KYUSS LIVES, 24.03.2011, Hugenottenhalle, Neu-Isenburg
„Must eat Grüne Soße!“. Fest verdrahtet in Tox‘ genetischer Substanz lauert dieser Befehl nur nach passenden Anlässen, um aktiviert zu werden. Konzerte im Frankfurter Raum bieten sich dazu ja prima an. Earthless liegt ja nun schon länger zurück. Musikgenretechnisch bleiben wir auch diesmal ganz in der Nähe.
Kleine Enttäuschung vorweg: leider keine Live-Fotos. „Nur für Print!“ lautet die Aussage. Mein Kalender sagt zwar 2011, aber sei’s drum. Bilder von John Garcia und Bruno Fevery haben wir in unserem Garcia plays Kyuss Artikel zu bieten, Brant Bjork am Schlagwerk in unserem C.J. Ramone Bericht. Nick Oliveri muss man sich eben dazu denken, sieht ja eh immer gleich aus.
Das zauberhafte Neu-Isenburg liegt idyllisch in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. Für Chemtrail-Gläubige wahrscheinlich der falsche Ort, um sich hier niederzulassen. Die Innenstadt rund um die Hugenottenhalle empfiehlt sich mit teils außenverkachelter Nachkriegsarchitektur, und einem Dienstleistungsangebot, das von KIK über Sonnenstudios und Sportwetten einiges zu bieten hat, nicht gerade für den Titel „Hessen-Florenz“. Egal, nach Stärkung mit besagter Grüner Soße und Schnitzel in Eisbärengröße treffen wir kurz vor neun in der Hugenottenhalle ein.
Von außen an die Besigheimer Realschule erinnernd, präsentiert sich die Halle von innen wie das gewesene Stuttgart Kongresszentrum. Voll ist es, warm ist es. Bestimmt ausverkauft. Die zweite Vorband Waxy hat gerade angefangen, und bei den ersten zwei Stücken denken wir noch: gar nicht schlecht. Bisschen Sabbath, 70ies Rock und ein Gesang, der ein wenig an Josh Homme erinnert. Zwar hört man die beiden Gitarren und das Keyboard kaum, aber das wird sich ja bestimmt ändern nach ein paar Songs. Tut es aber nicht. Man hört weiterhin fast nur Gesang, Bass und Schlagzeug. Außerdem wird der Gesang immer melodiöser, was ich bei dieser Stilrichtung nicht so wirklich gebrauchen kann. Da schrillen gleich die Nickelback-Alarmglocken. So arg ist es natürlich nicht, aber unser Enthusiasmus lässt nach. Also wieder in den Warten-Modus umschalten.
Gegen viertel vor zehn dann, nach pompösem Intro, kommen Kyuss Lives auf die Bühne. Und ja, genau, das ist der Unterschied wenn man plötzlich eine Gitarre laut und fett hören kann. Der Sound ist gut und druckvoll. Laut, aber ohne zu stören, sehr nah an dem dran wie die Kyuss Platten klingen. Überhaupt, war „Garcia plays Kyuss“ letztes Jahr schon sehr gut und eine gelungene Reminiszenz an die Götterband Kyuss, so ist diese Formation meines Erachtens noch näher dran an der Grundidee Kyuss. Die Stücke werden nicht nur gespielt wie auf Platte, es wird auch ab und an gejammt. Das tolle Schlagzeugspiel von Stilikone Brant Björk, aber auch der Bass von Nick Oliveri, alles rückt noch näher an das Original ran, als es beim schon tollen letztjährigen Konzert der Fall war. Bruno Feverys Gitarre klingt mittlerweile mehr nach Josh Homme als Josh Homme selbst. Falls es mal zur Reunion kommen sollte, muss Josh wohl bei Bruno Nachhilfestunden nehmen.
Garcia selber ist gut bei Stimme, etwas wortkarger allerdings als in Stuttgart letztes Jahr. Etwas ist gut, eigentlich gibt es gar keine Ansagen. Die ersten Stücke hat er noch eine Sonnenbrille auf und trägt Zopf. Dann kommt die Sonnenbrille weg, später trägt er die Haare offen. Besser ist letzteres, sieht mehr nach Stonerrock aus, wenn die Haare das Gesicht bedecken und vor dem Mikro hängen.
Die Setlist lässt keine Wünsche offen. Alle Hits dabei, und das sind natürlich viele. Eigentlich ist jeder Song ein Hit. Ziemlich überraschend, dass sie „Fatso Forgotso“ spielen. Hatte ich gar nicht auf dem Schirm, aber super Stück. Überragend wie sie mein Lieblingsstück „Rodeo“ präsentieren. Der Part mit dem massiven Riff und der Pause dazwischen, wird wiederholt und wiederholt. Kann man gar nicht oft genug hören. Ach so, Thema Publikumsreaktion. Begeisterung am Anschlag. Mitsingen, Crowdsurfing, Bierbecher werfen, fehlt an nix.
Der Zugabenteil wird erwartungsgemäß mit dem Überhit „Green Machine“ beendet. Sagenhaftes Konzert, macht extrem viel Spaß! Deutet man die Zeichen richtig, könnte es ja bald tatsächlich zu einer richtigen Kyuss-Reunion kommen. 75% Originalmitglieder weist die Formation jetzt schon auf. Josh Homme spielt mit Queens Of The Stone Age auf seiner aktuellen Tour ja auch komplett das erste QOTSA Album. Der Zeitpfeil zeigt also eindeutig zurück. In diesem Fall ist das auch ausnahmsweise absolut ok so!
.. es war wirklich ein gelungener abend, für mein erstes kyuss konzert war ich mehr als zufrieden!