NKOTBSB, 05.05.2012, Schleyerhalle, Stuttgart

NKOTBSB

Foto: Sue Real

Das Konzert in einem Satz zusammengefasst, für alle mit wenig Zeit: zwei Boybands, die abwechselnd Lieder singen, sich viel umziehen, synchron tanzen und genau choreografierte Publikums-Interaktion betreiben, Fans in Summe sehr laut.

Ausführlicher, damit man die ganzen Konzertbilder besser drum rum arrangieren kann:

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, den Abend zu hassen. Backstreet Boys (BSB) und New Kids on the Block (NKOTB). Äh, hallo? Geht’s noch, Gig Blog? Ich hatte wegen dem Bushido-Konzert angefragt. Und selbst da wollte ich nur ironisch hingehen. Stattdessen zwei gealterte Boybands, die ich nie mochte und eine Horde verrückter, weiblicher Fans, die ich nie verstanden habe. Hoffentlich sieht mich keiner. Und dann auch noch Schleyerhalle. Da mag ich doch das Essen nicht so. Und was schreib ich da um Himmelswillen? Hoffentlich liest mich keiner.

Das Konzert war dann irgendwie überraschenderweise gar nicht so schlimm wie befürchtet. Die alte Boyband (NKOTB) und die junge Boyband (BSB) veranstalteten so etwas wie einen Bandbattle. Oder Charthit-Ping Pong. Sie trugen auf jeden Fall ihre Hits abwechselnd und an unterschiedlichen Orten in der Halle vor. Für mich als Frontalmusikfan (also Band steht auf Bühne, macht Musik und bewegt sich wenig, wenn Bewegung, geht irgendetwas kaputt. Im Regelfall der Frontmann) war das ganz schön verwirrend. Teilweise habe ich das halbe Lied über die Bandmitglieder auf all diesen Hauptbühnen, Nebenbühnen, Podesten, Stegen und Co. gesucht. Und darüber fast das Mitsingen, Mitkreischen und Mitschreiben vergessen.

Stimmlich klang vieles nicht so ganz wie auf Antenne 1. Aber da bin ich nicht kleinlich. Wäre bei Bushido wahrscheinlich auch nicht anders gewesen. Wunderbar war die Stelle, an der die Boys vier Fans auf die Bühne geholt, auf Barhocker gesetzt und romantisch umtanzt haben. So etwas habe ich mir immer von Blur gewünscht. Damon und ich. Und dazu „End of a Century“. Aber nee. Dafür waren sich die Herren Britpopper immer zu indie. Hätten es ja ironisch tun können. Ich hätte auch ironisch geschmachtet.

NKOTBSB

Foto: Sue Real

Was mich wirklich verwundert hat, war, dass ich fast alle Songs mitsingen konnte. Also nicht nur die der Boys. Auch die alten Kids-Lieder. Die Kids mochte ich fast mehr. Was wahrscheinlich auch daran gelegen hat, dass die viel besser in Schuss waren. Also so Bizeps, Trizeps und Sixpack-Technisch. Und dass Donnie Wahlberg bei „Band of Brothers“ mitgemacht hat. Und Marky Marks Bruder ist. Der wiederum einer der besten Freunde von Joaquin Phoenix ist. Welchen ich spitze finde. Da können die Boys mit ihrem Nick Carter, der einmal mit Paris Hilton zusammen war und jetzt ein klitzekleines Bäuchle hat, einfach gossiptechnisch nicht mithalten.

Die Fans selbst fand ich großartig. So viel geballtes „Yeah! Party“-Gefühl hat selten ein Publikum ausgestrahlt. Böse Zungen behaupten, das lag am Prosecco vor Konzertstart. Ich glaube, das lag daran, dass 10.000 ehemalige Mädchen für 2,5 Stunden keine Mütter, Ehefrauen, Kollegen und Steuerzahler spielen mussten, sondern nochmal 13-jährige Teenager sein konnten. Der Trick hat aber leider nur bei echten Fans funktioniert. Ich habe sehr laut mitgesungen, blieb aber trotzdem 32 Jahre alt. Mist.

