KATZENJAMMER, 08.11.2011, LKA, Stuttgart

Katzenjammer

Foto: Özlem Yavuz

„Katzenjammer, die vier unscheinbaren Jungs aus Norwegen, haben einen ganz bemerkenswerten Sound. Eine wilde Mischung aus Rock’n’Roll, Country, Walzer, Gospel, Ragtime, Soul, Irish Folk und vielem mehr. Trotzdem haben sich an diesem trüben Novemberabend nur wenige Besucher ins LKA verirrt…“
So oder ähnlich würde wahrscheinlich eine Konzertbesprechung beginnen, wenn Katzenjammer aus den vier (fiktiven) Brüdern von Marianne Sveen, Turid Jørgensen, Solveig Heilo und Anne Marit Bergheim bestehen würde. Nun haben sich aber durch eine glückliche Fügung eben keine Jungs, sondern diese vier Musikerinnen gefunden, die – unabhängig von ihrer unbestrittenen Virtuosität – in erster Linie mit ihrem unwiderstehlichen Charme und frechen Witz jedem Publikum den Kopf verdrehen.

Begeisterte Kritiken aller Orten, ausverkaufte Hallen, Lieblinge der Feuilletons und Frauenzeitschriften, Top-Platzierung in den SWR3-Hörercharts (noch vor Grönemeyer und Coldplay). Das alles sind Hinweise, dass es voll werden könnte im LKA an diesem trüben Novemberabend. Und es wird voll, proppenvoll. Wo vor zwei Jahren noch der beschauliche Beat Club reichte, wird man nächstes Jahr wohl schon die Porsche-Arena buchen müssen.

Aber langsam. Natürlich lässt sich der kritische Musik-Blogger nicht so einfach um den Finger wickeln. Er wird objektiv und sachlich über die musikalischen Darbietungen dieses Abends berichten. Und so ärgert er sich gleich zu Beginn, dass der vermutlich sehr schöne Gesang von Unni Wilhelmsen, die das Vorprogramm zu bestreiten hat, im lautstarken Getratsche des freudig erregten Publikums komplett untergeht.

Gegen neun Uhr ist es dann endlich so weit. Elfengleich schweben die vier Damen die LKA-Showtreppe herab auf die Bühne, wo sie begeistert empfangen werden. Schick sind sie, in ihren eigenwillig kombinierten Klamotten. Besonders auffällig: Marianne Sveen im hautengen knallgrünen Schlauchkleid und ausladender Wischmop-Perücke – Norwegens Antwort auf Beth Ditto? Und schon geht’s los mit „A Kiss Before You Go“, dem Opener Ihres aktuellen Albums. Man staunt, wie mühelos jede der Musikerinnen jedes der reichhaltig vorhandenen Instrumente spielt. Manchmal auch zwei oder drei gleichzeitig. Da wird der musikalische Vortrag fast schon zur Jahrmarktsattraktion. Es sind solch selten gehörte Instrumente wie die Bass-Balalaika, der Blecheimer am Schlagzeug oder das Kinder-Glockenspiel, die den Katzenjammer-Sound prägen.

Und dann sind da noch vier Singstimmen, die derart gut zusammenpassen, dass man kurz den Verdacht hegt, dass diese Band gecastet sein könnte. Der Harmoniegesang, insbesondere in den Passagen, die an skandinavische Volkslieder erinnern, ist wirklich unwiderstehlich zart schmelzend. Überhaupt: Es sind die leisen, gerne im Dreivierteltakt gehalten Titel wie „Lady Marlene“, bei denen eine ganz besondere Atmosphäre entsteht.

Und trotz aller Perfektion, freundlicher Konversation mit dem Publikum und vollem Einsatz auf der Bühne mag der Laden nicht in die endgültige Euphorie geraten. Nicht umsonst ruft die Band auf, so zu tun, als ob Samstag sei. Als hierauf eine eher mäßige Reaktion aus dem Publikum kommt, kommt die freche Replik: „Oh mein Gott, wie müssen dann erst Sonntage in Stuttgart sein?“ Also singen alle tapfer mit bei „To The Sea“, und als nach einer Stunde die markant-schräge Fanfare aus „A Bar in Amsterdam“ ertönt und gleich noch „Le Pop“ nachgeschoben wird, gerät das Publikum dann doch noch ordentlich in Bewegung. Schade nur, dass dies auch praktisch schon das Ende des Konzerts einläutet. Mit einem dämonisch vorgetragenen „Hey Ho On The Devil’s Back“ endet nach siebzig Minuten der offizielle Teil. Zwei weitere Titel gibt’s in der Pflicht-Zugabe, dann ist der Katzenjammer-Spaß vorbei.

Katzenjammer

Foto: Özlem Yavuz

2 Gedanken zu „KATZENJAMMER, 08.11.2011, LKA, Stuttgart

  • 12. November 2011 um 15:44 Uhr
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    „Lautstarkes Getratsche“ – immer wieder echtes Ärgernis, auch vorgestern bei den ruhigen Passagen beim Apparat-Konzert. Bestuhlt mehr Konzerte – könnte man ausrufen.

    Tolle Fotos, Özlem!

  • 13. November 2011 um 14:24 Uhr
    Permalink

    Ich war gestern in Bielefeld. Einfach unbeschreblich und daher,,,,,WOW

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