PORTUGAL. THE MAN, THE BUILDERS & THE BUTCHERS, 11.11.2009, Schocken, Stuttgart

Portugal The Man

Foto: Steffen Schmid

Schonmal was von Wasilla in Alaska gehört? Nein? Von knapp 7000 Einwohnern haben es doch immerhin ein paar zu (teilweise zweifelhaftem) Ruhm gebracht. Als da wären US-Politikerin Sarah Palin, Pornodarstellerin April Flowers und die Indie-Rock-Band Portugal. The Man.

Wie wohl Musik aus Alaska klingt? Arscheskälte und einsame Weiten – zuerst denkt man da vielleicht an lebensverneinenden Death Metal oder tränenschwangeres Songwritertum. Dann noch der seltsame Bandname, der viel Raum für Interpretation lässt. Warum ausgerechnet Portugal. The Man? Jedenfalls macht das irgendwie neugierig. Passt nicht in die gängigen Schubladen. Also hab ich vor einem Jahr mal reingehört. Und was soll ich sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. Heute darf ich sie zum zweiten Mal live sehen.
Bevor die Band um Sänger John Gourley die Bühne im ausverkauften Schocken betritt, spielen aber erst noch deren Freunde (zumindest wird John Gourley das später behaupten) The Builders & The Butchers. Die sind angenehm schrullig und schaffen es auch sofort, die schon zahlreich anwesenden Zuhörer mit ihrem wilden Stilmix zu begeistern. Irgendwo zwischen Alternative-Rock und Country haben die Vollblutmusiker, die übrigens ursprünglich auch aus Alaska kommen, ihr Zuhause gefunden. Mal kommt das Banjo zum Einsatz, mal wird die Trompete geschwungen oder mit den Schellen geklappert. Mal sitzen gleich zwei Mann am Schlagzeug und sehen dabei irgendwie aus wie das Tier aus der Muppetshow als siamesische Zwillinge. Alles immer sehr authentisch und mitreißend. Stimmige Vorband. Macht Lust auf mehr. Und macht Lust auf Portugal. The Man.

The Builders & The Butchers

Foto: Steffen Schmid

Als die die Bühne betreten, ist das Schocken dann auch rappelvoll. Bin ich froh, dass ich mir rechtzeitig einen Platz auf der Empore gesichert habe. Unten stehen sie ordentlich gequetscht. Wer die Band noch nie gesehen hat, dem sei erstmal eines erklärt. Portugal. The Man ist keine spektakuläre Band. Sie haben weder lustige Bühnenansagen – überhaupt sind sie nicht gerade die Gesprächigsten – noch irgendeine Art von Showprogramm. Sie machen einfach nur ehrliche Rockmusik. Und die reißt vom ersten Takt an mit. Irgendwo zwischen Indie-Rock, Pop und 60er-Soul haben sie ihren ganz eigenen Stil gefunden. Wen interessiert schon, ob sich das kategorisieren lässt? Dass die Band, die von Alaska mittlerweile nach Portland gezogen ist, Spaß bei dem hat, was sie tut, merkt man. Und das überträgt sich auf das Publikum. Zum Tanzen ist es sowieso zu voll, also werden die Köpfe entzückter Fans von links nach rechts und von hinten nach vorne geworfen. Die Masse schiebt sich mal einen Meter in diese Richtung, dann wieder einen Meter in die andere. John Gourley schmettert dazu voll Inbrunst die Songs der vier sehr unterschiedlichen Alben ins Mikro. Während der vielen instrumentalen Zwischenparts drehen er und Bassist Zach Carothers dem Publikum gern mal den Rücken zu, um den eigenen Bandkumpanen zugewandt abzugehen. Überhaupt wirkt die Band, als sei sie fast das komplette Konzert über in musikalischer Verzückung der Welt entrückt. Vor allem bei Songs wie „And I“ oder dem hymnenartigen „1989“ ihres dritten und vielleicht eingängigsten Albums „Censored Colors“ singen die Fans lauthals mit. Egal ob Portugal. The Man ruhigere Töne anschlagen oder raueren Rock spielen – es passt einfach.

Um Viertel nach Elf ist das Konzert nach einer Zugabe dann leider zu Ende. Die Fans sind begeistert, die Band verschwitzt. Portugal. The Man haben wieder einmal gezeigt, dass sie allein ihre Musik sprechen lassen können. Geschwätzige Ansagen oder sonstiger Schnickschnack wären überflüssig und würden nur stören.
Und wer sich immer noch fragt, wo der seltsame Bandname herkommt: John Gourley und seine Freunde fanden bei der Bandgründung 2004 einfach nur, dass Portugal toll klingt. Der Zusatz „The Man“ soll verdeutlichen, dass es sich aber um einzelne Personen handelt und nicht um ein Land. Macht irgendwie keinen Sinn? Völlig egal.

Portugal, The Man

The Builders & The Butchers

Ein Gedanke zu „PORTUGAL. THE MAN, THE BUILDERS & THE BUTCHERS, 11.11.2009, Schocken, Stuttgart

  • 13. November 2009 um 11:19 Uhr
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    Sehr schöne Review! Ich habe von der Band tatsächlich noch nie was gehört, lerne aber gerne dazu.

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