PJ HARVEY & JOHN PARISH, 06.05.2009, Theaterhaus, Stuttgart
Die Titanic stöhnte ja mal Seufzer, die man selten hört, u.a. diesen: „Wie oft will PJ Harvey eigentlich noch zu Besuch kommen?“ Soll heißen, die Dame tritt ungern auf und ist selten zu Gast, also hin, auch wenn ich so gut wie nichts von ihr kenne außer ihrem großen Namen.
Auf der Hinfahrt mit der Straßenbahn stehen noch 2 Antifa-Teens neben mir. Fahrkartenkontrolle! Beide haben brav ihre Tickets dabei. Stuttgartstyle, Revolution total gerne, muss aber vorher erst noch mit der Kehrwoche fertig werden.
Im Theaterhaus erstmal überraschendes: „Caveman“ läuft nicht als Parallelveranstaltung! Keine „Schatz-ich-hab-dir-was-total-witziges-das-uns-beiden-gefallen-wird-zu-unserem-siebenmonatigen-Jubiläum-geschenkt“-Pärchen also, die gutgelaunt und humorbefreit rumstehen. Recht so (ok, snobistische Einstellung, aber egal; ist halt so)!
Im Publikum sieht man die erwartet vielen schwarzen Hornbrillen. Auf der Documenta muss es wohl so ähnlich aussehen.
Im Vorprogramm spielt Howe Gelb, Leader von Giant Sand, ein Soloset: Gesang und Akkustikgitarre + seltsame Effekte. Klingt irgendwie als würde Mark Lanegan bluesige Folk-Americana-Stücke singen, wobei er einmal zu oft an verbotenen Fröschen geleckt hat. Seltsam, aber teilweise nicht schlecht.
In der Umbaupause kündigt Begleiter Toxic (bürgerlicher Name) wie immer groß an, diesmal: „Pj Harvey, sexuelle Musik, sexueller Style.“
Das Konzert ist komplett bestuhlt, weswegen ich ein eher ruhiges Set erwarte. Wird es aber nicht, da auch viele, laute Stücke mit noisigen Gitarren dabei sind, was zu unbeholfenen Bewegungen bei Zuschauern führt, die trotz Sitzens rocken wollen.
Die vierköpfige Band trägt Anzug und Hut, das Bühnendesign und die Beleuchtung ist sehr schlicht. Miss Harvey hingegen hat ein schwarzes Sommerkleid an und ist barfuss. Jaja, entzückend sieht sie aus, bewegt sich auch anmutig…so muss das aussehen als Indie-Halbgöttin von Welt.
Der Sound ist sehr klar, die Band, u.a. mit Produzenten Legende John Parish an einer Gitarre, natürlich über jeden Zweifel erhaben, die Musik mal rumpelig laut, mal akkustisch leise, und die Dame singt auch perfekt. Das baddalamenteske „Cracks In The Canvas“ gefällt mir am besten.
Dass es mich am Ende doch nicht fesselt, mag an meiner fehlenden Kenntnis der recht sperrigen Songs liegen, oder aber vielleicht sind die Songs tatsächlich nicht so stark und/oder nicht mein Stil. Mag sein, dass mir auch das ganze irgendwie zu sehr nach Theater und Kunst riecht für ein Konzert; wenn es ein britisches Goetheinstitut gäbe, würden sie solche Konzerte organiseren.
Die Leute, richtige Fans, waren aber sehr begeistert, eine Zugabe mit 2 Songs gab es, inklusive Aufstehen von den Sitzen und um halb elf war Schluss.
Bis bald und gerne wieder, aber bitte in einem etwas weniger nach Hochkultur anmutenden Ambiente.
…und das mit dem Sexuellen muss ich auch noch mal nachfragen…