KIM WILDE, 13.03.2012, Theaterhaus, Stuttgart

Kim Wilde Snapshots Tour 2012 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Pop, that’s what the show’s all about!

Mit diesem etwas später am Abend ausgerufenen Motto bringt es Kim Wilde auf den Punkt. Alles, was heute Abend im gut besuchten großen Saal des Theaterhauses geboten wird, ist wahrlich Pop. Sei es die Band, die ihre Hits straight und druckvoll auf die Bühne bringt, seien es die – ähm, nun ja – interessanten Bühnenoutfits der Musiker oder die bunten, aber nicht immer stilsicheren Visuals auf den Multimedia-Wänden. Alles ein bisschen grell, aber durchaus mit Wirkung.

Eine Diashow eröffnet den Abend: eine Bilderfolge vom kleinen blonden Wonneproppen bis zur gut Fünfzigjährigen, die dann auch – quasi aus der Tiefe des Raumes – mit dem East-17-Hit „It’s Alright“ ins grelle Rampenlicht tritt. Ganz in Schwarz, hautenge Jeans, Samt-Korsage, tiefschwarz geschminkte Augen. Respekt: hier gibt es kein gnädig-weichzeichnendes Schummerlicht. Jeder kann sich ein Bild davon machen, was aus einer Bravo-Starschnitt-Ikone geworden ist. Und die vielen gleichaltrigen Damen im Publikum werden erleichtert zur Kenntnis nehmen, dass auch an ihrem Star die Jahre ihre Spuren hinterlassen haben. Nur ihre Stimme, die klingt tatsächlich noch wie damals in den Achtzigern.

Kim Wilde Snapshots Tour 2012 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Aber schon mit dem ersten Titel wird klar: wir sind so alt, wie wir uns fühlen. Party like it’s 1981! Bei „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ ertönen die ersten Gesangseinlagen aus dem Publikum, mit dem Buzzcocks-Klassiker „Ever Fallen in Love“ legt Kim Wilde gleich noch ein Schippe drauf und die Band rockt den Laden ganz ordentlich.

Kim Wilde Snapshots Tour 2012 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Ja, die Band ist schon allein optisch bemerkenswert. Da haben wir zwei breitschultrige, sonnenbebrillte, finstere Rausschmeißer-Typen an Gitarre und Keyboards, eine rothaarige Background-Sängerin in einem, sagen wir mal, sehr, sehr knappen Minischlauchkleidchen und Highheels sowie einen Bassisten mit wasserstoffblonder Obelix-Frisur. Dazu alle klassischen Rockposen. Nicht unbedingt eine Sympathie-Offensive. Aber im Laufe des Abends werden wir die Combo noch zu schätzen lernen.

Kim Wilde Snapshots Tour 2012 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Mit „Water On Glass“ geht die Party weiter, bevor der erste ruhigere Part mit „Four Letter Word“ beginnt. Verschmitzt betont Kim Wilde, dass sie nun erstmal wieder zu Atem kommen müsse. Überhaupt: Sie kommt schon verdammt sympathisch rüber, irgendwo zwischen dem „Mädchen zum Pferdestehlen“ und „gute Nachbarin für das Schwätzchen über den Zaun“. Und vor allem sieht man: sie genießt den neuerlichen Erfolg.

Da die aktuelle Tour eine Mischung von Coverversionen ihrer liebsten „Vintage Pop Songs“ von ihrem aktuellen Album „Snapshots“ und eigenen Hits präsentiert, findet man sich in der Situation wieder, dass man jeden Titel mitsingen könnte, was auch viele tun. Dass sie die Coverversionen von Cures „In Between Days“ und Suedes „Beautiful Ones“ nicht spielt, nehmen wir erleichtert zur Kenntnis, denn bei diesen Hymnen hört der Pop (und der Spaß) wirklich auf. Als alter Ska-Fan hätte man sich natürlich ihren wenig beachteten Offbeat-Titel „26580“ gewünscht.

Kim Wilde Snapshots Tour 2012 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Doch bevor dann allzu sehr Ü40-Party-Stimmung um sich greift, wird die zweite, ruhige Runde eingeläutet. Die Background-Sängerin wird von „Auntie Kim“ als ihre Nichte Scarlett vorgestellt, der bullige Typ an der Gitarre entpuppt sich als Kims Bruder Ricky, der dann ohne Sonnenbrille auch gleich viel freundlicher aussieht. „Cambodia“ gibt es in kleiner, quasi akustischer Besetzung und wir gestehen uns ein, das ist – besonders in dieser Version – ein Gänsehaut-Song. Ein Tribut an Kirsty McColl und Blacks Evergreen „Wonderful Life“ sorgen ebenfalls für wohligen Schauer. Im Fanblock werden derweil Luftballon-Herzen geschwenkt…

Kim Wilde Snapshots Tour 2012 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Im großen Finale wird mit „Chequered Love“, „You Came“, „Kids in America“ nochmal richtig aufgedreht – jeder Musiker bekommt sein Solo. Und wir lernen, dass der blondbezopfte Bassist – der ein wirklich fulminantes Solo spielt – Nick Beggs von Kajagoogoo ist.

Man könnte jetzt rumkritteln, das Album mit den Coverversionen sei berechnend, die Show sei allzu glatt durchgeplant, der Eighties-Sound manchmal etwas cheesy – tun wir aber nicht! Wir wollten Pop – und wir haben Pop bekommen.

Zur Zugabe kommt Kim Wilde dann im langen schwarzen Kleid, Paillettenschal und Zylinder auf die Bühne. Auch wenn man ihr die Diva nicht wirklich abnimmt, es ist ein würdiger Abschluss für einen wirklich schönen Abend, der mit „You Keep Me Hanging On“ nach fast zwei Stunden endet.

Kim Wilde Snapshots Tour 2012 im Theaterhaus Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Ein Gedanke zu „KIM WILDE, 13.03.2012, Theaterhaus, Stuttgart

  • 15. März 2012 um 15:08 Uhr
    Permalink

    … und die frühen 80er Songs sind ordentlich elektronisch, z.B. „View From A Bridge“.
    Kim Wilde: quasi Depeche Modes kleine Schwester.

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