AC/DC, 13.06.2010, Cannstatter Wasen, Stuttgart
Kein Wort über alte Männer heute. Das hat schon vergangenes Jahr beim Konzert am Hockheimring für ein paar missmutige Stimmen gesorgt, was hier nachzulesen ist.
Natürlich ist es ein Thema, dass heute Abend die deutsche Nationalmannschaft zu ihrem ersten Spiel bei der Weltmeisterschaft in Südafrika antritt. Ausgerechnet gegen Australien. Und die australische Band AC/DC spielt am selben Abend auf dem Cannstatter Wasen auf. Und sogar zeitgleich um 20.30 Uhr ist Anpfiff. Eigentlich sollten AC/DC erst um 21 Uhr auf die Bühne gehen. Wer sich nicht entscheiden kann, rein optisch natürlich, trägt zum verwaschenen AC/DC-Leibchen schwarz-rot-goldenes Rouge. Oder ähnliches. Zum Glück gibt‘s keine Vuvuzelas hier. Und eine sehr gute, gründliche Security-Frau: „Soichsch du daheim auch an die Wand hin?“, fragt sie den Herrn, der gegen die Zeltwand pinkeln will. „Einpacken und weitergehen.“
Auf dem Cannstatter Wasen mit rund 65.000 Besuchern ist heute nichts von dieser Welt. Aus den Boxen kommt Guns‘n‘Roses „November Rain“, und an mobilen Verkaufsstationen werden die bekannten roten Teufelshörnchen verkauft. Es ist vom organisatorischen Aufwand das größte Konzert, das Stuttgarter bis dato gesehen hat. Die Bühne ist ein Monstrum. Musikalische Innovation ist natürlich anderswo. Aber wegen experimentellen Klängen geht nunmal auch niemand zu AC/DC. Der StZ-Musikkritiker Jan Ulrich Welke beschreibt den AC/DC-Fan folgendermaßen: „Er ist fortgeschrittenen Alters, und vor der Garage seines abzubezahlenden Reihenmittelhauses im Speckgürtel einer Metropole steht ein geleaster Mittelklassewagen. Eskapaden hat er sich versagt, seit er Verantwortung für eine junge Familie trägt. Und dass er das so herrlich nach Lenor duftende AC/DC-T-Shirt nur daheim und nicht im Büro trägt – je nun, die Verhältnisse, sie sind nicht so.“ Der Artikel ist im Ganzen hier nachzulesen.
Heute tragen sie alle ihr AC/DC-Shirt. Riechen aber nicht nach Lenor. Let There be Beer! Und Rock und so. Der StN-Redakteur Gunther Reinhardt hat das Konzert in Echtzeit hier beschrieben.
Die erste Vorgruppe heißt Room 77. Noch nie gehört. Die Kollegen aber wissen, dass da ein gewisser Andreas Görlitz Gitarre spielt. Sonst stand er schon als Verteidiger bei FC Bayern auf dem Rasen. Die zweite Vorgruppe ist Accept. Willkommen in Rock-City! Das ist vor allem laut, wie es sich für die Vorgruppe von AC/DC gehört.
Hier geht es traditionell zu. Es ist eigentlich alles wie vor gut einem Jahr am Hockenheimring. Nur, dass die Heimfahrt nicht so lang war. Sonst ist alles wie gewohnt. Keine Überraschungen, aber natürlich eine beeindrucke Show, bei der die Teufelshörnchen im Dunkeln auf den Köpfen der Fans leuchten und auch zwei überdimensionale Varianten die Bühne links und rechts oben zieren.
Es wird kühler auf dem Wasen, auf der Bühne aber wird es heiß. Es ist eins zu eins wie am Hockenheimring. Warum sich also neue Sätze für ein altes Erlebnis ausdenken: „Mit einem Knall geht es los. Die Leinwände zeigen einen Zug, der dann aus dem Virtuellen ins Reale tritt und eine Riesenlok türmt sich auf dem Monstrum, das sich Bühne nennt, auf. Sie dampft aus allen Ecken und hoch droben da leuchten zwei rote Teufelshörner. Natürlich folgt „Rock‘n‘Roll Train“, einer der vielen Klassiker, die es auf dem Hockenheimring zu hören gibt an diesem Abend. AC/DC spielen ein zwei Stunden Set, in dem sie auch „Highway To Hell“ und „TNT“ unterbringen.“
Es ist alles wie immer. Nur dass die deutsche Elf in Durban spielt. Was dank digitalem Fernsehdingens eines Kollegen sogar zu verfolgen ist. Es kommt „Back in Black“. 1:0 in der achten Minute. „It’s good to be back in Stuttgart“, sagt Brian Johnson, der übrigens Engländer ist. Und: „Thank you everybody. You make us feel good.“ Einer im Publikum schwenkt die deutsche und die australische Flagge. „Thunderstruck“, dann 2:0. Zu dem sehr ausgedehnten Song „The Jack“ entledigt sich Angus Young seiner Schuluniform und zeigt auch kurz, dass auf dem Unterhöschen AC/DC steht. „You’re looking good, Stuttgart.“ Die „Schland“-Rufe werden lauter. Immerhin steht es jetzt 3:0. Das muss sich herumgesprochen haben. Beim letzten offiziellen Lied vor den zwei Zugaben – „Let There Be Rock“ – regnet es Glitzerkonfetti und alle strahlen in den Nachthimmel. 4:0.
Skurril mit dem parallel stattfindenden Fußballspiel…