass. Was aber nicht verwunderlich ist, da sicherlich ein gutes Drittel des Publikums vor 22 Uhr nach Hause muss. Als das Schlagzeug der Supportband, Goodbye Fairbanks, abgebaut ist, wird sich da schonmal gewundert, ob All Time Low heute ohne Schlagzeug auskommt. Und kurz darauf löst Blink 182’s „All The Small Things“ während der Umbaupause Begeisterungsstürme aus: „Yeah, die spielen Green Day“.
Nach wirklich kurzem Umbau legt All Time Low los. Mit dem vermutlich besten Sound, den ich im LKA je gehört habe. Und vor allem mit einem Elan und einer Ausstrahlung den man nur aus den Anfangsjahren kennt. Schon vor dem Opener „Lost in Stereo“ hat die Band das Publikum komplett im Griff. Es fliegen BHs auf die Bühne. „That’s why I have a band instead of doing sports“, meint Alex Gaskarth.
Zwar braucht Jack Barakat immer noch den Back-Up Gitarristen, der wirklich die meiste Zeit genau dasselbe spielt wie er, damit er rumhampeln kann. Aber mittlerweile ist dieser in die Bühnenerscheinung integriert und stört zumindest nicht mehr. Der Sinn des zweiten Unterstützers, er singt nur hin und wieder, aber für den Zuhörer kaum hörbar, erschließt sich mir allerdings nicht.
Insgesamt ist alles ein bisschen erwachsener und ernster geworden: Schlagzeuger Rian Dawson spielt sich über die Länge des kompletten Umbaus hinter der Bassbox warm. Bis zur Zugabe gibt es für alle nur Wasser und alle sind topfit (es ist allerdings auch erst der zweite Tourstopp). Und es wird nicht mehr ausschließlich über Brüste, Blow Jobs und Sex geredet. Die Musik steht wieder im Vordergrund.
Spätestens nach den beiden älteren Songs „Damned If I Do Ya“ und „Coffee Shop Soundtrack“ springt, schreit und tanzt das, doch recht gut gefüllte, LKA. Es fliegen immer noch BHs und zwischendurch auch mal ein Elefanten-String. Das Publikum ist so begeistert, dass geschätzte 300 Stunden Handyvideos produziert werden. Aber gut.
Was die vier bzw. sechs Jungs abliefern kann sich sehen bzw. nun auch wieder hören lassen. Als Blink 182-Coverband gestartet gehören sie nun selber zu den großen Pop Punk Bands. Und seit dieser Tour scheint ihnen das auch bewusst zu sein und sie wissen damit umzugehen. In ihrem mittlerweile doch sehr hitlastigen Set spielen sie sich durch alle ihre vier Studioalben. Weitere Höhepunkte sind „Six Feet Under The Stars“ und „Timebomb“. Nach einer guten Stunde beenden sie ihr Hauptset mit der Vorabsingle „The Reckless And The Brave“, vom im Herbst erscheinenden fünften Album.
Als Zugabe kommt zunächst Sänger Gaskarth alleine zurück auf die Bühne und gibt „Remembering Sunday“ und „Therapy“ akustisch zum Besten. Danach dürfen alle nochmal ran und mit „Weightless“ und „Dear Maria, Count Me In“ ist pünktlich um zehn Schluss.
Für viele Konzertbesucher wartet vor dem LKA das elterliche Taxi. Für mich geht es mit einem Spaziergang durch den malerischen Stuttgarter Frachthafen nach Hause. Mit dem guten Gefühl dass All Time Low wohl die Kurve gekriegt hat und wieder ein bisschen zurück ist am Boden der Tatsachen. Bleibt also zu hoffen, dass sie nach den zwei kommenden Open Airs als Green Day Support, spätestens zum bald erscheinenden neuen Album wieder den Weg nach Deutschland finden.
Hi,
danke für deinen Bericht über das Konzert. Als ich so an der Schlange vor dem Einlass ging, hab ich mich echt alt gefühlt… mit meinen immerhin 31 Jahren *g*
Nachdem, was du so über Vorkonzerte berichtest, bin ich ECHT froh, dass dieses mein erstes ATL-Konzert war!!
Grüße aus Nürnberg
@Betty Was glaubst du, wie alt ich mich mit meinen 41 gefühlt habe? Ich war letztlich froh, dass ich nur drei Songs im Graben bleiben durfte. Das Teenie-Gekreische war ja kaum auszuhalten. Bei Justin Bieber kann das Gekreische auch nicht schlimmer sein….