DIE TOTEN HOSEN, 18.04.2012, Feuerwehrhaus, Gäufelden

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

An Tagen wie diesen…

…fragt man sich schon mal, wie man es eigentlich geschafft hat, an einem der legendären Wohnzimmerkonzerte der Toten Hosen im Feuerwehrhaus in Gäufelden mit 130 Feuerwehrleuten und deren Angehörigen teilzunehmen.

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

Die Toten Hosen feiern in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag. Die Tatsache, dass ich mich noch sehr gut an ihre erste LP erinnern kann, ist ein deutlicher Beleg, dass ich deutlich näher am gesetzlichen Mindestalter als am Konfirmantenunterricht bin. 1982 brach der VW Käfer meines großen Bruders Ralf zusammen, und er kaufte sich einen gebrauchten roten Opel Kadett. Und wenn er mich auf gemeinsame Konzerte mitnahm, dann gab es vor allem eine Hymne, es ist jetzt überflüssig zu erwähnen welche…

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

In den nächsten Jahren verlor ich die Band ein bisschen aus den Augen und erst 1989 war ich bei meinem ersten Hosenkonzert. Im Bodenseestadion in Konstanz spielten als Headliner The Cure, meine großen Helden des ersten Teils der 80er Jahre. „Seventeen Seconds“, „Faith“ und „Pornography“. Niemals werde ich aufhören diese Alben zu lieben. The Cure waren nach dieser Trilogie nicht mehr dieselben, aber live war Robert Smith immer noch Grund genug zu „Rock am See“ zu fahren. Ich kann mich nicht an alle Bands des Tages erinnern, aber neben den Sugarcubes mit der jungen Sängerin Björk spielten Die Toten Hosen und sie hatten ein Heimspiel. Gefühlte 20.000 FBB-T-Shirts füllten das Stadion, aber es sollte noch mal ein Jahr dauern bis die Band erstmals nach der „Opel-Gang“ wieder mit einem Song zu meinem Soundtrack für Autofahrten wurden.

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

Im Sommer 1990, ich hatte meine erste Stelle als Fotoassistent, war ich mit meinem Chef Wolfgang für eine größere Produktion immer wieder in München. Und jedes Mal wenn wir die Heimfahrt antraten, legte er als Startschuss dasselbe Tape ein, Lautstärke auf Anschlag: „Hey, hey, hier kommt Alex, Vorhang auf für seine Horrorschau“. Beim Gedanken daran dröhnt heute noch mein Trommelfell, aber es war immer so ein energetischer und intensiver Moment. Ich am Steuer, Wolfgang mit dem ersten Feierabendbier neben mir, und wir grölten beide mit. Herrlich war das.

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

1994 dann mein zweites Hosenkonzert, da war ich immerhin auch schon 26. Ich war seit einem Jahr selbständig und arbeitete oft für den Musikexpress. Bildredakteurin Gundi, die es wirklich gut mit mir meinte, schickte mich zum Tourauftakt nach Bremen. Das war auch die Zeit, in der ich die Musikfotografie als meine wirkliche Leidenschaft entdeckte. Mit 13 bekam ich zu Weihnachten von meinen Brüdern ein Jahresabo des Musikexpress geschenkt und plötzlich war das damals führende deutsche Musikmagazin mein Auftraggeber. Genau da wollte ich hin!

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

Ich begleitete die Band vom Soundcheck bis nach dem Konzert mit der Kamera, hatte eine dreiseitige Geschichte im Heft, aber das war es dann erstmal wieder. Bands, die große Hallen füllen, haben ständig irgendwelche Fotografen für einen Tag an der Backe. Und am nächsten Tag sind sie in der Regel auch wieder weg, so war es bei mir auch. Nochmals zwei Jahre später kamen die Düsseldorfer erneut in mein Leben, und sind nun seit 16 Jahren ein Teil davon, den ich für nichts in der Welt eintauschen wollte. Ich bekam 1996 die Chance für zehn Tage mit auf Tour zu gehen, um die Fotos für das Livealbum „Unterwegs – Im Auftrag des Herrn“ zu machen. Doch nach meinem letzten Konzert in Karlsruhe bin ich anders weggefahren als damals in Bremen, eher nach dem Motto, dass nur wer geht wieder kommen kann. Und seit 16 Jahren sind wir uns immer wieder begegnet: Ich habe die Hosen für verschiedenste Magazine begleitet und fotografiert, die Band beauftragte mich bis nach Argentinien immer wieder für eigene Zwecke, aber oftmals habe ich vor Konzerten einfach kurz angerufen, ob ich vorbeikommen könne, und ich fühlte mich immer willkommen. Was ich, neben oftmals atemberaubenden Konzerten, wirklich an ihnen schätze und wofür ich sie auch als Vorbild sehe, ist ihre Unabhängigkeit. Sich nichts vorschreiben zu lassen, selbst zu entscheiden was man tut und was nicht, und immer bereit zu sein für ein Abenteuer, und das alles „weil sie noch Freunde sind“.

