1000 ROBOTA, 24.01.2011, Schocken, Stuttgart
Das geht schon gut los: Die Vorband besteht aus der Folk-Sängerin Mary Ocher, die zwar auf Englisch kommuniziert, aber irgendwie in Berlin zuhause oder auf Dauerbesuch ist, wer weiß. Da fragt man sich aber zunächst, ob sich einer der 1000 Robota zum Spaß verkleidet hat, mit silberner Leggins und Hosenträgern und blonder Perücke und Riesenbrille, auch weil keine Vorband angekündigt war. Aber Mary sieht in echt so aus, begrüßt das Publikum und schrammelt ein wenig auf ihrem, wie sie betont, „fucked up amp“ herum, der tatsächlich und auch trotz ihres nicht gerade sauberen Anschlags recht kaputt klingt. Als sie aber zu singen anfängt, staunt das Schocken überrascht ob dieser vollen Stimme, mit der die silbern Behoste, auch wegen des Verstärkers, in den 70ern nicht weiter aufgefallen wäre, immer etwas zu viel Zittern in der Stimme à la Joan Baez. Deshalb, und weil sie auch irgendwie knuffig aussieht, möchte das Publikum tatsächlich noch mehr von ihr hören, obwohl sie nach drei Liedern schon wieder abhauen möchte, weil, wie mehrfach betont, der Amp fucked up ist. Wenn so Berlin ist, denkt man, ist es ja eigentlich voll witzig dort.
Einige anwesende Fans würden bestimmt auch gut nach Berlin passen, wie man sich halt vorstellt, dass Leute aussehen, die zu einer hippen Indieband gehen. Sind aber bestimmt auch viele Schüler, denn 1000 Robota sind auch noch eher Richtung Abi als Richtung Uni-Abschluss, wie man dann spätestens feststellt, als die drei die Bühne betreten. Ebenbürtig postieren sich Anton Spielmann, Sebastian Muxfeldt und Jonas Hinnerkort nebeneinander von links nach rechts: Gitarre, Bass, Schlagzeug.
Zweistimmiger Gesang oder vielmehr zweistimmig gerufene Parolen propagieren in der ersten Hälfte des Konzerts zumeist Party:
Schmeiß dein Ego weg und feier was du liebst
rezitieren Spielmann und Hinnerkort gemeinsam und wiederholt ins Mikro. Das geht nach vorn, und man versteht auch, was sogar die englische Presse an den Jungs findet. So was ist bisher eher selten aufgetaucht in der deutschen Musiklandschaft, und das was da auftaucht, klingt neu und richtig gut. Für Schubladen-Fans: Man könnte das Post-Punk nennen.
Fast beschwörend wiegt sich Bassist Muxfeldt das ganze Konzert über vor und zurück, beschwörend grooven seine recht funkigen Basslines, beschwörend wiederholen seine zwei Kollegen ihre Parolen. Zwischen den Songs, bei den wenigen Ansagen, da wundert man sich aber dann. Von Presse und Publikum als arrogant verschrieen, sind 1000 Robota vor allem eins: nett. Vielleicht etwas elitär in der Ausdrucksweise, aber kaum schlimmer als Deutsch-Leistungskursler kurz vor dem Abi. Dafür hauen die drei einen pogotauglichen Dancefloor-Indie-Kracher nach dem anderen raus und bedanken sich jeweils freundlich für den annehmbaren Applaus.
Die überraschende Unplugged-Version ihres Knallers Hamburg brennt zur gezupften Gitarre soll wohl eher eine Verabschiedung von dem Song sein, wer lässt sich schon gerne auf ein einzelnes Lied reduzieren. Allerdings merkt man dabei auch, wie sehr sich Text und Musik bei 1000 Robota gegenseitig beeinflussen.
Was sind Bands ohne Leute / auf Konzerten ohne Meute
aus „Hamburg brennt“ brauch zur beabsichtigten Wirkung eben dieses sich wiederholende Laute, dieses stampfende Maschier-Element.
„Vergesst Schule, vergesst Arbeit, vergesst Familie, das ist ein Rockkonzert“, keift Anton zwischendurch ins Mikro. Dieser pubertäre Hedonismus steht den Robotern aber gar nicht so gut an, da waren sie vorher einfach schon zu reflektiert und freundlich. Ob die vielen Kritiker, die Arroganz attestierten, wohl jemals ein Robota-Konzert gesehen haben? Jedenfalls wundert man sich, woher diese Bewertung stammt. Auch das Finkenauer-Cover Ich blicke an dir vorbei klingt live so echt und nach wirklichem Liebeslied, dass man ihnen ihr Vanitas-Gegröle von vorher nicht so recht abnehmen mag. Die Band auf ein Merkmal wie ihre Arroganz oder Jugend zu beschränken, ist jedenfalls langweilig. Da rätselt man die ganze Zeit, wie dieses Bild zustande kommt und ob ihnen dieses Image gut tut oder nicht.
Die letzten Stücke des Konzerts schnuppern fast Shoegaze-Hauch, schleppender wird das Schlagzeug, breiter die Soundwälle, Gesang gibt’s eigentlich nicht mehr, das ganze mündet in ein gefühlt 15-minütiges eingespieltes Hörspiel oder einen Filmausschnitt, der von den Robotern instrumentiert und mit gelegentlichen Gesangspassagen unterlegt wird. Das ist jedenfalls nicht das was man erwartet hat, wenn man die ersten Lieder des Abends noch im Kopf hat, das ist vielleicht besser. Auf jeden Fall beweisen sie hiermit spätestens, dass sie nicht vorhaben, bei den zweifellos großartigen Indie-Party-Hymnen stehen zu bleiben.
Also ich bin ja eher Tomte! :-)
Hm. Lässt sich glaube ich nicht unbedingt vergleichen, nur weil die auch aus Hamburg sind. Bei 1000 Robota gehts meist weniger um die romantische Verklärung norddeutscher Großstädte wie bei Tomte & Co.