SUPERPUNK, 20.09.2010, Schocken, Stuttgart

Superpunk

Foto: Steffen Schmid

Fünf sympathische Herren treten an diesem Montagabend ins Scheinwerferlicht des gut gefüllten Schocken und legen ganz unprätentios los. Ungeschliffener souliger Rock mit deutschen Texten könnte man das beschreiben, was Superpunk aus Hamburg machen. Dieses Jahr ist das fünfte Studioalbum „Die Seele des Menschen unter Superpunk“ erschienen und kann sich durchaus mit den Vorgängern messen.

Was unterscheidet Superpunk von anderen Bands? Vielleicht ist es diese gewisse Sperrigkeit, mit der die Lieder daherkommen. Nachbearbeitung und Produktion halten sich zurück, und es entsteht keine glattproduzierte, radiokompatible Popmusik sondern Handarbeit. Handarbeit mit Ecken, Kanten, Haken und Ösen. Eben dieses Gefühl hat man auch, wenn man mit den Jungs ins Gespräch kommt. Es handelt sich um Persönlichkeiten, nette Kerle, die an der Theke stehen, denen es Spaß macht miteinander zu musizieren, oder denen zumindest nichts besseres einfällt, was sie mit ihrer Zeit anfangen könnten. Und ist das nicht die beste Motivation, die es für einen Musiker geben kann? Außer vielleicht die feinen Sahnetorten, die gerüchteweise backstage gereicht werden.

Das Publikum ist gut gemischt, unerwartet viele Mädels, junge Leute, gerade noch in Ausbildung oder bereits im ersten/zweiten Job. Der Auftritt gefällt: Aus anfänglichem Mitwippen wird stärkeres Kopfnicken und Tanzen und lautstarkes Mitsingen: „Ich bin nicht böse gebor’n!

Deutsche Texte? Superpunk beherrschen das Kunststück, weitaus weniger verkrampft und intellektualistisch als manch‘ andere Hamburger Band daherzukommen. Keine Spur peinlich, sondern sich selbst treu bleibend werden Themen besungen, die sonst eher nicht Gegenstand eines Songs würden („Die Bibliothek“). Auch das trägt dazu bei, dass Superpunk irgendwie ungelenk und deplaziert in Raum und Zeit wirken. Wie ein Sakko aus breitem braunem Cord mit Lederaufnähern an den Ellenbogen.
Überhaupt, diese Texte: Die Band schafft es, komplexe Botschaften simpel und gut verständlich auszudrücken. Da wird mal von Liebe gesungen, häufig von verklärter Sozialromantik und meist vom Unverstandensein. Der kleine Mann wird besungen, ohne sich über ihn lustig zu machen. Moderne Arbeiterlieder irgendwie. Da kann man Superpunk mit Fug und Recht in eine Reihe mit Brecht und Ton Steine Scherben stellen.

ich liebe den fußball am samstag,
die straßen wo ich herkomm und den strand am meer
du wirst es nicht glauben
ich kann lesen und schreiben
ich kann freund und feind unterscheiden
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot
du hast probleme, du bist traumatisiert
du bist paranoid, doch phantastisch frisiert
du bist ein opfer des trends, jeder kann es sehen
lieber bleib ich alleine als mit dir zu gehen
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot
manchmal seh ich die welt durch einen schleier
denn mein essen ist von aldi und mein nachtisch ist von bayer
und bin ich verarmt oder beschissen gekleidet
oder gehör zu den menschen, die man besser meidet
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot
ich bin kein ignorant und ich bin kein idiot

Superpunk

Foto: Steffen Schmid

Das Motiv des Unverstandenseins und der Ärger über erlittene Geringschätzung ziehen sich wie ein roter Faden von Album zu Album: „Ich bin kein Ignorant, ich bin kein Idiot“, „Diese Welt ist nicht für mich gemacht“, „Nein, nein, nein“, „Ich mag den Mann nicht, der ich bin“, und am deutlichsten „Allein in eisigen Tiefen“. Auch auf der Bühne wirkt Sänger Carsten Friedrichs denn auch eher introvertiert, ganz im Gegensatz zu Keyboarder Thies Mynther (Stella, Phantom/Ghost), der hinter seinem Instrument wie ein Berserker ackert und mit Tanzeinlagen beeindruckt. Nach gefühlten zwölf Zugaben verabschieden sich Superpunk mit „Bleib Deinen Freunden treu“ und hinterlassen ein sehr zufriedenes Publikum.

Tipp: Am Samstag, 13.11.2010 legt Carsten im Rahmen des Festivals POP.NOTPOP im KellerKlub feinsten Northern Soul auf.

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