PET SHOP BOYS, 14.06.2009, Theaterhaus, Stuttgart
Wie war das damals in der analogen Welt? Als die Pet Shop Boys zwar schon so zeitlose und auch futuristische Popmusik (nein, kein Paradoxon) gemacht haben? Als wir aber noch nicht via Twitter wussten, was Neil Tennant zu Mittag hatte?
Vielleicht war es ein bisschen glamouröser, weil unnahbarer. Aber dennoch ist es irgendwie beruhigend, dass auch die Pet Shop Boys bei Deidesheim mal im Stau stehen müssen und Spargel zum Lunch hatten, wie man auf Twitter nachlesen kann.
Ein Konzert der Pet Shop Boys kann man nicht einfach als Konzert bezeichnen: Es ist so etwas wie ein Gesamtkunstwerk. Ein Circus Maximus, in dem Neil Tennant der Direktor ist. Meistens steht hier die Musik im Mittelpunkt. Aber eben nicht immer. Damit das Gesamtkunstwerk – und nicht die Falten der charmant gealterten Männer im Fokus stehen, darf übrigens nur von der Empore fotografiert werden.
Das Quadrat hat es ihnen angetan. Inspiriert wurden sie von Gerhard Richter, erzählten sie in Interviews. Und als Neil Tennant und Chris Lowe unter viel Applaus dann mit Würfelköpfen aus den Wänden, die aus vielen kleinen Quadraten bestehen, entsteigen, wundert das gar nicht. Seit bald dreißig Jahren sind Neil Tennant und Chris Lowe im Geschäft – und immer noch ist Innovation ihr Ansporn. Das gilt auch für ihre Bühnenshows, die sie als Multimediaspektakel inszenieren. Und dazu ulkige Klamotten tragen, die an ihnen sogar noch gut aussehen. Tennant und Lowe dürfen alles. Die Show der Pet Show Boys ist irgendwo zwischen Stil und Trash, Ikonographie und Antiheldentum, Hedonismus und Purismus anzusiedeln. Die Welt der Pet Shop Boys ist eine kunterbunte, nur mausgrau kennt sie nicht.
Bei „Building A Wall“ dann aber stürzt das Konstrukt aus Würfeln hinter ihnen einfach zusammen. Auf-, Ab- und Umbauten der stoischen Bauarbeiter in Weiß sind einfach in das Gesamtkonzept integriert.
Es macht Spaß, den Pet Shop Boys bei der Arbeit, die ihnen scheinbar so leicht von der Hand geht, zuzuschauen. Wie Tennant mit dieser seltsamen, blasierten Singstimme, an die man sich so gewöhnt hat, die großen Hits intoniert, wie er sich immer neue Outfits überzieht und gar ganz klassisch im schwarzen Zweireiher mit Fliege erscheint.
Lowe versteckt sich einmal mehr maskiert hinter seinem Synthesizer, dreht an den Knöpfen und sorgt für die Musik. Der eine ist der Nerd, der andere die – nun ja – Rampensau, wenn man davon bei Tennant überhaupt sprechen kann. „Guten Abend Stuttgart“, sagt er. Und fügt an: „Wir sind zurück.“
Tennant und Lowe interagieren kaum, wechseln vereinzelt einen Blick. Hier kommt es auf das große Ganze an. Auf die Projektionen, auf die Tänzer und Backroundsänger, die ebenfalls die Würfelmasken tragen, wie die Pet Shop Boys zu Beginn.
In den vielen Jahren, die die Pet Shop Boys nun auf der Bühne stehen, haben sich viele Hymnen angesammelt. Fern von der Stadiontauglichkeit eines „Go West“. Natürlich spielen sie diesen großen Hit auch – mit einem großen Augenzwinkern, wenn die Tänzer rhythmische Sportgymnastik dazu aufführen. So sind auch die vielen Outfits, wie etwa die Schulterpolster in XXL von Lowe zu Beginn, mit Ironie zu sehen. Nicht lustig finden Lowe / Tennant aber, dass ihnen der Sound mehrmals abrauscht. Das darf nicht sein. Bei so viel Streben nach Perfektion.
„Se A Vida E“, „It‘s A Sin“, „Being Boring“ und natürlich „West End Girls“ sind Popsongs im Breitwandformat. Und in der großen Halle des Theaterhauses schweben imaginäre Blubberblasen. Schon jetzt ist auch die neue Single „Love etc.“ ein großer Hit. Zur Erinnerung:
„Boy, it’s tough getting on in the world / When the sun doesn’t shine / And a boy needs a girl / It’s about getting out of a rut / You need luck / But you’re stuck and you don’t know how.“
Die wissen einfach Bescheid.
Lieber gig blog, danke für diese großartige Review! Ihr seid die Besten (und FANTASTISCHES Foto wieder – wow).
DANKE! Und wenn man aufs Bildle klickt, gibt’s noch mehr Fotos.
[Anmerkung der Redaktion: Inzwischen ist die Galerie mit weiteren Bildern direkt im Artikel!]
Danke für die gute Kritik – der Sound ist aber nicht nur mal abgerauscht, sondern war über die ganze Show katastrophal schlecht – die Stimme kaum zu hören, der Bass schwammig und alles hat nicht zueinander gepasst. Das habe ich noch nie bei den PSB erlebt – die Mixer hatten am Ende auch betretene Gesichter und schienen nicht so recht zu wissen, warum Sie so einen Mist gemischt hatten…
Der Sound war so schlecht. Dass hat mir echt das Fanherz zerissen. Man hatte die ganze Zeit das Gefühl, es ist ein einziges Geblubber. Das habe ich bei Ihnen noch nie erlebt bei ihnen. Das hat die Fantastische Show wirklich etwas getrübt…
Und noch was – die Vorgruppe war furchtbarer Heulsusenpop – wer war das eigentlich – weisst du das Anja? Denen möchte ich gerne nahelegen, das Musikmachen besser sein zu lassen…
Gruß
Stefan
Stefan, die Vorgruppe hieß das Gezeichnete Ich. Kein Witz!
jetzt muss ich mal blöd fragen, als anti-pop-shop-boys-fan (anja, you know ;) )
äh, ist das nicht ne etwas kleine location für die band? ist das nicht die schleyerhallen nummer oder täusch ich mich da?
Ja, ram, du hast schon Recht. Beim letzten Mal in der Stadt haben sie immerhin im Beethovensaal gespielt. Vor 200 Leuten mehr oder so;)
ups, dachte das interessiert mehr. die sind doch voll bekannt und so…
Hat gerade auf gig-blog.net gelesen: PET SHOP BOYS, 14.06.2009, Theaterhaus, Stuttgart – https://tinyurl.com/m4au4c
Anja,hoffe Du hast Dir beim southside keine schlimme erkältung geholt.
schöne berichte sind das.
noch kurz was zu psb:
Du fandst es doch auch nicht toll,oder ? also warum nicht bisschen kritischer?
der sound war eine katastrophe!
befürchte für die morgige köln-show noch schlimmeres.
nach london und manchester gabs leider auch viele negative stimmen.
werde morgen später eintreffen um auf jeden fall „das gezeichnete ich“ zu verpassen….
Der Sound war nicht toll, aber das Konzert war es, wie ich finde.
Berichte dann aus Köln, ob’s da besser war.
DANKE FÜRS LESEN UND KOMMENTIEREN!
dem satz mit dem gesamtkunstwerk stimmt ich sofort zu. das mit dem sound war in der tat ärgerlich.