TSOL, 30.01.2011, Zwölfzehn, Stuttgart

TSOL

Foto: Steffen Schmid

Achtung, muss ein wenig ausholen: War wohl so gegen 1984, als mir TSOL (eigentlich True Sounds of Liberty, das sagt aber kein Mensch) das erste Mal über den Weg gelaufen sind. In „Suburbia“, dem besten Filmchen über amerikanische Vorstadt-Punkrocker, performen sie nämlich „Darker my Love“. Konnte damals mit dem ganzen Ami-Punk nicht so richtig was anfangen (Ramones mal ausgenommen), bin schließlich mit dem guten, alten, britischen Punkrock sozialisiert worden.

Tja, kurz drauf lief mir Stuttgarts Skate-Punk-Legende PommFritz über den Weg, drückte mir ein Tape in die Hand mit den Worten: „Hör‘ Dir das an, Alter!“ Na klar, als Skater hat der fast nur so Sachen wie D.I., Circle Jerks, Channel 3, Agent Orange, Black Flag, Adolescents, Descendents und all die anderen Bands aus dem legendären Posh Boy und SST Umfeld gehört. Also das Tape in den Walkman gepackt – und siehe da: je öfter Kracher wie „Code Blue“, „Wild in the streets“ oder „Richard hung himself“ das Trommelfell malträtierten, desto mehr habe ich mich mit dem ganzen Ami-Kram angefreundet. Danke, Fritz.

TSOL

Foto: Steffen Schmid

25 Jahre später mischt PommFritz kräftig beim S21-Widerstand mit, und ich steh‘ bei TSOL im Zwölfzehn. Mit gemischten Gefühlen: Denn neben einigen großartigen Orange County-HC-Platten (gegen später mit einem wunderbaren Einschlag Richtung Düster-Punk) haben die Buben auch seltsame Ausflüge in Glam-Rock-Gefilde unternommen und waren gar mit Red Hot Chili Peppers und Guns’n’Roses auf Tour. Ah ja…
Wo’s lang gehen soll heute abend macht Sänger Jack Grisham (sehr adrett im Anzug mit Totenköpfen auf dem Revers und gegelten Strähnen in der Stirn) gleich am Anfang klar: „Can we have some fun before I go home, where my girlfriend hits me with sharp things?“ Is‘ nämlich die letzte Show der Tour heute abend – und irgendwie wirkt das Quartett auch etwas müde, wenn auch gut gelaunt. Trotzdem will das mit dem Fun nicht so richtig klappen – zu statisch das Ganze, Grisham läuft in einer Tour eher gemächlich von links nach rechts und wieder von rechts nach links. Erinnert irgendwie an einen, der einen Vortrag hält. Glücklicherweise versucht er nicht, an der Zwölfzehntanzstange abzugehen, denn daran scheitern fast alle. Er macht stattdessen Witze über Pee Play und Blowjobs mit seiner Mutter – na ja, jeder hat wohl so seinen Fetisch. Meinen Humor trifft er damit allerdings nur bedingt.

Musikalisch gibt’s dagegen nix zu meckern, die Buben verstehen ihr Handwerk und bollern den für die 80er so typischen, melodischen und eingängigen Hardcore blitzsauber von der Bühne – kein Schnickschnack, hie und da mal ein Tempowechsel, ab und an ein Break und gut is‘. Aber wie gesagt: Der Funke will bei mir und den anderen knapp 50 Hanseln im Zwöfzehn nicht so richtig überspringen. Dass sie meinen Lieblings-Song „Code Blue“ ausgerechnet in dem Moment spielen, als ich gerade pinkeln bin, passt da irgendwie… Da hilft es auch nicht, dass der Rest der Band aussieht, als ob sie gerade vom Casting für den Mike-Ness-lookalike-Contest kommen – Schwalben am Hals und so, Haare nach hinten gegelt. Is‘ ja vielleicht auch der Orange County-Punkrock-Hero-Style – kenn‘ mich da nicht so aus, hab‘ nur ’ne mittelmäßige indianische Sonne auf dem Oberarm und mit Haaren zum Nach-hinten-gelen sieht’s auch finster aus.

Das nächste Mal geh‘ ich zu The Members. Sind Engländer. Mit deren Humor komm‘ ich besser klar. Vielleicht muss mir PommFritz aber auch nur noch mal ein Tape in die Hand drücken…

Noch was für Augen & Ohren:

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