SUPERPUNK, 28.05.2012, Schocken, Stuttgart
Ach so schön, Superpunk sind in der Stadt! Voll Vorfreude in die silbernen Heels geschlüpft, denn zu welchem Anlass lohnt sich Festtags-Glamour wenn nicht jetzt? Ein bisschen wehmütig sind wir schon, denn leider ist das hier die Abschiedstour und so wie heute wird’s definitiv nie wieder. Spontan begleitet uns Freund J., der kennt Superpunk zwar nicht, kann aber Unterhaltung vertragen und wenn eine hochwirksame Sofortmaßnahme gegen Einsamkeit benötigt wird, ist man bei dieser Band an der komplett richtigen Adresse. Im Auto noch Schnelleinweisung anhand des aktuellen Best-of-Albums, passt, das wird gut.
Das Schocken ist gut gefüllt, kann losgehen. Erstes Stück ist direkt der lebensbejahende Top-Hit „Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen“, inklusive Abgeh-Crescendo. Sänger Carsten Friedrichs begrüßt das Publikum zu diesem „melancholischen Anlass“, dafür gibt es warmherzig-begeisterten Applaus. Auf „Ich bin nicht so wie jeder andere auch“ folgt „Hamburg ist der Platz für Dich“ und „Ein kleines bisschen Seele“, zu dem, nicht zum letzten Mal heute, Carstens neu gekauftes „fast unsichtbares“ Stimmgerät zum Einsatz kommt. Macht nichts, wir haben Zeit.
Bei „Ja, ich bereue alles“ wird die Crowd ausdrücklich zum Mitsingen eingeladen, dem kommt man natürlich gerne nach. Der darauffolgende Song wird als die „einzige und beste Softrock-Nummer“ der Gruppe angesagt, es ist „Wir alle lieben Dich, Daniela“ und kommt vom Ausflipp-Faktor zwar eher mittel an, ich freue mich aber sehr, das ist nämlich einer meiner Geheimfavoriten. Ganz anders die allgemeine Resonanz wenig später auf „Das Feuerwerk ist vorbei“, eindeutig einer der heißgeliebten Hits von allen quer durch, spätestens ab jetzt mag niemand mehr stillstehen. Mehrfach bewundert Frontmann Carsten zudem Lars Bulnheims virtuoses Gitarrenspiel („Ich kann ja nur Akkorde“) und sowieso ist die Show gewohnt wortlastig und lustig.
Ein weiteres meiner persönlichen Highlights ist „In der Bibliothek“, durchgedrehte Front Row bei einem Stück zum Thema Leihbücherei, wo gibt’s denn so was. Toll. Gut steht Carsten auch die Entertainer-Pose, die er (ohne Gitarre) zu „Bitte verlass mich“ einnimmt, inklusive angedeutetem Fingerschnipsen. Zwischendurch bekomt jeder aus der Band eine zärtliche Beleidigung ab, wie etwa „Bass spielen, total einfach, immer nur hohe Saite, tiefe Saite“ (an Tim Jürgens‘ Adresse) oder der Vorwurf, dass man in all den Jahren an praktisch keinem Konzertort ohne Umweg angekommen sei (an die Adresse von Fahrer Erich). Kennt man ja von daheim aus dem Familienkreis, bester Indikator dafür, dass sich in Wirklichkeit alle lieben.
Am Ende spielen Superpunk phänomenale 25 Stücke, wenn ich richtig mitgezählt habe, darunter unverzichtbare Klassiker wie „Ich weigere mich, aufzugeben“ und „Matula, hau mich raus“ und natürlich „Neue Zähne für meinen Bruder und mich“, von Carsten angekündigt als „das Stück, ohne das kein Superpunk-Konzert zu Ende gehen kann – `Verdammt lang her` – kleiner Scherz!“. Allerallerletzte Zugabe ist dann „Du hast es nicht weit gebracht“, ein ziemlich melancholischer, kein bisschen ironischer Rausschmeißer.
Superpunk hinterlassen ein halbes Dutzend Alben voll schön schrammeliger Top-Hits, eine lange Reihe tröstlicher Slogans, die man in unangenehmen Lebenssituationen vor sich hersagen kann und die Erinnerung an großartige Konzertabende wie diesen. Vielen Dank dafür. Und wie heißt es so schön im von Superpunk kongenial interpretierten „Right back where we started from“: a love like ours/ can never fade away. Genau so ist das.
Schön war’s mal wieder, mit Superpunk im Schocken. Hach ja, schon schade, dass das ein letztes mal gewesen sein soll…