METRONOMY, 01.12.2011, Wagenhallen, Stuttgart

Metronomy

Foto: Steffen Schmid

Ausnahmeweise rollen wir das Feld mal von hinten auf, auch weil ich die Vorband Gross Magic wegen *setzehierausredeein* leider verpasst hab, deshalb hier zu Anfang direkt Stimmen von nach dem Konzert. Da sagen manche: Echt, es war so fett, so ichmussnocheinerauchengut, alle haben voll hingerissen gewippt, manche sind total abgegangen, des hat sich so übel gelohnt, Metronomy ist das neue Schwarz, ich trage das ab heute immer. Andere: Na toll, so ein typisches Hype-Ding, Stunde vor Konzertbeginn da gewesen, noch ’ne Karte auf dem Schwarzmarkt bekommen, weil seit Tagen ausverkauft, rein, zwei Stündchen irgendwie halbgare Performance, gelangweilt, böh.

Und diese Zweiteilung in der Publikumsmeinung ist durchaus nachvollziehbar, denn:

Begeisterte Zuschauer freuen sich, dass sie überhaupt mal drin sind, darüber hinaus, dass sie vielleicht ebenso schön sind wie alle anderen, denn das sind die meisten unzweifelhaft (unglaublich schön!), dass eine Karriere als Modeblogger in dieser Sekunde des Lebens nicht unrealistisch erscheint, dass die Musik eigentlich ganz geil ist, dass die Jutetasche so straight sitzt wie der Dutt und der Undercut, vom Glanze des Lippenstifts der Nebensteherin beleuchtet, im Takt freudig wippt. Dazu gibt es in Minute 34 und 38 (geschätzt) zwei unzweifelhaft umwerfende Hits direkt hintereinander, die man locker in alle Jahrescharts der Welt wählen könnte. Ärger-Potenzial höchstens: Mit High Heels im Kies vor den Wagenhallen umgeknickt.

Nicht so überzeugte Zuschauer freuen sich auch:

Sie sehen die beste schönste Schlagzeugerin aller Zeiten der Welt, die es jemals gab, und ebenfalls natürlich die beiden umwerfenden Hits. Darüber hinaus allerdings zu wenig, um das Ganze zu einem tatsächlich guten Konzert zu machen. Das ist nicht mal der Band vorzuwerfen, die einwandfrei performed, so wie sie auch auf den hyperstilisierten, geleckten Bandfotos oder in den Neureichen-Yacht-Golf-Pool-Videos immer wie ein Indie-Barbie-Ken-Verschnitt posiert. Leider springt, bei allem hübschen Drumherum, der musikalische Funke heute Abend aber nicht über. Zu viel gleiches Zeug, zu leise für echte Party, der eigentlich gute Beat mit immer viel Disco-Uff-Tschakk will im Publikum nicht ankommen. Weiß man am Ende gar nicht recht, wem man da die Schuld dran geben soll, Sound, Band, Leute, Wochentag, Location, Hype, alles?

Popkulturelles Fazit: Die ambivalenten Wahrnehmungen der zwei Publikumslager sind berechtigt und gründen wohl insgesamt in der Tatsache, dass es Metronomy, mit fast gleicher Besetzung, eigentlich zwei Mal gibt: Heute produzieren sie poppige Hipster-Hits vom Top-Album „The English Riviera“ für laue Sommernächte, früher gabs von denen mal was ganz anderes, witzig-nervige Indietronics, die eher dafür geeignet sind, die Kids im Keller Klub zur Eskalation zu bringen. Eine Band, die momentan mitten im einem relativ krassen Umbruch steht – mit dem Songmaterial musste dann erstmal ein konsistentes Konzert hinkriegen, hat aber eher nicht so geklappt. Wegen den ganzen schönen Leuten und den beiden spitzenmäßigen Hits von Songwriter Joseph Mount kommen wir vielleicht aber auch nächstes Mal wieder vorbei, eventuell sind es dann ja schon vier oder fünf. Das Bier war eigentlich auch erstaunlich okay.

Metronomy

Foto: Steffen Schmid

5 Gedanken zu „METRONOMY, 01.12.2011, Wagenhallen, Stuttgart

  • 3. Dezember 2011 um 01:22 Uhr
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    Was für ein großartiger Neo-Dada-Text! (Macht mir schmerzlich bewusst, ein kleines Licht zu sein ;) ) Rein konzertmäßig hab ich wohl nix verpasst.

  • 4. Dezember 2011 um 18:10 Uhr
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    Kann dem meisten im Artikel zustimmen.Fand die Hipster- und Hipsterinnen (?)-Dichte auch beeindruckend. Aber ich fand, dass der Funke nicht nur bei den beiden Hits übersprang und das Publikum doch größtenteils sehr euphorisch war. Auch die Band wirkte sympathisch. Ich habe mich nur gefragt, ob der Leadsänger vorher gut getrunken hatte oder einfach nur nen seltsamen Dilakt hat.

  • 4. Dezember 2011 um 18:12 Uhr
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    Dialekt natürlich : )

  • 5. Dezember 2011 um 09:21 Uhr
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    Tippe auf Dialekt, ist mir aber auch aufgefalllen

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