GARCIA plays KYUSS, 08.07.2010, Röhre, Stuttgart

Garcia plays Kyuss

Foto: Steffen Schmid

Eigentlich giltet das heute Abend gar nicht. Damals, Mitte 90er, die Original-Kyuss in der Rofa vor der psychedelischen Leinwand, wie es die dunkle gig-blog Eminenz Michi gemacht hat, das gäbe die volle credibility-Punktzahl.
Das Ganze heute Abend hat natürlich einen schalen Beigeschmack, so was in der Richtung von „da nach Kyuss nix mehr gescheites kam, spielen wir halt die alten Hits“.

Aber vielleicht tut man Mr. Garcia damit Unrecht, hab ihn ja schließlich auch vor zwei Jahren mit Hermano in der Röhre gesehen und es war sehr ok. Und vor allem, da mache ich mir selber aber gar nix vor, hab ich wahnsinnig Bock Kyuss-Songs endlich mal live in die Ohren gedrückt zu bekommen.

Mit diesem Bedürfnis steh ich nicht alleine da, denn die Röhre ist heute Abend ausverkauft. Das kann ja was werden bei den Temperaturen. Aber es ist überraschend angenehm temperiert im Tunnel, als nach etlichen Hendrix-Songs John Garcia mit seiner Band die Bühne betritt.
Die komischen Bedenken, von wegen „Smokie auf der Oldie-Hits“ Tour, verfliegen schneller als man yeah sagen kann. Vieles wird heute klar! Ein ganzes Set mit nicht einem einzigen Füller, sondern nur ein Hit nach dem anderen, welche Band kann so etwas vorweisen? Zwei-Drei Noten am Anfang reichen, und alle wissen was für ein Song kommt. Beeindruckend! Kyuss haben mit den drei Alben Blues For The Red Sun, Welcome To Sky Valley und …And The Circus Leaves Town monumentale Klassiker geschaffen, ein Genre (Stoner-/Desert-Rock) mitbegründet, und eine Riesenlücke hinterlassen. Jeder im Publikum kennt jeden Song, fast alle kennen die Texte.
Live fällt mir außerdem auf, dass die Musik von Kyuss, aller unglaublichen Heavyness zum Trotz, wie soll man sagen, tatsächlich sexy und groovy ist. Heavy-Rock, der sexy klingt? Ist so, und damit schließt sich auch der Kreis zu Jimi Hendrix.

Garcia plays Kyuss

Foto: Steffen Schmid

Doch es ist nicht nur so, dass hier eventgeile Stonerrock-People ihre Hits hören wollen und eh feiern würden. Hier steht eine exzellente Band auf der Bühne, die nicht nur den original Kyuss-Sound in Perfektion beherrscht. Sie spielen die Songs auch mit großer Hingabe und großer Musikalität. Von wegen Hits abdudeln und Kohle machen. Das ist ein fantastisches Konzert, gelebte Musik, und einen überraschend guten Sound gibt es außerdem auch noch.
Man merkt das auch an den Musikern, deren Gesichter zunehmend gerührter grinsen müssen, je weiter das Konzert fortschreitet und die Begeisterung immer mehr zunimmt. Crowdsurfing, die Temperatur ist mittlerweile spürbar angestiegen und der kondensierte Schweiss tropft von der Decke, die Leute singen mit…klingt ja als wäre das ein geiles Konzert hier. Ist auch so!

John Garcia bekommt dann auch noch einen kleinen Lachanfall, als er nach der Frage „Is there any weed in this fucking place here?“ zeitgleich mit dem Satzende eine vuvuzelaförmige Zigarette auf die Bühne geworfen bekommt. Dienstleistungsparadies Stuttgart!
Was sind die Highlights? Keine Ahnung, das kann sich bei der Setlist jeder selber zusammen suchen. Ich hab mich besonders über Gardenia, Green Machine, Demon Cleaner und die Zugabe Rodeo gefreut.

Als ich nach Konzertende durch das Publikum, das aussieht wie ein Marathonfeld am 40. Kilometer, in die warme Nacht raustrete, frage ich mich, ob ich tatsächlich was von „schalem Beigeschmack“ geredet habe.
Das hier ist höchstes Kulturgut, das raus unter die Leute muss. Immer, des besseren Lebens wegen.