Dieses Konzert als Nicht-Fan zu besuchen, war sowieso ein bisschen, wie sich an einem kalten Wintertag von draußen die Nase an der Fensterscheibe plattdrücken, während drinnen der Prototyp der heilen Familie zusammen Weihnachtsgeschenke auspackt. Man ist ganz nah dran, aber darf nicht dabei sein.

Und ich gebe es zu: ich habe die Mädels ziemlich beneidet um ihrem Abend – und ein bisschen auch um ihr supereuphorisches Fansein damals. Muss toll gewesen sein, so ganz ohne Ironie und falscher Coolness.

Habe mir übrigens nach dem Konzert ganz unironisch „Step by Step“ und „Tonight“ bei iTunes heruntergeladen. Fliege ich jetzt aus der Subkultur-Gewerkschaft?

NKOTBSB

Foto: Sue Real

10 Gedanken zu „NKOTBSB, 05.05.2012, Schleyerhalle, Stuttgart

  • 9. Mai 2012 um 09:04 Uhr
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    „Ich habe sehr laut mitgesungen, blieb aber trotzdem 32 Jahre alt. Mist.“

    :-)

  • 9. Mai 2012 um 09:45 Uhr
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    Schöner Artikel, ich wünschte ich wär auch dabei gewesen. Okay, letzteres stimmt nicht. Trotzdem schöner Artikel.

  • 10. Mai 2012 um 12:54 Uhr
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    Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, den Abend zu hassen.
    …. freue mich sehr, dass dir trotz deines Vorhabens, dir das Konzert doch noch „halbwegs“ Spaß gemacht hat. Und das dir NKOTB mehr zugesagt haben =) …
    Ich selbst höre seit Jahren ganz andere Musik, aber ich werde immer ein Blockhead bleiben, egal wie alt ich bin X)

  • 10. Mai 2012 um 13:49 Uhr
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    Ich mag den Artikel, aber bin auch parteiisch, denn ich liebe die New Kids. Und es ist genauso schön gewesen, wie Du es beschrieben hast. Danke dafür!

  • 11. Mai 2012 um 09:54 Uhr
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    Sue Real hat bestimmt auch mitgesungen. Er hat glaube ich auch eine „New kids on the block“-Tätowierung.

  • 11. Mai 2012 um 20:04 Uhr
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    Danke Silke für diesen tollen Artikel eines Nicht-Fans! ich habe ürbigens schallend gelacht…ist super geschrieben!!

    Man sieht, das man auch als Nicht-Fan positiv und sachlich schreiben kann!

    Gruß
    ein MKOTB Fan

  • 11. Mai 2012 um 20:49 Uhr
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    Richtig geil ge.- und beschrieben.

    „Und ich gebe es zu: ich habe die Mädels ziemlich beneidet um ihrem Abend – und ein bisschen auch um ihr supereuphorisches Fansein damals. Muss toll gewesen sein…“

    Ja es war und es ist wieder toll. Ich bin überglücklich das alles wieder erleben zu dürfen.

    5 Brothers and a Million Sisters!!! Love my Blockhead Familiy

  • 11. Mai 2012 um 23:51 Uhr
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    Ich muss dir leider widersprechen, denn ich war dann doch in meiner Kindheit mehr der Backstreet-Boy. Ich fand den Song mit dem dazugehörigen Grusel-Video ziemlich cool. Und natürlich Larger than Life.
    New Kids on the Bock waren mir bis zu diesem Abend komplett fremd!

  • 11. Mai 2012 um 23:55 Uhr
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    Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaub, das kam zur gleichen Zeit raus wie das Video zu „The Fight Song“ von Marilyn Manson und war fand ich, ne große Konkurrenz in Sachen Gruselfaktor ( Ich war damals 12 oder 13)

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