MOUNT WASHINGTON, 10.03.2012, Laboratorium, Stuttgart

MOUNT WASHINGTON

Foto: Özlem Yavuz

Mount Washington? Das sind doch diese Norweger bei Glitterhouse Records. Die spielen im Laboratorium und es ist Samstag. Lass uns einfach mal hingehen, da kann man nicht viel falsch machen.

Was mit dieser nüchternen Ansage beginnt, entwickelt sich – zumindest für mich – zum bisher besten Gig des Jahres. Und wir landen bei einer Band, von der wir bisher eigentlich nicht viel wissen und von der wir, außer ein paar Youtube-Videos, nicht viel gehört oder gesehen haben. Ein Überraschungs-Gig.

Schließen wir also kurz unsere Bildungslücken, tragen schnell die wichtigsten Fakten zusammen, verzichten auf die obligatorischen Vergleiche mit anderen Bands und beschreiben dann einfach, was wir erlebt haben.

Rune Simonsen, Andreas Høyer und Esko Pedersen gründeten ihre Band „Washington“ 2004, haben unter diesem Namen bereits drei Alben veröffentlicht – und mussten ihre Band kürzlich umbenennen, um Verwechslungen mit einer gleichnamigen australischen Sängerin zu vermeiden. Heraus kam der Name „Mount Washington“, der folgerichtig auch gleich der Titel Ihres aktuellen Albums ist.

Genau dieses Album werden die drei Wahl-Berliner, verstärkt um einen Pianisten und einen weiteren Gitarristen im Laufe des Abends zum Besten geben. Einige ältere Songs aus ihrer Zeit als „Washington“ ergänzen das Set. Es sind wunderbar eingängige, melancholische Melodien, die die fünf lässig und sehr präzise intonieren. Schon nach dem ersten Titel haben sie das Publikum auf ihrer Seite.

Mount Washington

Foto: Özlem Yavuz

Es sind Konzerte wie diese, bei denen das Lab seine Stärken ausspielt: der Sound ist kristallklar, das Publikum sitzt rund um die Bühne, die Band und ihre Musik stehen – im wahrsten Wortsinn – im Mittelpunkt. Freundlicher Getränkeservice erspart unnötiges Rumgerenne, keiner tratscht in die leisen Stellen, jeder noch so leise Ton darf verklingen, bevor begeistert applaudiert wird. Kurzum: hier findet ein Konzert für Genießer statt. (Einzig das Licht ist noch optimierungsfähig, der rote Dauer-Spot auf dem Sänger wirkt auf Dauer doch etwas nervig – und lässt die Fotografin verzweifeln).

Auch die Band ist hoch erfreut: vom echten Konzertflügel, den man zur Verfügung hat (und vom Pianisten Adi Zukanovic in Socken gespielt wird) genauso wie vom „best audience of the tour“. Die Jungs sind sympathisch-zurückhaltend, die Ansagen zwischen den Titeln knapp und fast ein wenig schüchtern. Ein anwesendes Geburtstagskind wird mit einem „Happy Birthday“ von der Band beglückt. Charming.

Dennoch wäre es manchmal schön, wenn man Platz hätte zum Tanzen hätte, denn Titel wie „Next Year“ gehen dann doch ordentlich zur Sache. Ein Höhepunkt des Abends ist ihr früher Titel „Losing You“ (Video), den sie in der ersten Zugabe als Trio aus Bass, Gitarre und Piano spielen, bevor sie danach Ihren „Hit“ „Lisboa“ anstimmen, mit dem Flux.fm und Co sie aktuell zu recht in die Charts zu hypen versuchen.

Mount Washington

Foto: Özlem Yavuz

Ein weiteres Highlight: in der zweiten Zugabe setzt sich Rune Simonsen solo ans Piano und covert stilsicher Bill Callahans „Red Apples“.

Dass Mount Washington überhaupt im Lab spielen, ist eigentlich nur durch die scheinbare Logik „Glitterhouse ist gleich Americana & Folk ist gleich Laboratorium“ erklären. Denn eigentlich spielen die Norweger doch – zumindest auf ihrem aktuellen Album – eher einen pop-orientierten Indie-Sound.

Bleibt die Frage: Wo werden Mount Washington, wenn sie mit ihrem neuen Sound, der sicher ein größeres Publikum erreichen wird, bei ihrem nächsten Besuch in Stuttgart auftreten? Im Schocken? Im LKA, den Wagenhallen oder in der Manufaktur? Oder kommen sie, wie manch andere Band, wieder zurück ins Laboratorium, obwohl sie inzwischen größere Halle füllen könnten? Wir sind auf jeden Fall wieder dabei.

Und weil es der Kollege Claus hier so schön vorgemacht hat, gibt’s bei mir auch die komplette Setlist:

Appendix 1: As Waves Shape The Sea
How Does It Feel?
A Good Run
Silver Screen
If Ever
Walking Man
Radio Silence
Toscana
Concords
Astral Sky
Broken Home
Next Year

Losing You
Lisboa
Vault

Red Apples (Bill Callahan Cover)

Mount Washington

Foto: Özlem Yavuz

2 Gedanken zu „MOUNT WASHINGTON, 10.03.2012, Laboratorium, Stuttgart

  • 12. März 2012 um 17:03 Uhr
    Permalink

    Der Bericht bringt es so was von auf den Punkt. Dem ist absoluts nichts hinzuzufügen. So eine Stimmung hab ich im LAB noch nie erlebt, fast andächtig war es zeitweise… Auch ich bin gleich wieder mit dabei, wenn Mount Washington (hoffentlich) noch mal den Weg ins LAB finden!!!
    Siri

  • 13. März 2012 um 11:17 Uhr
    Permalink

    „keiner tratscht in die leisen Stellen“ – super!

    Das Gitarre-von-oben-Foto ist toll!

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