6 Gedanken zu „GARCIA plays KYUSS, 08.07.2010, Röhre, Stuttgart

  • 9. Juli 2010 um 08:52 Uhr
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    Naja, eigentlich lagen bei dem Auftritt in der Rofa Kyuss schon längst im sterben, weil es ein Herr Garcia nicht für nötig befunden hatte bei ca. der Hälfte der Lieder überhaupt auf die Bühne zu kommen, sondern sich lieber Backstage die Kante gegeben hat.

    Das es Kyuss heute nicht mehr gibt ist einzig und allein Garcias verschulden. Das sollte man bei all der Sympathie für diese wirklich große Band niemals vergessen!

    Wirklich legendär war übrigends der Kyuss Auftritt 94 in der Röhre, da stand die Band auch noch als geschlossene Einheit auf der Bühne und nicht Kyuss + ein weggeballerter Garcia, der mal mitmacht, falls im zufällig nix besseres einfällt

  • 9. Juli 2010 um 09:03 Uhr
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    @schmalhans: danke für die Infos! Vielleicht hat sich meine Quelle damals mit Garcia die Kante gegeben, und hatte das Konzert deswegen so euphorisch in der erinnerung;-)
    Gibt’s nicht irgendwelche rechtlichen Probleme, dass er jetzt so halb unter dem Namen Kyuss nur Songs von denen spielt?

  • 9. Juli 2010 um 09:19 Uhr
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    Man hört das ja immer wieder, daß Leute sagen, daß der Auftritt in der Rofa Hammer gewäsen wäre. Die Band war damals auch extrem gut, was mir halt ziemlich auf die Nerven ging, war Garcia.

    Viele sind vielleicht auch einfach deswegen immernoch so restlos begeistert, weil sie überhaupt Kyuss mal live gesehen haben, was ja heute schon auch ein bisschen Angeberpotential hat ;)

    Rechtliche Probleme gibt es keine. Im Grunde ist das ja nur eine Coverband und keine Coverband muß vorher bei den Künstlern die sie nachspielen wollen anfragen, ob das OK geht.

    Andersrum betrachtet ist diese Regelung auch gut so. Stell dir mal vor Yoko Ono und Paul McCartney müssten jeder Cover- und Schülerband erlauben ihre Lieder zu spielen. Da kämen die aus dem Genehmigungen schreiben gar nicht mehr heraus. Da ist diese Regelung einfacher. Du schreibst nach dem Konzert auf deine Gemaanmeldung drauf, welche Lieder du nachgespielt hast und die Gema schüttet dann Geld an die Rechteinhaber aus. Der Club, bzw Veranstalter zahlt für das Konzert sowieso Geld an die Gema

    Anders verhielte es sich, wenn Garcia jetzt eine Platte aufnehmen wöllte auf der er nur Kyusssongs nachspielt. Dann braucht er die Genehmigung derjenigen, die die Rechte an den Songs haben.

  • 9. Juli 2010 um 10:26 Uhr
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    @Schmalhans: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Garcia sich die Kante in der Rofa gegeben hat.

    … toll, jetzt steh ich als Angeber da, Danke Lino.
    Vielleicht kann das kessel.tv auch noch schreiben …

    Toller Text und tolle Bilder. Seufz.

  • 10. Juli 2010 um 22:58 Uhr
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    bevor noch mehr shizzle über garcia verbreitet wird …
    rat ich mal lieber die geschichte des desert rocks mit allen anfängen (und enden) zu lesen…
    und wer weiss wenn joshie grad nich selber so derben tour stress mit jeglichen anderen bands und projekten hätte…wäre er vielleicht dabei gewesen??
    Brant war ja auch ein paar mal dabei….

    ansonsten kann ich nur sagen garcia war in bestform und hat dem namen kyuss wieder einmal alle ehre verschafft!!
    rock and roll hell yyyeah!!

  • 10. Juli 2010 um 23:00 Uhr
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    und übrigens: der Bericht von trifft einfach nur den Nagel auf den Kopf!Saugeil!!

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