LINKIN PARK, 22.10.2010, Schleyerhalle, Stuttgart
I tried so hard and got so far, but in the end it doesn’t even matter – I had to fall to lose it all, but in the end it doesn’t even matter
Mist, Ohrwurm eingefangen. Ist aber auch kein Wunder: Voll hier, ausverkaufte Schleyerhalle. Alle singen mit. Klatschen und handyfilmen ist auch ganz groß in Mode.
An Zuspruch mangelt es Linkin Park kaum. Die Fans der kalifornischen Poprocker singen aber nicht nur gerne, sie gelten auch als überaus loyal und machen jeden platt, der was gegen die Boys sagt. Und ich bitte darum, mir das sackhoch anzurechnen, dass ich jetzt nix von „Parkschützern“ erzähle. Aber wenn es etwas wirklich Postives über das Quintett zu sagen gibt, dann höchstens, dass sie ein Sextett sind oder meinetwegen, dass sie keine Flecken hinterlassen. Steril und keimfrei. Metalboygroup, wild und gefährlich wie ein Plastiküberzug für die Couch. Okay: Hits schreiben sie auch wie Bekloppte.
Die Futureheads aus Sunderland machen den Vorturner. Kaiser-Chiefs-2.0-Indierock, sehr schmissig, nicht sonderlich spannend aber durchaus unterhaltsam. In den Gängen der Schleyerhalle laufen die Vorbereitungen derweil auf Hochtouren. „Ach, geben Sie mir gleich zwei Bier“, sagt einer. Ein Junge im brandneuen Linkin Park T-Shirt fragt nebenan: „Papa, wieviel Kohle haben wir noch?“ und ein anderer schreit sein iPhone an: „Waaasss?!?“, „Nö, oder?!“. „Oh, Mann“. Dann jubelt er: Augsburg schießt das 1:1 gegen Union Berlin. Lang lebe der Livestream.
Dann flatzbatzmäßig: Licht aus, Handykamera an und los geht’s mit „Wretches & Kings“, einer dürftigen Drittverwertung einiger sehr guter Ideen, die Ministry oder Nine Inch Nails back in the day hatten und dazu gibt’s ein paar schlimme Dancebeats, die hoffentlich nur Linkin Park für HipHop oder Elektro halten. Letzteres finden die gerade eh ziemlich spitze, haben neulich sogar eine Platte damit vehunzt. „A Thousand Suns“ heißt die und sogar eingefleischte Fans behaupten, dass das sehr großer Mist sei. Hab ich im Rauchereck und hinter vorgehaltener Hand gehört. Schwöre.
Drinnen drehen trotzdem alle komplett durch. Opulenter Bühnenbau, super Licht, Videos – alles so schön bunt hier. Die Hits wiederum vermögen nur erlesene Kenner auseinanderzuhalten „Papercut“, „Faint“, „Numb“ und so weiter. Egal, die Stimmung ist super. Freitagabend will man sich schließlich amüsieren.
Leidenschaftsfrei und förmlich zugekleistert mit Samples, Halbplayback und Sequenzerzeug würgen Linkin Park den letzten Funken Leben aus ihren Gassenhauern und posen sich freundlich durchs Programm. Lebensgefühl auf Abruf: Mal gibt Sänger Chester Charles Bennigton auf der dreieckigen Bühne den Selbstzerstörer, mal den Schüchternen und manchmal auch die Rampensau. Macht er fein. Und klaro, ist es good to be back in Stuttgart. Geht mir oft so. Ich bringe aber nicht jedes Mal eine riesen Videoleinwand mit. Klarer Punkt für Chester und seine Boys. „Breaking The Habbit“ auch. Super Lied.
Ich würde gerne Chester Charles Bennigton heißen. Das klingt nach britischem Landadel, After Eight, Burlington, Tee und saftigen Wiesen. Zeitlos edel.
Der Zeitgeist verhalf Linkin Park wiederum zu einer ihrer besten Ideen der letzten Jahre: Weil kaum noch jemand ernsthaft Rapmetal hören wollte, hat auch Mike Shinoda weitgehend eingestellt, in schlimmster DJ Bobo-Manier Rhymes zu spitten. Spielt jetzt mehr Gitarre und Klavier, dreht an Knöpfen und singt. War eine gute Entscheidung, auch wenn er sich ab und an noch für einen tighten MC hält. Aber wer will’s ihm verdenken? Auf den Rängen tanzen ein paar Typen, als wären sie Jay-Z und werden von Frauen dafür geküsst. Andere Frauen kreischen lieber wie verrückt. Mädchen auch. Ekstase überall.