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

Andi, Breiti, Kuddel, Campino und Vom haben ihre eigene Art ihren Geburtstag zu feiern. Die größten Parties werden wohl Anfang Juni bei „Rock am Ring“ und im Herbst in ihrer Exil-Heimat Argentinien steigen, aber bei 16 Konzerten im Rahmen ihrer „Magical Mystery Tour“ ist das Motto „Alles auf Anfang“. Geht auf www.dth.de und schaut euch die Konzerte in einer Punk-WG in Giessen, während der Bootsfahrt durch den Hamburger Hafen oder beim Besuch deutscher Auswanderer in Island an. Intensiver, intimer und herzlicher geht es nicht. Das Ganze ist ein Geschenk an die Fans, aber wahrscheinlich noch mehr an sich selbst. Die Hosen sind begehrte Sammler von Länderpunkten, allein das reichte aus um das Angebot aus Island anzunehmen, denn da war bisher noch keiner von Ihnen. Was für ein Luxus aus über 4.000 Bewerbungen die Auftrittsorte auszusuchen, auf die man am meisten Lust hat, wie z.B. ins Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr in Gäufelden.

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

Andreas Bühler, langjähriges Mitglied der örtlichen Feuerwehr, erfüllte sich einen Lebenstraum. Sein Bewerbungsvideo überzeugte und gegen 19.30 Uhr rollte der Kleinbus auf den Hof im Industriegebiet des Ortsteils Nebringen. Null Berührungsängste, ein Abend auf Augenhöhe und eine zweistündige Show sorgten dafür, dass die Anwesenden wohl noch ihren Enkelkindern davon erzählen werden „was früher einmal war“. Zwischen Löschgeräten und modernsten Feuerwehrautos stand die Bühne, auf der die Hosen ein zweistündiges Best-of Feuerwerk abfackelten. Um Mitternacht erfüllten sie sich dann noch den Kindheitstraum Feuerwehrmänner zu spielen und spritzten aus vollen Rohren.

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

So langsam leerte sich die Gerätehalle und alle gingen mit dem Gefühl bei etwas einmaligem dabei gewesen zu sein, mit einem breiten Grinsen nach Hause. Auswärtssieg auf der ganzen Linie.

Die Toten Hosen

Foto: Reiner Pisterer

5 Gedanken zu „DIE TOTEN HOSEN, 18.04.2012, Feuerwehrhaus, Gäufelden

  • 22. April 2012 um 17:42 Uhr
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    Gefällt mir ganz arg! Tausend Dank, Reiner!

  • 22. April 2012 um 18:03 Uhr
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    Bin wahrlich kein Hosen-Fan, aber dieser Exklusiv-Artikel ist ja sowas von lesenswert!

  • 22. April 2012 um 18:51 Uhr
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    das ist super — schaut so aus als wenn Du da definitiv bei etwas einmaligem gewesen warst — Top !!!

  • 23. April 2012 um 10:05 Uhr
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    Ich stimme Holger in allen Punken voll zu.

    Und schön, dass wir so viel über den Fotografen und Autoren erfahren durften.

    Gefällt mir!

  • 23. April 2012 um 10:37 Uhr
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    Ay Caramba! Klingt als wäre es richtig gut gewesen. War als Teenager auch großer Fan, fand die letzten Sachen aber eher albern (Tiefpunkt: „Frauen dieser Welt“). Dass die Hosen aber immer noch solche Auftritte hinlegen fordert mir (zähneknirschend) Respekt ab. Sauber!

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