CHRISTY & EMILY, 13.02.2010, Merlin, Stuttgart
Da „muss“ ich mir nun also im Nachhinein das Dabei-Sein beim letztjährigen Gig-Blog-Weihnachtsessen verdienen, indem ich endlich auch mal wieder einen Artikel schreibe.
Meine Bring-Schuld aus 2009 also gerade noch nicht vergessen habend, kommt mir ein Konzert wie dieses recht mit einem Still-Kind zu Hause: in Laufnähe im Kulturzentrum Merlin im Stuttgarter Westen, das ganze bestuhlt (auch nicht unwichtig, wenn man wenig Schlaf hat in der Nacht) in intimer Atmosphäre mit etwa 100-120 Gästen, gefühlt alle über 35 und zwei charmante Frauen, die mit wunderbaren Stimmen viele viele kurze (herabgesetzte Aufmerksamkeitsspanne durch Still-Demenz) Lieder singen.
Da stört es auch nicht weiter, wenn die Menschen vor einem in der Getränkeschlange (2 an der Zahl) Apfelsaft und „Random“-Bionade bestellen (da wollte sich der Gute wohl nicht für eine Sorte entscheiden)…
„It’s so exciting to have a new record, it’s like having a baby“ (letzteres kann ich bestätigen) schwärmt Emily Manzo (Wurlitzer-e-Piano, Piano und Vocals), die heute Abend gemeinsam mit Christy Edwards (Gitarre, Bass, Drums und Vocals) ihr drittes Album „No Rest“, erschienen auf Klangbad präsentiert. Laut ihrem Label gehören die beiden zu der zurzeit tonangebenden Musikszene Brooklyns.
Die New Yorkerinnen, die sich in der Punkgruppe Lil`Fighters gefunden haben, und unterschiedlicher kaum sein könnten (was ihre musikalische Herkunft aber auch ihre Kleidung am heutigen Abend angeht: Emily trägt ein schwarzes elegantes Kleid, Christy trägt Jeans, T-Shirt und Trekkingschuhe – aber man soll ja nicht so aufs Äußere schauen) harmonieren vortrefflich, wenn sie gemeinsam singen und folkige wie avantgardistische Töne anstimmen.
Lino beschreibt das Christy&Emily-Konzert im letzten Herbst so schön als „psychedelisches Sound-Gewabere“ – psychedelisch scheint’s mir nur an manchen Ecken. Weil ich es treffender nicht sagen könnte, hoffe ich, an dieser Stelle das Label zitieren zu dürfen (und damit bei den anderen Damen und Herren Gig-Blogger durchzukommen): auf Struktur wird oft verzichtet und ungewöhnlich instrumentiert – und gerade das Ungewöhnliche aber Eingängige, gepaart mit dem zauberhaften Gesang, der zerbrechlich und unheimlich ergreifend über den Soundsphären schwebt, macht die Musik von Christy & Emily zu einem besonderen Erlebnis zeitgenössischer Musik.
Mich ziehen hauptsächlich die Songs in ihren Bann, in denen beide Damen in gleichen Teilen ihre doch unterschiedlichen Stimmen zum Einsatz bringen und ich vermisse schon die eine, wenn nur die andere zu hören ist. Irgendwie hat es auch was Verschrobenes, aber im positiven Sinne.
Die beiden schaffen es, in ihren zarten, leisen, zweistimmigen Partien, die mich, was die Wirkung auf mein Inneres angeht, an „die Männer, die singen“ (mein Sohn meint damit die beiden Norweger Erlend und Eirik von den Kings of Convenience) erinnern, mich ebenso wie jene zu verzaubern und mich auf wunderbare Weise mit einem Gefühl von heiterer Aufgeräumtheit und innerer Ruhe zu hinterlassen.
Und was könnte einem besseres passieren, wenn man dann durch die kalte Winternacht zurück darf in seine Altbau-Wohung, in der ein kleines Würmchen schreiend auf einen wartet, weil’s Hunger hat…
heitere Aufgeräumtheit….so schön!
tipptopp regine!!