Was Linkin Park da veranstalten ist fast perfekt, routiniert und irgendwie lückendicht plus Weichzeichner. Mich beschleicht aber der Verdacht, dass genau das der Kackpunkt, ‚zeihung, Knackpunkt ist: Die wirken immer wie eine Live-DVD. Tipptop ausgeleuchtet und technisch auf der Höhe der Zeit. Man kann leider nicht weiterzappen, zum Beispiel beim brachialkitschigen „Iridescent“, beim inspirationsarmen Elektro für Anfänger oder dem sinnfreien Getrommel, das selbst das Safri Duo wie Künstler aussehen lässt. Die Band ist ein einziger Kompromiss. Linkin Park rechnen benutzerfreundlich herunter, was in den vergangenen Jahrzehnten so an contemporary Popmusik geboten wurde und picken sich das Griffige heraus. Oh, fast vergessen: Balladen gibt’s auch. Die wiederum müssen im linkinpark’schen Verständnis scheinbar immer wie „With or without you“ von U2 klingen. Weiß Gott, weshalb. Oder Bono fragen. Keine Ahnung.
„Love keeps us alive“ schmachtet Bennington in die Halle. Ich hoffe, er meint das auch so. Nach 90 Minuten hört der Spaß endgültig auf. Ohrwurm einpacken und nix wie weg.
Hm … der Review ist gnädiger, als ich bei der Band erwartet hätte. Trotz Live-Weichzeichner gestochen scharfe Bilder. Wie machst Du das, Steffen?
Heiner Geißler hat geschlichtet.
hehe, sehr witzig, vor allem wenn man noch das bild vom setzer direkt nachm konzert im kopf hat ;)
Irgendwie scheinst du die Band einfach nicht zu mögen. Dann bleib doch zu Hause. Das Konzert war auf jeden Fall besser als vieles was ich zuvor gesehen habe.
Ich kann den Daumen nicht klicken, daher per Kommentar meinen Daumen nach oben für deinen Bericht, Mr. Setzer.
Ich finds schon fast unter aller Sau was du hier ablieferst. Ich finde man sollte so etwas immer mit einem gewissen Abstand betrachten. Aber dein Report trieft fast vor Abneigung. Ich finde die Sanwichmethode ganz gut, sollte man sich mal aneignen. Einfach auch mal was nettes sagen können und dann Kritik üben. Musik ist Geschmackssache, jeder empfindet es als anders. Aber mit einem Bericht sollte man neutral bleiben können. Es gibt auhc Leute die die Band gerne hören und die gut fanden was abgeliefert wurden, von daher finde i nicht ganz in Ordnung was hier kam. Machs besser.
Ja Herr Setzer,
mir geht’s mit Linkin Park ganz ähnlich. Neulich hat ein Kumpel total begeistert eine Live-DVD reingeschmissen. Und die war so super abgemischt, dass nicht mal die Bohne Atmosphäre rüberkam. Glattgebügelter Sound, glattgebügelte Band.
ich weis ja nicht wer du bist und wie du so eingestellt bist, aber ich weis dass LP erst vor kurzem zum best-live-act gewählt wurden. und ich muss sagen ich stimme dem zu 100% zu (ich habe selbst mehrfach für sie gevotet). noch dazu war ich selbst auch in stuttgart und ich kann nur sagen dass nichts und niemand annähernd nur so gut ist wie LP. gut wenn dir diese musikrichtung nicht gefällt dann ist das in ordnung. aber es ist nicht in ordnung so dermaßen von den tatsachen abzuschweifen. der auftritt war einfach bombastisch. kaum eine andere band schreibt so tiefgehende texte, hinterlegt diese mit ihrem individuellen genialen stiel und legt noch zu alledem einen bombastischen live-act hin. dies sind die tatsachen. wer dies sich nicht eingestehen kann ist a:unzufrieden mit sich selbst, b: lediglich eifersüchtig oder c: hat einfach keinen stiel. dies war meine meinung. was sagt ihr?
d: Er hat Recht.
Nadin. Ich glaube, ich habe mich soeben in dich verliebt.
Also ich war auf dem Konzert in Hamburg und cih kann nur sagen. Respekt. Sie sind hammer und ich bin ein riesen Fan von ihnen. Ich hab nichts gegen Leute die LP nicht mögen aber da muss man nicht gleich auch noch die Fans von LP angreifen. Wir sind nicht so und wir lieben LP so wie sie sind. Für mich sind sie perfekt und ich bin nicht die einzige die so denkt. Wenn LP eine schlechte band wäre hätten sie es nicht so weit geschafft und hätten nicht so treue Fans. Ich liebe sie und werde sie auch später noch lieben und dabei ist es mir egal was andere von ihnen denken. Außerdem möchte ich mal wissen was er dazu sagen würde wenn ich seine lieblingsband klein machen würde und haufenweise negative Punkte aufzähle.