MACHINE HEAD, 23.01.2010, Schleyerhalle, Stuttgart

Machinehead

Foto: Steffen Schmid

Zahnschmerzen sind ein altes Arschloch. Davon könnte Jamey Jasta, Grobcore Identifikationsfigur und Hatebreed Sänger, ein Lied singen. Wenn er nur könnte. Geht aber nicht. Wegen seiner Zahn-OP fallen Hatebreed aus. Aber die eingesprungenen Caliban, eifrig groovende Screamometaller aus dem Pott, spielen zum Minimaltrost ein Hatebreed Lied. Für gewissenhafte Hatebreed-Befürworter ist das zwar nur ein weiterer Schlag in den Magen, aber die Geste ist freundlich. Sehr freundlich. Ein paar Leute maulen trotzdem dumm rum, als ob ihnen das Gemotze alleine Hatebreed auf die Bühne holen könnte. Bähmullen.

Machine Head, thrashrockende Kalifornier aus Oakland sind da. Und wie. Gehört sich so als Hauptband. Schwarzweißes Bühnendesign, schwarzweiße Metal-Poesie und unverschämt viel Schwung in den Hüften. Robb Flynn, Phil Demmel, Adam Duce und Dave McClain lassen sich am Samstagabend in der Schleyerhalle gar nix streitig machen.

„Imperium“, „Old“, „Beautiful Mourning“ – beeindruckende Grobmeierei ist das und saumäßig laut. Breitbeinig bis zum Gehtnichtmehr aber mit dem Druck eines sehr großen Lastwagens, der gerade einen Fiat-Panda von der Straße schubst. „The Aesthetics of Hate“ beispielsweise ist eine wahnwitzige Achterbahnfahrt. Demmel und Flynn hauen sich gegenseitig die Soli und die Riffs um die Ohren. Wie eine Schlägerei, bei der keiner aufgeben will, keiner zu Boden gehen wird. 100% Metal. Keine Spur von Zwangsoriginalität und definitiv kein besonders weiter Blick über irgendeinen Tellerrand. Die Experimente haben Flynn und Co. sein lassen, seit sie Ende der 90er-Jahre kurzfristig versucht haben, als schwermetallerne HipHop-Homeboys etwas vom großen Nu Metal Kuchen zu naschen. Tradition steht ihnen besser. Können sie besser.

Machinehead

Foto: Steffen Schmid

Leute, die ständig fluchen sind mir etwas suspekt. „Scheiß“ hier, „verfickt“ da und so weiter. Robb Flynn macht das auch. „Fuck“, „Fucking“, „Motherfucker“ – andauernd. Wenn wundert’s, dass da „Machine Fucking Head“ auf den Bandshirts steht und ihre Fans das auch ständig laut durch die abgehängte Schleyerhalle rufen. Überschaubare 2500 sind gekommen. Wundert auch niemanden. Denn bereits zum vierten Mal spielt das Quartett nun in Stuttgart, seit „The Blackening“ erschienen ist. Und das ist gerade mal knapp drei Jahre her.

Flynn wirkt wie ein Kumpeltyp, der seine Freunde „Bro“ nennt, ihnen freundlich blaue Flecken auf den Arm haut, um zu zeigen wie gern er sie hat und halt „Fuck“ sagt, wenn er eigentlich „ehrlich?“ oder „Ja, der Meinung bin ich auch“ meint. Aber das gehört dazu. Da will einer mehr Kumpel als Rockstar spielen. Freilich ist auch das eine Pose. Aber eine Nette, die nur Phil Anselmo von Pantera beziehungsweise Down besser drauf hat.

Wenn er „Circle Pit“ ruft, dann dauert’s keine zehn Sekunden und haufenweise Typen rennen wie verrückt im Kreis und rempeln sich dabei gescheit über den Haufen. Bei anderen will man sich derweil  nicht so genau entscheiden, ob sie besoffen rumtorkeln oder doch gerade Flynns Anweisung „headbang!“ Folge leisten. Ein sehr großer Typ läuft auf mich zu, hebt mich hoch, drückt mich, schreit irgendwas, lässt mich wieder runter, lächelt und verschwindet wieder. Getränkestände sind bei Metallkonzerten ein Hort der Menschlichkeit .

Die 100 Minuten vergehen wie nix. Hits, ein bisschen Instrumentenangeberei, Animationszeug und eben Metal. Mit dem sagenhaft schönen „Halo“ und dem Klassiker „Davidian“ machen Machine Head den Sack endgültig zu. Hab mir einen Stift besorgt und „Wahrscheinlich die beste moderne Metal Band“ draufgeschrieben. Fuck, yeah. Oder so.

Ein Gedanke zu „MACHINE HEAD, 23.01.2010, Schleyerhalle, Stuttgart

  • 24. Januar 2010 um 17:55 Uhr
    Permalink

    Ich war erstaunt zu hören, dass die Show in der Slayer-Halle stattgefunden hat. 2500? Die hätte man doch auch woanders reinpferchen können, oder?

    „Davidian“ – das habe ich vorletztes Jahrzehnt zuletzt laufen lassen, wird mal wieder Zeit, danke für den Hinweis und solider Bericht vom Mann für Metal bei Gig-Blog.

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