EDITORS, 30.11.2009, LKA, Stuttgart

Editors

Foto: Steffen Schmid

Passt ja irgendwie gut zum Dekadenende, dass die aus allen Poren nach 80ern klingenden Editors vorbeikommen. Matheklugscheissertechnisch ist ja glaub das Jahrzehnt erst nächstes Jahr so richtig vorbei, aber egal. Die 00er waren ja gefühlt von Anfang bis Ende ein einziges 80ies Revival in all seinen Facetten, einzig das Rondo Veneziano-Genre kam nicht wieder so richtig in die Gänge.

Von den beiden Vorbands fand ich im Vorfeld Wintersleep die für mich interessanteren. Von denen bekomme ich aber leider nur noch die noisigen Schlusstakte mit.
Nach einer kurzen Umbaupause sind The Maccabees dran, deren Sänger mit einem 1A-Bros-Gedächtnishaarschnitt in schwarz überrascht. Der melodiöse Indie-Schrammelgitarrenpop würde mir sogar gefallen, wäre da nicht dieser sehr gutturale Gesang. Eine Art zu singen, die ich nicht abkann. Familienschwäche, hab ich von meinem Vater. Davon aber mal abgesehen, gute Band das.

Große Kontroversen gibt es ja um den neuen, keyboardlastigeren Sound von „In This Light And On This Evening“, der neuen Platte der Editors. Das wird auch im Laufe des Konzerts deutlich, dass diese Songs großteils verhaltener aufgenommen werden als die der Vorgängeralben.
Lightshowtechnisch wird ganz schön was geboten mit einem farbenprächtig illuminierten Bühnenhintergrund. Allerdings wird schon bei den ersten Songs ein Problem deutlich, was mich das ganze Konzert hindurch begleiten wird: Es fehlt irgendwie an Dynamik, das Schlagzeug ist zu leise, die lauten Stellen könnten kraftvoller und lauter sein, die leisen Parts zarter und leiser. Gerade die langsamen, noch melancholischeren Stücke werden so zu arg gemächlichen Emo-Stehblues© Nummern, bei denen ich mich frei nach D.F. Wallace frage: „Yes I know I’m depressed. But am I depressed enough?“
Ein wenig schade, denn Frontman(n) (Klammerinhalt für Anglophobiker) Tom Smith, spektakulärer Name btw, hat eine tolle, unverwechselbare Stimme, die den Editors einen ganz eigenen Sound verleiht.
Auch songschreiberisch haben die Jungs was drauf, was Nummern wie „Bones“, „An End Has A Start“, „The Racing Rats“ oder „Papillon“ belegen, und die vom Publikum im ausverkauften LKA begeistert gefeiert werden. Mir gefällt das formidable „Smokers Outside The Hospital Doors“ am besten, auch wenn ich mich ein paar Mal von dem erschreckenden Gedanken befreien muss, nach welcher Band das Stück klänge, sänge es Bono.
Schon seltsam, tolle Songs dabei, gute Lightshow, die Band ist motiviert und das Publikum macht mit, und trotzdem will sich nicht die Magie der großen Konzertmomente einstellen.
Ich rätsele mal noch paar Tage weiter, an was das jetzt genau lag…

Editors

8 Gedanken zu „EDITORS, 30.11.2009, LKA, Stuttgart

  • 1. Dezember 2009 um 08:54 Uhr
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    Für mich lag es an den Kitsch-Synthies die manch guten Ansatz der neueren Stücke überkleistert haben. Die alten Songs haben einwandfrei funktioniert, da kann man nix dran meckern.

    Meine Frage des Abends war, wo die Leute denn auf einmal alle herkommen. Vor anderthalb (?) Jahren war das LKA nur halb bis dreiviertel gefüllt, werden die Editors jetzt auf SWR3 gespielt?

  • 1. Dezember 2009 um 09:23 Uhr
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    Oh Gott jetzt muss ich mich als Fan für Lino outen :-) Der Bericht spricht mir total aus der Seele. Mich haben auch noch ein paar Leute gefragt wie ich es denn fand? Gleiche Antwort, ich muss mal drüber schlafen und rätseln. Mir ging es verdammt nochmal genau so.Tolle Songs, gute Lightshow, die Band macht Spass nur eben die Sache mit der Magie. Puhh was für ne anstrengende Sache ;-)

    Was die Sache mit den Leuten anbelangt von meinem Vorredner. In meiner nähren Umgebung waren einige Leute die das komplett Konzert still standen ohne eine Mine zu verziehen. Komischerweise kannten sie nur Papillion und gingen da auf einmal mit. Mhhh wird dieser Song doch in SWR3, DasDing oder Sunshine gespielt?

  • 1. Dezember 2009 um 10:31 Uhr
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    Ohh, ich bin nicht allein…habe mir nach zweimal Editors auf dem Southside immer mal wieder den Kopf zerbrochen, warum da der Funke einfach nicht überspringen mag, obwohl doch alles passen sollte. Allerdings ohne die Antwort darauf zu finden. Insofern habe ich gestern bewusst auf die dritte Chance für die Jungs verzichtet.

  • 1. Dezember 2009 um 13:52 Uhr
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    Nein nein nein, ich fand es ganz großartig!
    Ich hatte keine Probleme mit der fehlenden Magie, o.ä.

    Und die Maccabees waren ja mal 1a!

  • 1. Dezember 2009 um 19:34 Uhr
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    Bei den Editors fand ich – im Gegensatz zu Lino – den Schlagzeugpart mit am Beeindruckensten (vielleicht weil mich das kleine Männchen an den Trommeln ein wenig an Mo Tucker oder auch an so eine Figur bei Grass erinnert hat…). Dem Frontman nehme ich seine obercoolen Posen jedenfalls nicht so wirklich ab – sie sind irgendwie ne halbe Nummer zu groß für ihn (und seinen Namen); der Bassist schien ohnehin in der Simple-Jack-Liga zu spielen (rein performancemäßig, nicht musikalisch-fingerfertig).
    In der Summe bin ich also wieder bei Lino: Starkes Konzert, aber irgendwas hat dann doch gefehlt.

    P.S.: Dass die Maccabees eher in den zeitlichen Rückspiegel als nach vorn schauen, das muss wohl am Namen liegen…
    P.P.S.: Es war aber auch einfach mal geil, den Gigbloggern bei der Arbeit zuzusehen (nämlich über ihren Schreibblöckchen gekauert bei so gut wie null Licht). In Zukunft also: Gig-BLOCK?

  • 1. Dezember 2009 um 21:58 Uhr
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    sehr toll wieviele unterschiedliche Meinungen. Denk doch mal, dass es vielen Leuten gefallen haben muss bei den Reaktionen im Publikum.

  • Pingback: Editors, 30.11. « Excellent Choice

  • 1. Dezember 2009 um 23:04 Uhr
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    Das beste sind hier ja wohl die Bilder, ich bin neidisch. Warum habe ich auf meine Spiegelreflex verzichtet?

    Negativ am ganzen Konzert war, das ich von Wintersleep nicht viel mitbekommen hab. Und die Security-Typen, gegen Ende haben die einen regelrecht „rausgeschmissen“.

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